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Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
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stand, und streckten die Füße von sich.
    »Sind wir nicht blöd, dass wir an einem Sonntag arbeiten«, seufzte Anne. »Worüber berichtest du?«
    »Ich mache ein Portrait über den ältesten Biobauern Bayerns, als Einstimmung auf die Bio-Fach am Mittwoch. Und du beschäftigst dich mit Fußball?«
    Anne nickte träge. Sie genoss die Wärme auf ihrer Haut.
    »Na, damit scheinst du es ja nicht grad eilig zu haben«, sagte Katja. »Zieht es dich gar nicht zu deinem Liebsten?«
    »Wieso? Du bist doch auch hier.«
    »Ja, aber ich bin schließlich grade solo. Ich mache das hier sogar extra, damit ich mir nicht dauernd diese verliebten Pärchen ansehen muss. Aber du? Was ist los mit dir? Keine Frühlingsgefühle?«
    »Doch, schon irgendwie. Aber mit Frank ist das gerade etwas schwierig.«
    »Ist er desinteressiert? Hat er womöglich eine andere im Auge?«, fragte Katja teilnahmsvoll.
    »Ich dachte, Doppelfragen sind unelegant«, spöttelte Anne. »Nein, natürlich nicht. Er liebt mich wirklich ganz aufrichtig, soweit ich das beurteilen kann.«
    »Dann ist es vielleicht umgekehrt und er will dir dauernd an die Wäsche. Ist er ein Sexmonster?«
    Anne kicherte. »Das möchtest du gern wissen, was?«
    »Na klar, wozu bin ich schließlich deine beste Freundin? Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ein Mann, der so aufmerksam wie Frank ist, ein schlechter Liebhaber sein soll.«
    »Das habe ich auch nie behauptet.« Anne schaute verträumt in ihre Tasse und dachte an ihre letzte gemeinsame Nacht. »Er ist der beste seit Jahren. Um mein Liebesleben musst du dich wirklich nicht sorgen.«
    »Was ist es dann?«, fragte Katja ratlos. »Ist er gemein zu dir? Nutzt er dich aus? Oder redet er nichts, wie die meisten Typen?«
    »Das ist es alles nicht.« Anne nahm einen Schluck Kaffee. »Er ist mir eher zu fürsorglich. Neulich zum Beispiel hat er mir während des Abendessens eine Freisprechanlage ins Auto einbauen lassen, ohne mich zu fragen.«
    »Sag mal, spinnst du? Das ist doch total nett! Der Mann ist ein echter Hauptgewinn, und du mäkelst an ihm herum. Ich würde mir so viel Fürsorge und Großzügigkeit mal wünschen. Erinnerst du dich noch an Detlev? Der hat mir nie etwas geschenkt.«
    »Du hast aber auch ein Talent dazu, dir merkwürdige Typen aufzugabeln. Wenn ich nur an diesen Langweiler von der Landesbank denke! Also, für deine letzten Kerle warst du eindeutig überqualifiziert.« Die beiden Frauen lachten. Sie schauten zwei Eichhörnchen zu, die einander den Baum hochjagten.
    »Ich weiß ja, dass ich auf hohem Niveau jammere«, sagte Anne schließlich, »aber ich fühle mich so vereinnahmt von Frank. Er hat manchmal so was Besitzergreifendes. Vorgestern zum Beispiel komme ich heim, da steht er in meiner Küche und bügelt. Und gekocht hat er auch. Doch dass ich zum Casting musste, das hatte er völlig vergessen.«
    »Er bügelt deine Klamotten?«, sagte Katja ungläubig. »Gott, wie goldig! Was, bitte, ist daran besitzergreifend? Mir hat noch nie ein Mann die Blusen gebügelt. Im Gegenteil – meist halsen sie dir ihre Hemden ja auch noch auf.«
    »Na ja«, gab Anne zu, »es war schon lieb von ihm. Ich war, glaube ich, etwas hart zu Frank. Weißt du, er hat auch meine Crinkle-Bluse geplättet.«
    »Das ist sooo süüüß!«, kreischte Katja und hämmerte mit den Fäusten auf ihre Oberschenkel. »Ich will dir mal was sagen: Wenn du ihn nicht willst, ich nehme ihn sofort.«
    »Das könnte dir so passen. Da lässt du mal schön die Finger von.« Anne drohte spielerisch mit dem Zeigefinger.
    »Weißt du, was ich glaube? Ich habe das Gefühl, dass Frank es ziemlich ernst mit dir meint. Und das verstört dich. Du benimmst dich gerade wie ein freiheitsliebender, individualistischer Wassermann.«
    Anne legte Katja die Hand auf die Schulter. »Ich bin ein freiheitsliebender Wassermann. Frank müsste jetzt nur noch lernen, mir diese Freiräume auch zu lassen, anstatt mich zu bedrängen. Dann wäre alles in Butter. Er hat aber auch viel mehr freie Zeit als ich.«
    »Oh je, und was sagt der Arme da zu deinen Fernsehplänen?«
    »Er sorgt sich natürlich, dass ich dann noch weniger Stunden mit ihm verbringe. Außerdem kann er nicht verstehen, warum ich ausgerechnet als Sportreporterin Karriere machen will. Er findet, ich sollte mehr Beiträge für die Kultur machen oder im Aktuellen bleiben. Und dass ich mich gerade nicht so um die Neonazimorde kümmern kann, begreift er überhaupt nicht.«
    »Falls es beim Fernsehen klappt –

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