Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
Vom Netzwerk:
ziehst du zurück.«
    »Keine Chance, Frank. Das geht bis in die höchsten politischen und gerichtlichen Instanzen. Von mir erfährst du nichts.«
    »Also bis zum Bundesverfassungsgericht«, dachte Beaufort laut nach. Und dann in einem Moment der Hellsichtigkeit: »Oh, ich weiß es! Ihr startet einen neuen Anlauf, um die NPD zu verbieten.« An Ekkis bestürztem Gesichtsausdruck las er ab, dass er ins Schwarze getroffen hatte. »Das wird aber auch Zeit, nachdem ihr euch beim letzten Mal so bescheuert angestellt habt.«
    Die NPD war von diversen V-Leuten des Verfassungsschutzes der einzelnen Bundesländer infiltriert worden. Aber nachdem die hessischen Kollegen ihre thüringischen nicht kannten und die niedersächsischen nicht ihre baden-württembergischen, hielten sie sich gegenseitig für militante Rechtsextreme, die die Demokratie mit Gewalt abschaffen wollten. Mehr als die Hälfte der beschuldigten Parteimitglieder standen, wie sich bei der ersten Anhörung in Karlsruhe herausstellte, als V-Leute in staatlichen Diensten und hatten ihre provozierenden Aussprüche nur getan, um das andere vermeintliche NPD-Mitglied zu ähnlichen Äußerungen hinzureißen. Kurzum, das Verbotsverfahren war schlampig vorbereitet gewesen und schon an der ersten Hürde gescheitert. Dazu kam noch der hämische Spott der Rechten.
    »Bestimmt haltet ihr euch deshalb an die echten Neonazis, um von dort Zugang zur gewaltbereiten Szene zu bekommen. Stimmt’s oder hab’ ich recht?«, sagte Beaufort aufgeräumt.
    »Du nimmst das Ganze zu leicht, Frank. Das ist kein Spiel. Es war noch nie ungefährlich, sich mit den Rechtsextremen anzulegen. Und jetzt nach dem Mord an dem jungen Kerl aus Baiersdorf ist es das erst recht nicht. Die Szene ist deswegen in Aufruhr. Sei bloß vorsichtig, hörst du.«
    »Ich bin doch nicht blöd, Ekki.«
    »Na, nach dem, was gerade vorgefallen ist, habe ich da meine Zweifel.« Er goss sich eine fast schwarze Flüssigkeit in die Tasse. »Willst du auch?«, fragte er.
    »Was ist denn das?« Beaufort schaute skeptisch.
    »Grüner Tee. Hat nur ein bisschen zu lang gezogen.«
    Beaufort winkte naserümpfend ab. »Was gibt es denn Neues im Mordfall?«
    »Ich habe vor einer halben Stunde das Obduktionsergebnis an die Presse gegeben«, schlürfte Ertl.
    »K.o.-Tropfen, postmortale Stiche, eingeritzte SS-Rune, das weiß ich doch alles längst.«
    Ertls Kiefermuskeln arbeiteten angestrengt. »Das mit der Rune in der Brust steht aber gar nicht drin in unserer Pressemitteilung«, sagte er spitz. »Natürlich! Bestimmt war das wieder Anne. Hat sie einen ihrer Informanten angebohrt?«
    »Sie ist eben eine Vollblutjournalistin«, entschuldigte Beaufort sie, »du gehst doch auch in deiner Arbeit auf.«
    Der Justizsprecher seufzte. »Ihr beide könnt einem manchmal echt auf die Eier gehen.«
     
    *
     
    Beaufort hatte sich gerade einen großen Bissen Kuchen in den Mund geschoben, als das Telefon läutete. Annes Nummer leuchtete im Display.
    »Hmpf!«, mümmelte er in den Hörer.
    »Na, mein Süßer, mal wieder fleißig am Kalorien Zuführen? Was ist es denn diesmal?«
    »Fpreuslkun!« Er schluckte runter. »Streuselkuchen«, wiederholte er, »aber heute habe ich ihn mir redlich verdient. Im Kampf gegen rechte Gesinnung habe ich vollen Körpereinsatz gezeigt«, sagte er stolz.
    »Dir ist doch nichts passiert?«
    »Keine Sorge, bin beinahe völlig unverletzt.«
    »Frank, du warst hoffentlich nicht leichtsinnig?« Anne war besorgt.
    »Du solltest dich mit Ekki zusammentun und den Club der Zögerer und Zauderer gründen.«
    »Was redest du bloß? Warst du nun heute im Gericht oder nicht?«
    »Doch, war ich. Du hast wirklich eine nette Kollegin, und so gutaussehend. Ups, da fällt mir ein: Ich habe mich im Eifer des Gefechts gar nicht von Lotti verabschiedet.«
    »Na, du bist ja gut drauf.« Anne schüttelte den Kopf. »Hast wohl auch noch Sherry zum Streuselkuchen getrunken?«
    »Marsala. Aber nur zwei Gläschen. Ich musste mich ja schließlich von dem Schreck irgendwie erholen.« Beaufort meinte zwei Gläschen pro Kuchenstück, und er hatte gerade das dritte fast verputzt.
    »Könntest du mir jetzt bitte mal erzählen, was genau vorgefallen ist?«
    Er tat es. Da er sich aber nicht an die Chronologie der Ereignisse hielt, sondern mal hierhin, mal dorthin sprang, dauerte es einige Zeit, bis Anne die Zusammenhänge voll erfasst hatte. Die Konzentrationsleistung hatte Beaufort wieder etwas ernüchtert.
    »Mensch, Frank, pass bloß auf und leg

Weitere Kostenlose Bücher