Rescue me - Niemand wird dich schützen
dass sie wegen ihres Problems bei einem Psychiater in Behandlung gewesen wäre. Ich glaubte ihr und warf Devon vor, sie hätte alles inszeniert, um mich zu verführen.«
»Nun ja, hatte sie nicht exakt das getan?«
Jordan schüttelte energisch den Kopf. »Wenn überhaupt, habe ich sie verführt. Ich ignorierte alle Anzeichen von Unschuld, Unsicherheit, Angst … und nahm mir, was ich wollte.«
»Warum vermeiden Sie, mir zu erzählen, was Sie zu ihr gesagt haben?«
McCalls Hartnäckigkeit weckte eine unsinnige Wut in Jordan, der voller Selbstekel antwortete: »Weil ich sie eine Schlampe nannte. Ich sagte ihr, hätte ich gewusst, wer sie ist, hätte ich mir eher die Hände abgehackt, als sie anzufassen. Und ich fragte sie, ob ich, falls ich kein Kondom benutzt hätte, womöglich mit einer Irren ein Kind bekommen hätte.«
Sein Magen krampfte sich zusammen, als er zornig zu dem Mann ihm gegenüber sah. »Das ist der Grund, McCall. Dieses süße, unschuldige Mädchen, das ich praktisch verführt habe, wurde von dem Mann verbal vergewaltigt, den es für seinen Helden hielt.«
McCalls Miene blieb vollkommen ungerührt, seine Augen ausdruckslos. Was hatte er erwartet? Entlastung? Verständnis? »Was ist danach passiert?«
»Sie rannte aus dem Haus, aber erst nachdem sie sich ungefähr zum zehnten Mal entschuldigt und mir beteuert
hatte, dass sie mich liebte, ich immer ihr Held gewesen sei und sie wünschte, sie könnte mir ebenfalls etwas bedeuten.«
»Und das war das letzte Mal, dass Sie sie gesehen haben?«
Jordan nickte. »Ein paar Sekunden später bin ich ihr nach. Es goss in Strömen. Ich lief die Straße rauf und runter, konnte sie aber nirgends finden. Da dachte ich, sie hätte ein Taxi genommen.«
Er konnte nicht mehr stillsitzen, also sprang er auf und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Jene beschämenden Worte hatte er noch nie vor jemand anderem wiederholt. Und sie heute erstmals wieder auszusprechen, schmerzte ihn zutiefst.
»Nur wenige Stunden danach wurde ich außer Landes beordert. Ich kam gar nicht auf die Idee, dass sie nicht wieder nach Hause zurückgekehrt war. Und ich dachte, nach meinem Einsatz wäre ich weniger wütend und eher bereit, sie anzuhören. Es vergingen einige Monate, bevor ich wieder zu ihren Eltern ging, und da erfuhr ich, dass sie seit jener Nacht vermisst wurde.«
»Mich wundert, dass sich weder ihre Eltern noch die Polizei bei Ihnen gemeldet haben.«
»Ich arbeitete an einem Projekt, in das nur wenige Leute eingeweiht waren. Niemand hätte mich erreichen können.«
Er schilderte seine Gespräche mit der Polizei sowie seine eigenen erfolglosen Nachforschungen und erzählte McCall, wie viele Privatdetektive er über die Jahre auf ihren Fall angesetzt hatte. Er erwähnte auch kurz, dass er viele Kontakte bei der Regierung hätte und sie alle für die Suche nach Devon nutzte, was leider ebenfalls vergebens gewesen war.
Während Jordan Montgomery sich verbal völlig entblößte,
machte Noah sich ein Bild von dem Mann, den er zwar seit Jahren kannte, dem er aber persönlich noch nie begegnet war. Die Fotos, die er gesehen hatte, wurden ihm nicht gerecht. Attraktiv, Mitte dreißig, dichtes dunkles Haar und schokoladenbraune Augen. Offenbar war er hervorragend in Form, sehr groß gewachsen und mit einer eindrucksvollen Präsenz, die viele Frauen faszinieren dürfte. Noah konnte sich sehr gut vorstellen, wie hingerissen eine unschuldige junge Frau von ihm sein könnte.
Ziemlich schockiert war er indes über seine eigene Wut auf Montgomery. Als er hörte, was dieser Mann Devon damals an den Kopf geworfen hatte, überkam ihn der starke Drang, seine Faust in Montgomerys Magen zu rammen, bis er würgte. Tiefe Schuldgefühle dürften sieben Jahre lang an dem Mann genagt haben, und die Fehler, die er begangen hatte, auf Wut und Betrug zurückgehen. Was Montgomery jedoch unwissentlich ausgelöst hatte, machte sein Handeln noch um ein Vielfaches schlimmer.
Montgomery sackte zurück in seinen Sessel. »Wie schätzen Sie die Chance ein, dass LCR sie findet?«
Noah würde von sich aus nichts preisgeben. Falls Eden entschied, ihre wahre Identität zu lüften, würde er sie höchstwahrscheinlich als Agentin verlieren. Sie hatte ihr Trauma begraben, und es wieder ans Licht zu bringen, jenem Mann alles zu erzählen, der unwissentlich dafür verantwortlich gewesen war, dürfte kaum spurlos an ihr vorübergehen. Edens Rolle der Frau mit dem kühlen Kopf ohne Emotionen trennten Lichtjahre
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