Rescue me - Niemand wird dich schützen
Aufprall.
Für eine Sekunde stand Jordan stocksteif da, regungslos vor Schock. Verdammt, er war angeschossen worden! Dann, mit der Wucht einer Abrissbirne, kam der Schmerz. Er sackte auf die Knie und fiel mit dem Gesicht voran in den Dreck.
Eden saß vornübergebeugt auf einem fadenscheinigen Sessel im Warteraum der Intensivstation, ihren Kopf in die Hände gestützt.
Jordan war immer noch im OP, seit mittlerweile fünf Stunden. Die Kugel saß nahe am Herzen und hatte eine Arterie beschädigt. Nun war abzuwarten, ob es ihnen gelang, die Blutung zu stillen.
Noah war eine ganze Weile bei ihr geblieben, musste dann jedoch gehen, um mit der Polizei zu sprechen, die natürlich unzählige Fragen hatte. Ihnen war nichts anderes übriggeblieben, als einen Notarzt zu rufen. Georges hatte eine Kugel im Bein und würde wahrscheinlich in wenigen Tagen entlassen, um direkt ins Gefängnis zu wandern. Noah hatte ihn nicht umgebracht, und obgleich Georges’ Tod kein großer Verlust für die Menschheit gewesen wäre, war Eden froh darüber – nicht um Georges’, sondern um Noahs willen. Dessen Gewissen musste nicht mit einem weiteren Toten belastet werden.
Noah hielt ihr den Rücken frei, indem er die Gespräche mit den Behörden führte. Derweil konnte sie ihre gesamte Kraft und ihr ganzes Denken auf Jordan konzentrieren.
Er hatte ihr das Leben gerettet, denn genau wie er hatte sie deutlich gespürt, dass Georges sie töten wollte. Zwar dachte sie nicht, dass er es von Anfang an geplant hatte, aber sowie er die Waffe in der Hand hielt, war er wild entschlossen gewesen.
Furchtbare Schuldgefühle plagten sie. Sie hätte Georges nicht reizen dürfen. Als sie die Chance hatte, ihn außer Gefecht zu setzen, hatte sie sich dafür entschieden, ihm stattdessen nur fiese Schmerzen zuzufügen. Wäre er bewusstlos gewesen, als Jordan kam, hätte nichts von dem hier geschehen müssen.
Jordan sollte überhaupt nicht in Paris sein. Sie hätte gleich an jenem ersten Tag ehrlich zu ihm sein sollen, ihm sagen, wer sie war, erklären, was passiert war. Dann wäre er längst abgereist und läge jetzt nicht auf dem Operationstisch.
»Hier.«
Noah stand mit einem Becher dampfenden Kaffees vor ihr. Sein zerschundenes Gesicht wirkte so müde und traurig, wie sie es selten gesehen hatte.
Sie nahm den Becher und legte die Finger darum, weil sie die Wärme dringend nötig hatte. Ihr war schrecklich kalt.
Noah nippte an seinem Becher und zog eine Grimasse. »Schmeckt wie Schlamm.« Er warf einen Blick auf die Wanduhr, dann sah er Eden an. »War in letzter Zeit jemand draußen?«
Sie schüttelte den Kopf, denn ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie brachte keinen Ton heraus. Beinahe jede
Stunde kam freundlicherweise eine der Schwestern zu ihnen und hielt sie über die Situation im OP auf dem Laufenden. Bisher hatten sie nur erzählen können, dass sie nach wie vor versuchten, die Blutung zu stoppen. Aber wenigstens wusste Eden so, dass er noch lebte.
Es war anderthalb Stunden her, seit zuletzt jemand herausgekommen war. Eden wusste nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Die Angst hielt sie in ihrem Sessel gefangen, denn ihr graute davor, aufzustehen und nachzufragen. Solange sie hier sitzen blieb und nichts wusste, blieb ihr die Hoffnung.
Plötzlich hörte sie ein Geräusch und hob den Kopf. Ein Mann mittleren Alters in grüner OP-Kleidung und mit sehr müdem Gesicht kam auf sie zu.
Eden umfasste die Armlehnen und zwang sich aufzustehen. Ihre Beine waren furchtbar wackelig, aber sie machte sie steif, um nicht umzukippen.
»Sind Sie Angehörige von Mr. Montgomery?«
Eden nickte und war dankbar, dass Noah das Antworten übernahm.
»Ja, sind wir.«
Der Doktor führte lang und breit aus, was sie alles getan hatten, um Jordans Herz zu flicken. Eden bekam nur einzelne Brocken mit … dass sie ihn einmal verloren hatten … es immer noch auf der Kippe stand … er morgen vielleicht noch mal operiert werden müsste … abwarten.
Unterdessen nickte sie in einem fort, als wäre sie einer dieser Wackeldackel, die manche Leute auf der Hutablage ihres Autos sitzen hatten. Erst als Noah einen Arm um sie legte, wurde ihr klar, dass der Arzt wieder gegangen war.
»Er lebt?«, flüsterte sie, weil sie nicht sicher war, ob sie alles richtig verstanden hatte.
»Ja, er lebt. Und du weißt, was für ein Kämpfer er ist. Der zäheste Mistkerl, der mir seit Jahren über den Weg gelaufen ist.«
Ihre bebenden Lippen bogen sich zu
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