Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
Wiederhole …“
Joseph machte geduldig weiter. Seine Stimme war hart vor Anspannung, und seine Rufe verloren sich in dem unsichtbaren Nebel aus Statikrauschen, der den Raum erfüllte.
Wesker schritt den verlassenen Flur hinab und durch den schäbigeren der beiden Warteräume im ersten Stockwerk. Knapp nickte er zwei Uniformierten zu, die sich vor dem Getränkeautomaten unterhielten.
Die Tür zum Landeplatz war offen und verkeilt, eine schwache, schwüle Brise fuhr durch die stickige Luft im Gebäudeinneren. Es war noch hell, aber das würde sich bald ändern. Wesker hoffte, dass das die Angelegenheit nicht verkomplizierte, wenngleich er die Wahrscheinlichkeit für hoch hielt, dass genau dieser Fall eintreten würde …
Er wandte sich nach links und lief den gewundenen Gang hinunter, der zum Heliport führte. Gedankenversunken hakte er im Geiste eine Checkliste ab.
Einleitendes Prozedere, Waffen, Gerät, Bericht …
Er wusste bereits, dass alles in Ordnung war, ging es aber trotzdem noch einmal durch; Nachlässigkeit zahlte sich nicht aus, und sich auf bloße Annahmen zu verlassen, war der erste Schritt dorthin. Wesker charakterisierte sich gern als Verfechter von Präzision, als jemanden, der sämtliche Möglichkeiten in Betracht zog und die Entscheidung über die beste Vorgehensweise erst fällte, nachdem er alle Faktoren gewissenhaft gegeneinander abgewogen hatte. Um- und Übersicht zeichneten einen kompetenten Führer aus.
Aber um diese Sache abzuschließen –
Er verwarf den Gedanken, ehe er sich weiterentwickeln konnte. Er wusste, was getan werden musste, und es war noch genug Zeit. Jetzt musste er sich nur darauf konzentrieren, die Bravos zurückzuholen, heil und gesund.
Wesker öffnete die Tür am Ende des Gangs und trat in den leuchtenden Abend hinaus. Das anschwellende Brummen der Hubschrauberturbine und der Geruch von Maschinenöl beanspruchten seine Sinne. Hier war es kühler als drinnen. Der kleine Dach-Heliport wurde zum Teil von einem alten Wasserturm überschattet und war bis auf den metallgrauen Alpha-Hubschrauber verlassen. Zum ersten Mal stellte sich Wesker die Frage, was für Bravo schief gelaufen sein mochte; er hatte Joseph und die Rekrutin gestern die beiden Vögel durchchecken lassen, und sie waren in Ordnung gewesen, alle Systeme hatten tadellos gearbeitet.
Er verscheuchte auch diesen Gedanken, als er auf den Hubschrauber zuging. Sein Schatten streckte sich lang über den Beton. Das Warum zählte nicht, nicht mehr. Was zählte war, was als Nächstes kommen würde. Erwarte das Unerwartete , lautete das S.T.A.R.S.-Motto – was im Grunde hieß, auf alles gefasst sein zu müssen.
Albert Weskers persönliches Motto war: Erwarte nichts . Nicht ganz so eingängig vielleicht, aber weitaus praktischer. Es garantierte buchstäblich, dass ihn nichts je überraschen konnte.
Er trat an die offene Tür der Pilotenkanzel. Vickers streckte einen zittrigen Daumen hoch; der Mann wirkte eindeutig zu grün für einen solchen Einsatz, und Wesker erwog kurz, ihn tatsächlich hier zu lassen. Chris hatte eine Fluglizenz, und Vickers stand in dem Ruf, dass er unter Stress zusammenbrach. Das Letzte, was Wesker gebrauchen konnte, war, dass einer seiner Leute schlappmachte, sobald es Ärger gab. Dann dachte er an die vermissten Bravos und entschied sich dagegen. Dies war eine Rettungsmission. Das Schlimmste, was Vickers anrichten konnte, war, sich selbst voll zu kotzen, sollte der Bravo-Hubschrauber abgestürzt sein, und damit konnte Wesker leben.
Er öffnete die Seitentür und stieg in die Kabine, wo er eine rasche Bestandsaufnahme der Ausrüstung machte, die entlang der Wände aufgereiht war. Leuchtkugeln, Rationspacks … Er öffnete den Deckel des schweren, verbeulten Bodenfachs hinter den Bänken, begutachtete die medizinische Grundausrüstung und nickte zufrieden. Sie waren so gut vorbereitet, wie sie es nur sein konnten …
Plötzlich grinste Wesker. Er fragte sich, was Brian Irons wohl gerade tat.
Scheißt sich hundertprozentig in die Hose. Wesker lachte leise, während er wieder auf den sonnenheißen Asphalt hinaustrat und auf einmal ein klares Bild von Irons vor seinem geistigen Auge stehen hatte – die dicken Wangen rot vor Wut, während ihm die Kacke am Bein herunterrann. Irons sonnte sich gern in der Überzeugung, er könne alles und jeden um sich herum kontrollieren, verlor aber sofort die Beherrschung, wenn er dies mal nicht schaffte. Und das machte ihn zum Idioten.
Zu ihrer aller Pech
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