Rescue me - Niemand wird dich schützen
hatte, schien ihm dringend. Sie beugte sich weiter zu ihm und fragte: »Was?«
»Vor all den Jahren … Ich konnte dich nicht retten … hätte es müssen. Ich wollte es … wiedergutmachen.«
Dann fielen seine Augen zu. Eden bemerkte, wie ihr die
Schwester an der Tür bedeutete, sie solle ihn schlafen lassen. Vorher aber gönnte sie sich noch ein kleines Geschenk, indem sie ihn auf die Wange küsste und hauchte: »Ich liebe dich, Jordan. Ich habe dich immer geliebt und werde dich immer lieben.«
Als sie schließlich das Zimmer verließ, tobte in ihr ein Gefühlstumult, mit dem ihr Herz kaum mitzuhalten vermochte. Sie wollte zurück in den Warteraum und die Nacht über dort bleiben. Kurz vor der Tür hörte sie eine Frauenstimme, sanft und eindeutig amerikanisch.
»Ich möchte zu Jordan Montgomery.«
»Ihr Name und Ihre Beziehung zu dem Patienten?«, fragte eine gelangweilte Stimme.
»Samara Lyons. Sie haben mich angerufen, weil Mr. Montgomery angegeben hatte, dass ich im Notfall zu verständigen bin. Ich bin seine … seine Verlobte.«
Und mit diesen Worten brach Edens Welt zusammen. Wie hatte sie das vergessen können? Jordan war verlobt … gehörte einer anderen. Die Worte, die er eben geflüstert hatte, bekamen eine neue Bedeutung. Er fühlte sich verantwortlich, weil er ihr früher nicht helfen konnte, und war diesmal zu ihrer Rettung gekommen, um es wiedergutzumachen. Das war alles. Kein Schwur, für immer bei ihr zu bleiben, erst recht keine Liebeserklärung. Eine Pflicht, nichts weiter.
Eden achtete nicht auf die neugierigen, mitfühlenden Blicke der Schwester, die es mitgehört hatte, und ging an ihnen vorbei zum Fahrstuhl. Sie drückte den Knopf und schaffte es bis hinunter in die Eingangshalle, ohne zu atmen. Erst als sie draußen war, holte sie tief Luft. Sie würde überleben. Sie überlebte immer. Neben Lügen war es das zweite, was sie richtig gut konnte.
Mit einem Taxi fuhr sie nach Hause in ihre Wohnung, wo ihr mit einem merkwürdig dumpfen Gefühl klar wurde, dass eine weitere Phase ihres Lebens zu Ende war. Devon Winters war lebend und wohlauf gefunden worden, und Jordan kannte endlich die Wahrheit.
Aber wenn die Vergangenheit tatsächlich abgeschlossen war und hinter ihr lag, warum liefen ihr dann Tränen über die Wangen, und warum fühlte sich ihr Herz an, als wäre es in Stücke gerissen worden?
Eden wusste keine Antwort darauf.
25
Noah stieß die Tür auf und sah zu dem Mann im Krankenhausbett. Er war so bleich, dass er den weißen Laken Konkurrenz machte. Vor wenigen Stunden hatte Eden mit einem neuen Auftrag das Land verlassen, kühl und gefühllos. Noah konnte sich nicht entscheiden, wer von den beiden schlimmer aussah, der bewusstlose Jordan mit dem Loch in seiner Brust oder die Frau, die schwor, Noah umzubringen, sollte er sich jemals wieder in ihr Leben einmischen.
Noah kam sich schrecklich wertlos vor, weil er in dieser Geschichte eine solch unrühmliche Rolle gespielt hatte. Lautlos betrat er das Zimmer. Sollte Jordan nicht bald aufwachen, würde er wieder gehen. Er konnte wohl kaum etwas anderes tun, als zurück zu LCR zu gehen und sich seiner Arbeit zu widmen. Retten war sein Geschäft, sein Leben. Beziehungsprobleme zu lösen hingegen zählte nicht zu seinen Stärken, wohingegen er erwiesenermaßen ein Talent besaß, selbige zu verursachen.
»Wer sind Sie?«
Noah wirbelte herum. Eine zierliche junge Frau stand in der offenen Badezimmertür, eine kleine Vase mit weißen Gänseblümchen in der Hand. »Wer sind Sie?«
Sie fasste die Vase mit beiden Händen, als wollte sie sie
im Zweifelsfall zur Waffe umfunktionieren, und kam ins Zimmer. »Ich glaube, ich habe zuerst gefragt.«
Unwillkürlich musste Noah schmunzeln. Wer diese Frau auch sein mochte, sie stellte keine Bedrohung dar. Knapp eins fünfundsechzig groß mit langem, gewelltem schwarzen Haar, lebhaften blauen Augen und cremeweißer Haut wirkte sie eher wie eine hübsche Elfe.
»Noah McCall. Und Sie sind?«
»Samara Lyons. Ich bin eine Freundin von Jordan.«
»Die frühere Verlobte?«
Ihr Blick wanderte zu dem Bewusstlosen im Bett, bevor sie den Kopf schüttelte. »Nein … er rief an …« Sie räusperte sich und fuhr fort: »Wir haben nie … Wir haben die Beziehung beendet.« Dann runzelte sie die Stirn. »Jordan hat Ihnen erzählt, wir wären verlobt?«
Auf keinen Fall würde er sich in dieses Gespräch verwickeln lassen! Er wies zu Jordan. »Wie geht es ihm?«
Sie sah ein wenig irritiert aus, weil
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