Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Requiem

Requiem

Titel: Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Kruse
Vom Netzwerk:
fest. Ich habe Neuigkeiten«, sagte Annes Stimme.
    »Hallo, Mama«, sagte Beaufort theatralisch.
    »Frank? Alles in Ordnung bei dir?«
    »Nein, wie schrecklich!«, rief Beaufort und ließ ein noch übertriebeneres »Um Gottes Willen!« folgen. Selbst das Fürther Komikerduo Waltraud und Mariechen bot gegen diese Vorstellung noch hohe Schauspielkunst.
    »Bist du betrunken?«, fragte Anne vorwurfsvoll.
    »Ich komme sofort!« Beaufort klappte energisch das Mobiltelefon zu und sagte zu dem neugierig dreinblickenden Pärchen: »Das war meine Mutter. Sie hatte einen Unfall. Ich muss sofort weg.« Damit warf er 20 Euro auf den Tisch und machte sich eilig davon. Erst als er den Hinterausgang erreicht hatte, wagte er es, sich kurz umzudrehen. Tronka und sein Begleiter begrüßten gerade die beiden Alten per Handschlag. Von ihm nahmen sie keine Notiz. Er stürzte ins Freie. Eine Minute später und alles wäre aufgeflogen, dachte Beaufort erleichtert.
    Draußen im Gewühl gab Gloria Gaynor ihrem Überlebenswillen abermals musikalischen Ausdruck.
    »Hallo, Anne«, meldete er sich aufgekratzt.
    »Kann man also wieder normal mit dir reden. Was war denn das gerade für eine Showeinlage?«
    »Du hast mir mit deinem Anruf das Leben gerettet. Herzlichen Dank!«
    »Bist du ganz sicher, dass dir nichts fehlt?«, fragte Anne skeptisch. »Wo steckst du überhaupt?«
    »Auf dem Volksfest.« Beaufort wich elegant einem verträumten, liebesapfelessenden Mädchen aus und schlüpfte geschickt durch die Lücke zwischen einer Zuckerwatte und einem Fischbrötchen. Dabei berichtete er ihr, wie er nur knapp einer Begegnung mit dem weißblonden Neonazi entgangen war, der ihm im Gericht gedroht und bei Gessners Haus verfolgt hatte.
    »Frank, sei ja vorsichtig, hörst du! Was treibst du dich überhaupt auf dem Frühlingsfest herum? Da hätte ich dich am wenigsten erwartet.«
    »Kulinarisch ist es auch ziemlich enttäuschend hier, aber ich wollte mir auf dem Gelände mal einen Überblick verschaffen, wo der Mörder seine nächste Leiche inszenieren könnte.«
    »Und jetzt setzt du aufs Riesenrad, oder was? Mit dem nächsten Toten hat es noch etwas Zeit. Deshalb rufe ich dich überhaupt an. Du ahnst nicht, was gestern Abend passiert ist!«
    »Der Mörder hat wieder zugeschlagen, aber diesmal hat er es nicht geschafft und musste vorher fliehen.«
    »Woher weißt du das denn?«, fragte Anne baff. »Ich habe es gerade erst aus dem Polizeibericht erfahren, und der ist ganz aktuell.«
    »Ich weiß sogar noch mehr. Er heißt Daniel Gerstenberg, trägt langes Haar, das die Wirkung der K.o.-Tropfen gedämpft hat, und zählt trotz seiner untypischen Frisur zur aufstrebenden Neonazi-Elite. Ich nehme an, er rekrutiert Bundesgenossen an der Uni, wo er studiert. Er gehört zu dem Kreis um Gessner, ist der beste Freund von Daniel Tronka – das ist der weißblonde Kasper, dem ich gerade im Oxenzelt aus dem Weg gegangen bin – und hätte mich in Hersbruck beinahe erwischt, wenn er nicht über den Nachbarshund gestolpert wäre.«
    »Frank, das ist ja Wahnsinn. Woher weißt du das alles?« Annes Stimme oszillierte zwischen echter Bewunderung und großer Sorge.
    »Oh, ich habe neue Freunde gefunden. Erinnerst du dich an die beiden Alten im Grauen Adler ? Die im grünen Loden?« Und dann berichtete Beaufort in aller Ausführlichkeit, was er gerade erfahren und wie er es angestellt hatte.
    »Du bist genial«, sagte Anne und meinte es auch so in diesem Moment.
    »Ja, so könnte man das nennen«, sagte Beaufort keck.
    »Wenn ich meinen Fußball-Beitrag fertig habe, muss ich unbedingt etwas über diesen Mordversuch machen. Die Polizei mauert nämlich. Ich habe gerade mit dem Diensthabenden telefoniert, aber der spricht nur von einem Überfall, bei dem die Hintergründe noch nicht geklärt sind. Er bestätigt auch nicht, dass es sich um einen Neonazi handelt. Ich bin nur wegen der K.o.-Tropfen drauf gekommen, dass es etwas mit den Morden zu tun haben könnte. Aber mit deinen Informationen …«
    »Nur wie willst du das machen? Ins Oxenzelt fahren und das schwule Pärchen interviewen? Oder diesen militanten Tronka? Oder eine kleine Unterredung am Patientenbett mit dem Opfer? Die werden dir alle was husten«, wandte Beaufort ein.
    »Das ist mir auch klar. Ich weiß, wie gefährlich das ist. Und du hoffentlich auch. Versprich mir, Frank, dass du sofort vom Volksfest verschwindest. Du darfst keinem dieser Typen mehr über den Weg laufen, hörst du! Gut möglich, dass die beiden

Weitere Kostenlose Bücher