Rescue me - Niemand wird dich schützen
zu und jammerte: »Alfred, ich kann das nicht mehr. Weshalb bin ich überhaupt hier? Warum kann ich nicht gehen, und du kommst nach, wenn du fertig bist?«
Schwerfällig von Sorge und Erschöpfung, ging er quer durchs Zimmer zu ihr, um sie zu trösten. Er legte einen Arm um ihre Schultern und beruhigte sie, so gut er konnte. »Wir werden gehen, meine Liebe, aber noch nicht jetzt. Es gibt noch eine Menge Dinge zu regeln. Also konzentrieren wir uns aufs Geschäftliche, wenn wir mit Thomas sprechen.«
»Aber wieso muss ich hier sein?« Tränen schwammen in ihren Augen. »Ich könnte unser hübsches Haus herrichten, während du dich um die Einzelheiten hier kümmerst.«
Alfred kämpfte mit seiner Ungeduld, denn ihr Gejaule ging ihm langsam auf die Nerven, und außerdem war er beleidigt, dass sie so unsensibel war. Ja, er hätte sich dieser Angelegenheiten allein annehmen können, aber schließlich hatten sie in ihrer Ehe bisher alles gemeinsam gemacht.
Er zählte ebenso auf ihren hervorragenden Geschäftssinn wie auf ihre Liebe und Unterstützung. Und der winzige Zweifel, der sich seit jenem Abend in ihm regte, als man ihre Zwischenlager stürmte und beinahe all ihre harte Arbeit zerstörte, begann zu wachsen. Seit dem schrecklichen Tag war Inez distanziert und schweigsam, nicht mehr die liebende, verlässliche Ehefrau, auf die er immer gezählt hatte.
Im selben Moment meldete sich sein schlechtes Gewissen, weil er solche Gedanken hegte, und er küsste Inez auf die Stirn. Sie beide waren in letzter Zeit großem emotionalen Stress ausgesetzt gewesen, durften ihre Familie und ihre Freunde nicht sehen und wurden gehetzt wie die Tiere. Kein Wunder, dass seine Frau so zerbrechlich war.
»Wir fahren bald weg und richten uns zusammen unser neues Heim ein. Versprochen.«
Obgleich sie lä chelte, sagten ihre Augen, dass ihr seine Antwort nicht gefiel. Alfred beschloss seufzend, das Geschäftliche schleunigst hinter sich zu bringen, damit sie bald ihr neues Leben beginnen konnten.
»Fangen wir an.«
Alfred blickte zu dem selbstzufriedenen Thomas Bennett auf. Zwar war er wütend, weil er das profitable und blühende Geschäft gezwungenermaßen aufgeben musste, aber seine Familie schätzte Alfred noch höher. Wenn er seine Unternehmen verkaufte, könnten Inez und er sich komfortabel zur Ruhe setzen. Vor Jahren schon hatten sie sich eine hübsche Insel im Südpazifik gekauft. Und obwohl sie beide nicht erwartet hatten, sich so früh in den Ruhestand zu begeben, war es in gewisser Weise doch eine Erleichterung. Nachdem er beide Söhne verloren hatte, war Alfreds jugendliches Feuer weitestgehend erloschen.
Jetzt wollte er einfach nur noch zufrieden und bequem leben, mit Inez an seiner Seite.
Papiergeraschel erinnerte ihn, dass Thomas auf seine Unterschrift unter einem Berg von Dokumenten wartete, mit denen seine Anteile an Auslandsfirmen und Aktien sowie an diversen Lagerhäusern überall auf der Welt übertragen wurden. Mit Verlust zu verkaufen schmerzte ihn, ließ sich jedoch nicht ändern. Cousin Thomas hatte nicht die Mittel, um alles zum eigentlichen Preis zu erwerben, und einen anderen Käufer zu finden könnte Jahre dauern – Jahre, die Alfred lieber auf einer Insel genoss, als sie auf der Flucht zu verbringen.
Er kehrte an den kleinen Tisch zurück, wo Thomas ihm den Papierstapel hinschob. »Diese Verträge übertragen deine Lagerhäuser in Rio, Madrid und die beiden in Thailand an mich. Ich habe die Seiten markiert, wo du unterschreiben musst.«
Nickend kritzelte Alfred seine Unterschrift auf eine Seite nach der anderen. Ein langer, zögerlicher Seufzer ließ ihn den Kopf heben. Inez saß auf der Couch gegenüber einem Fenster, hielt sich sehr steif und blickte sehnsüchtig hinaus in die Nacht. Die Ärmste. Sie hasste das Eingesperrtsein noch mehr als er; doch leider konnte sie nicht hinaus und frische Luft schnappen, denn sie waren mit einem Minimum an Sicherheitsleuten gereist, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
»Inez, meine Liebe, geh doch schon nach oben in unser Zimmer und leg dich hin. Du hast die letzte Nacht schlecht geschlafen, und bei den Verträgen ist nur meine Unterschrift nötig.«
Mit erstaunlicher Beweglichkeit sprang sie auf, lächelte ihm erleichtert zu und eilte durch den Salon zur Diele.
»Stehen bleiben!«, dröhnte eine tiefe Männerstimme.
Eden grinste, als sie Jordans ungewöhnlich dramatischen Tonfall hörte. Sie hatten die Szene im Zimmer beinahe fünf Minuten lang beobachtet, ohne
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