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Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
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ins Abenteuer.«
    »Na, dann. Ich lass’ mich überraschen. Um acht hole ich dich ab.«
     
    *
     
    Anne bog langsam auf den Platz vor dem Grauen Adler ein. Für einen Wochentag parkten hier relativ viele Autos. Sie wählte einen Stellplatz in Randlage.
    »Vorn am Haus ist noch ein Platz frei. Warum hast du nicht da gehalten?«, wollte Beaufort wissen.
    »Weil mein Auto ziemlich auffällig ist – so knallgelb mit blauen Ledersitzen. Und ich weiß nicht, ob ich hier auffallen möchte.«
    »Hast du Angst, der aufrechte Neonazi denkt bei gelb-blau gleich an arischen Besuch aus Schweden mit semmelblondem Haar und blauen Augen? Oder befürchtest du mehr, als Undercover-Agentin der FDP enttarnt zu werden?«
    »Du bist mir ein bisschen zu aufgedreht, mein Lieber. Sind das deine Studentinnen, die dich so euphorisieren?« Sie fasste ihn sanft am Oberarm. »Frank, wir benehmen uns da drinnen ganz unauffällig, okay? Wir wollen uns nur mal umschauen.«
    Er nickte. Die beiden stiegen aus und gingen auf das Gebäude zu. Es war ein altes, etwas heruntergekommenes Fachwerkhaus am Rande der Gartenstadt-Siedlung. Im Hintergrund sahen sie den Alten Kanal glitzern.
    »Gerade richtig abgelegen für konspirative Treffen«, fand Beaufort.
    »Und dabei ist es gar nicht so weit weg von der Kaserne der Bayerischen Bereitschaftspolizei.« Sie deutete Richtung Osten. »Das dürften nur so circa zwei Kilometer Luftlinie sein.«
    Sie gingen durch die Eichentür, über der ein großer grauer Adler aus Metall angebracht war, hinein. Der Gastraum empfing sie in den Farben Weiß und Blau. Doch war das keine Referenz an den Freistaat Bayern, hier handelte es sich um die griechischen Nationalfarben. Deutlich zu erkennen an dem obligatorischen Wandgemälde mit der Akropolis, das perspektivisch so verzerrt war, dass Beaufort vermutete, der Künstler sei zum Teil mit Ouzo bezahlt worden und habe diesem schon während des Malens ausgiebig zugesprochen. Ansonsten hatte sich der Pächter mit griechischen Accessoires auffällig zurückgehalten: keine Pappmaschee-Säulen, kein rankender Wein, keine typischen eckigen Mäander als Verzierungen. Wahrscheinlich fehlte es nicht am Willen, sondern am Geld. Die Einrichtung war alt, gleich links neben der Tür befanden sich die kleinen grünen Schließfächer eines Sparclubs und auf dem Tresen ein Automat, aus dem man sich für zehn Cent eine Handvoll gesalzener Erdnüsse drehen konnte. Es roch nach altem Fett und Zigarettenqualm – offenbar hatte das bayerische Nichtraucherschutzgesetz hier keine Gültigkeit. Die Tische waren nur spärlich besetzt: einige Rentner in C&A-Beige, ein Paar mittleren Alters in Jogginganzügen und der übliche Kampftrinker auf dem Barhocker. Wo waren nur die ganzen Leute aus den parkenden Autos?
    Anne und Frank setzten sich nebeneinander unter die Akropolis. So ersparten sie sich nicht nur den Anblick des ›Kunstwerks‹, sie hatten auch Tür und Theke gut im Blick. Rechts davon lag die Küche, links führte eine weitere Tür ins Gebäude. Festsaal und Aborte stand darüber in Frakturschrift geschrieben. Nach einem kurzen Blick in die Speisekarte mit 127 Gerichten, was nicht gerade für frische Zubereitung sprach, beschlossen sie, doch lieber nur ein Bier zu trinken. Obwohl Franken die höchste Brauerei-Dichte der Welt hatte, gab es hier nur welches aus München und Bitburg.
    »Sieht nicht so richtig nach einem Neonazi-Treff aus«, unkte Anne. »Was wollen die auch beim Griechen? Gyros und Souflaki sind ja wohl kaum deutsches Nationalgericht.«
    »Ich habe dir doch schon erklärt, dass sie sich dort treffen, wo die Wirte nicht wissen, wen sie beherbergen. Oder es einfach nicht so genau wissen wollen. Hauptsache die Kasse stimmt.«
    Sie prosteten sich zu und tranken aus ihren Pilsgläsern. Anne leckte sich den Schaum von der Oberlippe.
    »Außerdem«, fuhr Beaufort fort, »zählen Griechen nach nationalsozialistischer Rassenlehre auch zu den Ariern, glaube ich. Und gehören Inder und Perser nicht auch irgendwie dazu?«
    In dem Moment betraten zwei junge Männer das Lokal, gingen geradewegs durch den Gastraum und verschwanden in der Tür Richtung Festsaal. Einer von ihnen hatte auf dem Rücken seiner schwarzen Jacke einen weißen Aufdruck: eine 88 in einem Ehrenkranz.
    »Schon wieder eine 88. Die gleiche Zahl trug auch dieser blondierte Typ aus Gessners Truppe, der mir im Gericht gedroht hat. Vielleicht ist es ein geheimes Zeichen?«
    »So geheim ist das nicht. Katja hat mir erzählt,

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