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Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Rescue me - Ganz nah am Abgrund

Titel: Rescue me - Ganz nah am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Koch
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man zum Reparieren und Restaurieren brauchte, sogar eine kleine Hebebühne gab es. Man konnte bequem Arbeiten unter den Fahrzeugen erledigen. Hier hatten John und sein Dad den Hot Rod gebaut. Vom nackten Chassis bis zur allerletzten Schraube. In Hunderten von Stunden. Basis dafür war ein relativ gut erhaltener 1955er Chevrolet Apache gewesen. Feuerroter, hoch glänzender Lack. Mit gelben Flammen an den Seiten. Und ganz viel Chrom. Ein einziges Mal nur war er mitgefahren. Dann bekam er die Grippe.
    Ryan knipste das Licht an. Flackernd nahm die alte Neonröhre ihren Dienst auf. Wenn er schon auf Tyler warten musste, konnte er sich auch nützlich machen. Also suchte er sich einen Schraubendreher, krempelte die Ärmel seines dünnen Shirts auf und begann, den lose herabhängenden Scheinwerfer abzumontieren. Und weil er schon mal dabei war, sah er auch noch unter die Motorhaube. Nach einer Weile vergaß er Zeit und Raum, kroch in und um den Wagen herum, machte Bestandsaufnahme.
    Soviel war gar nicht im Argen. Der Motor würde drinbleiben können, der war wirklich tadellos. Das Öl war uralt, wie er feststellen musste. Weil er keinen Lappen finden konnte, wischte er sich die Finger einfach an seinen Klamotten ab. Der Vergaser war nur dreckig, wie schon vermutet. Zwei, drei Tage, dann wäre wieder alles in Ordnung. Die Batterie sah ziemlich altersschwach aus, ebenso die Lichtmaschine. Von der Luftfilteranlage ganz zu schweigen. Die zerschlissenen, durchgesessenen Sitze machten ihm Sorgen. Könnte er sie noch mal erneuern? Oder müssten sie besser ausgetauscht werden? Er suchte das Rollbrett und schob sich unter den Wagen. Mal sehen, was dort so los war.
    Oh ja. Hatte er es doch geahnt. Der Auspufftopf hatte ein Loch, so groß wie seine Faust. Hier und da grüßte Rost am Unterboden. Er kam wieder zum Vorschein und erhob sich.
    Seine Hände strichen über den stumpfen Lack. Hier würde es die meiste Arbeit geben. Alles müsste runter, vielleicht spachteln, schleifen. Ein Haufen Arbeit. Und ein Haufen Kosten.
     
    Nach einer Weile streckte er sich stöhnend. Der Rücken tat ihm weh. Arbeiten in gebeugter Haltung war er einfach nicht mehr gewohnt. Hungrig, durstig und ziemlich erledigt ließ er sich auf das alte, fleckige Sofa fallen – und erschrak fast zu Tode. Eine weiße, rotäugige Fratze starrte ihn an. Etwas glühte auf.
    „Herrgott Tyler!“, quietschte Ryan und griff sich an die Brust. „Wie lange bist du schon hier?“
    „Zwei Stunden.“
    „Zw… Kann gar nicht sein!“, wehrte er ab. „Ich habe doch nur den Scheinwerfer abgebaut!“
    Tyler schnaubte nur. Rauch kam aus seiner Nase gestoben. „Du bist wie ein Besessener im Wagen herumgekrochen und hast vor dich hingemurmelt. Es war wie früher!“
    Ryan spürte, wie er rot anlief. „Was ist, fährst du mich jetzt rüber?“, versuchte er abzulenken. „Die Garage ist schon vorbereitet. Dad hatte noch eine Segeltuchplane, darin werde ich das gute Stück für die nächsten Jahre einmotten.“ Vor lauter Verlegenheit begann Ryan, herumzuplappern. Es war ihm mehr als peinlich, sich so zu vergessen.
    „Der Shelby hat jetzt so lange herumgestanden, da kommt es auf ein paar Jahre nicht an.“ Er sprang auf, um die Motorhaube zu schließen. „Bin gleich so weit!“
    Tyler baute sich vor ihm auf. Er griff schon wieder zur Zigarettenschachtel. Das Feuerzeug klickte, die Flamme spiegelte sich in seinen roten Linsen. „Kannst es hier machen“, sagte er, ohne weiter auf Ryans Gerede einzugehen. Dann pustete er ihm den Qualm mitten ins Gesicht.
    „Was?“, hustete Ryan und wedelte den Rauch beiseite. „Was kann ich machen?“ Er glaubte, sich verhört zu haben. „Sag das noch mal!“
    „Kannst es hier machen“, wiederholte Tyler. „Der Wagen. Er kann hier bleiben.“ Er zog eine Schulter hoch und deutete in die Runde. „Ist doch alles da.“
    Meinte er es ernst? Oder wollte er ihn bloß verarschen? Ryan musterte ihn unsicher, versuchte, irgendetwas in seinem Gesicht zu erkennen, doch es war so, als wollte er in einer Halloween Maske lesen.
    „Wenn du wenigstens diese Scheiß roten Dinger nicht in den Augen hättest“, rutschte es ihm raus. „Dann wüsste man vielleicht mal, was in dir vorgeht!“
    Tyler paffte in aller Seelenruhe noch einen Zug, dann steckte er sich die Finger ins Auge und pulte darin herum. „Und?“, murmelte er, die Kippe im Mundwinkel. „Was nun?“ Zwei dunkelbraune, ziemlich gereizt wirkende Augen starrten Ryan herausfordernd

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