Reseph
alles gefällt mir überhaupt nicht –«
»Das werte ich mal als ein Ja. Die wirklich wichtige Frage ist, wie sehr er an dir hängt.«
Ich liebe dich, Jillian. Ich liebe dich, und ich will, dass dies der Anfang von etwas Neuem ist.
Erneut drückte der Schmerz ihr das Herz zusammen. Sie vermisste Reseph so sehr. Wie konnten sich die Dinge nur innerhalb weniger Stunden dermaßen ändern – von perfekt zu grauenhaft.
»Jillian?« Limos’ Stimme war leise, als ob sie wüsste, wie schwer das für sie war.
»Er hat gesagt, er liebt mich«, murmelte Jillian.
»Er hat
was
?«
Jillian verschränkte die Arme vor der Brust. Sie hatte auf einmal das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen und kam sich außerdem ziemlich dämlich vor. »Ist das so schwer zu glauben?«
»Ich will es mal so sagen«, erwiderte Limos. »In fünftausend Jahren hat er sich noch nie in eine Frau verliebt.«
Sie starrte Limos ungläubig an. »Fünftausend Jahre. Du willst mir weismachen, dass er fünftausend Jahre alt ist?«
»Jepp.« Limos begann erneut, ihre Fingernägel zu mustern. »Das hatten wir wohl noch nicht erwähnt. Du musst jetzt stark sein. Meine Brüder und ich, wir sind die vier apokalyptischen Reiter. Du hast vermutlich in der Sonntagsschule schon mal was über uns gehört.«
»Da bin ich rausgeflogen, bevor sie zu dieser Geschichte kamen«, sagte Jillian mit einer Ruhe, die sie nicht fühlte. »Aber ja, ich hab schon mal was von den vier apokalyptischen Reitern gehört. Du behauptest also, dass Reseph, der Mann, den ich aus einem Schneesturm gerettet habe, ein biblisches Ungeheuer ist?«
»Äh, nein. Ich meine, die biblische Prophezeiung ist nur eine von zweien. Wir sind nicht so böse und gruselig, wie wir im Fernsehen und in Filmen dargestellt werden.« Sie legte die Stirn in Falten. »Jedenfalls zum größten Teil. Und du hast Reseph nicht wirklich das Leben gerettet. Er ist unsterblich. Er hätte den Schneesturm also auf jeden Fall überlebt.«
Jillian dachte an Resephs wundersame Erholung, nachdem er beinahe steif gefroren gewesen war. »Okay, nehmen wir mal an, ich glaube dir. Hat die Unterkühlung sein Gedächtnis beeinflusst? War das der Grund für seine Amnesie?«
Limos zuckte zusammen. »Jetzt wird’s ein bisschen schwierig.«
Als ob der Rest ganz normal und einfach wäre. »Ich höre.«
Limos steckte die Hand in den Ausschnitt ihres T-Shirts und zog eine Goldkette mit einem kreisförmigen Anhänger heraus. »Das hier ist ein sogenanntes Siegel. Solange es ganz ist, sind meine Brüder und ich weder gut noch böse. Es hat immer zwei Prophezeiungen gegeben … die der Menschen und die der Dämonen. Wenn die menschliche Prophezeiung Wirklichkeit wird, werden wir auf der Seite der Menschen kämpfen. Die der Dämonen würde uns zu Bösewichtern machen.«
Jillian gefiel die Richtung, die dieses Gespräch nahm, ganz und gar nicht. »Und was ist mit dem schwierigen Teil?«
»Die Dämonenprophezeiung wurde vor etwas über einem Jahr in Gang gesetzt. Resephs Siegel ist gebrochen.«
Es dauerte ein paar Sekunden, ehe Jillians Gehirn Limos’ Worte verarbeitet hatte, und als sie schließlich begriff, zog sich ihr Brustkorb zusammen.
»Dann … Augenblick mal. Dieses ganze Chaos, das über die Erde hereingebrochen ist, die Dämonen, die Seuchen … das alles … das ist alles wegen Reseph passiert, oder?«
»Ja. Er hat sich in einen bösartigen Mistkerl namens Pestilence verwandelt und das ganze Jahr über alles versucht, um auch unsere Siegel zu brechen.« Sie kaute eine Sekunde lang auf ihrer Unterlippe herum. »Für die gruseligen Details ist später noch Zeit. Aber jetzt muss ich dich bitten, uns zu helfen.«
Jillian hätte eigentlich sehr viel entsetzter sein müssen, als sie war, aber vermutlich war alles, was sie soeben erfahren hatte, viel zu überwältigend, um es zu begreifen. Zweifellos würde sie später noch ausflippen.
»Du hast meine Frage wegen Resephs Gedächtnis nicht beantwortet.«
»Wir konnten Pestilence aufhalten. Thanatos hat ihm einen Dolch ins Herz gestoßen und ihn getötet. Gewissermaßen. Jedenfalls wurde ihm dadurch seine Macht genommen, und es hat die Apokalypse beendet. Darum war dann auf einmal alles wieder normal. Reseph ist an einem Ort gelandet, der sich Sheoul-gra nennt. Das ist so eine Art Auffangbecken für Dämonenseelen. Das Problem war nur, dass er sich als Reseph an alles erinnerte, was Pestilence getan hat. Und das war schlimm. Richtig übel. Reseph ist verrückt geworden,
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