Rescue me - Niemand wird dich schützen
Agenten, und das wusste er. Eden hatte recht. Sie war ein Profi. Diese Arbeit war es, für die sie ausgebildet wurde und mit der sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Also sollte er sich lieber daran gewöhnen.
Daran gewöhnen? Das klang verdächtig nach längerfristiger Planung, und er konnte nicht umhin zu gestehen, dass er genau die im Kopf hatte. Über zwei Wochen war es jetzt her, seit sie zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten. Sie sahen sich fast täglich, verbrachten jede Nacht zusammen. Ihre Beziehung war intensiv, leidenschaftlich und wild, wies mithin sämtliche Merkmale einer Affäre auf, die sich binnen weniger Wochen erschöpfte. Aber Jordan war aus tiefstem Herzen überzeugt, dass das nicht geschehen würde.
Jedenfalls war er gewillt, den Dingen Zeit zu lassen, sich zu entwickeln. Am Abend zuvor hatte er ein längeres Telefonat mit Noah geführt. Bennett war so tief abgetaucht, dass Noah Himmel und Hölle in Bewegung setzen musste, um auch nur den Hauch einer Spur von dem Mann aufzutreiben. Er hatte angedeutet, dass er frühestens in ein paar Wochen nach Paris zurückkehren würde. Eden arbeitete weiter an Devons Fall. Sie hatte ihm bislang nichts erzählt, was sie damit begründete, dass sie ihm lieber alles berichten wollte, wenn die Sache abgeschlossen war. Wogegen er nichts einzuwenden hatte. Wenn er eines begriff, dann war es, dass Eden gründlich, geradeheraus und sehr gut in ihrem Job war. Falls und wenn sie Devons Fall löste, würde sie ihm alles sagen, was sie herausgefunden hatte.
Er vertraute ihr bedingungslos.
Zwanzig Minuten nachdem sie sein Büro verlassen hatte, klingelte Edens Handy. Da sie instinktiv wusste, dass es Jordan war, meldete sie sich mit: »Vermisst du mich schon?«
»Komm zurück ins Büro«, sagte Jordan. »Ich schicke jemand anderen hinter Honeycutt her.«
Nun ging sein Beschützertrieb doch zu weit. »Mach dich nicht lächerlich.«
Jordans Lachen sagte ihr, dass er genau wusste, was sie dachte. »Ich hatte eben einen Anruf von dem Team, das die Larues observiert. Wie es aussieht, veranstalten Larue und Bennett ein kleines Familientreffen in Nantes. Unsere Leute haben einen gesprächigen Maulwurf im Larue-Haushalt aufgetan. Wir haben eine Einsatzbesprechung im Büro, bevor wir losfahren. Ich dachte, du willst vielleicht dabei sein.«
Edens Finger umklammerten das Lenkrad, während Adrenalin ihren Kreislauf flutete. »Wir schnappen sie uns? Und was ist mit der Polizei?«
»Die hat zugesichert, sich vorerst zurückzuhalten.«
Mit anderen Worten: Jordans Charme und Verhandlungsgeschick hatten ihnen einen Vorsprung verschafft.
Für einen winzigen Moment war Eden hin- und hergerissen. Ihr war der Honeycutt-Fall zugeteilt worden, und es widerstrebte ihr, ihn abzugeben, auch wenn es sich nur um eine simple Befreiungsaktion handelte. Sie beendete stets, was sie angefangen hatte. Aber hinter den Leute herjagen, die Milo auf den Gewissen hatten? O nein, sie machte sich nichts vor. Die Entscheidung war von vornherein klar.
»Gib mir eine halbe Stunde.« Mit diesen Worten warf Eden das Handy auf den Beifahrersitz, blickte in den Rückspiegel und wendete auf der Straße, ohne auf das wilde Hupkonzert oder die kreischenden Bremsen hinter ihr zu achten.
Sechsundzwanzig Minuten später stieß sie die Tür zu Noahs Büro auf, wo Jordan am Schreibtisch lehnte, die Arme vor der Brust verschränkt, und offensichtlich auf sie wartete. »Wo sind die anderen?«
Er küsste sie auf die Stirn. »Im großen Konferenzraum. Das Büro hier ist zu klein.«
Neugierig drehte Eden sich um und wollte zur Tür gehen. Wie viele Kollegen arbeiteten denn an dem Fall? LCR setzte selten mehr Leute als unbedingt nötig auf ein Projekt an. Auf dem Flur blieb sie verwundert stehen, als sie sah, wie viele Leute dort standen und in den Konferenzraum sahen. Drinnen war Platz für zwanzig, und der Raum quoll über.
Fragend sah sie zu Jordan. »Was ist los?«
Er lächelte trocken. »Es hat sich herumgesprochen, dass wir Milos Killer ins Visier nehmen. Und anscheinend wollen alle, die ihn kannten, bei der Aktion mitmachen.«
Ja, weil Milo im Leben aller bei LCR eine wichtige Rolle gespielt hatte. Eden fühlte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Es schien einleuchtend, dass diejenigen, denen er am meisten geholfen hatte, unbedingt seinen Tod rächen wollten. Leider war das nicht möglich – es sei denn, die Larues oder Bennett reisten mit einer Armee an. Je weniger sie waren, umso
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