Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
nahe, ebenso wie das Vorhandensein verfaulten Fleisches, das an einigen der Opfer gefunden wurde – als trügen die Mörder bei ihren Überfällen Teile vorhergehender unbekannter Opfer bei sich. Wir haben Speichel- und Gewebeproben von vier verschiedenen Tätern. Augenzeugenberichte lassen allerdings auf bis zu zehn oder elf Personen schließen. Und diejenigen, die von Tieren getötet wurden, hat man alle in derselben Gegend gefunden, beziehungsweise sie wurden alle in derselben Gegend angefallen – daraus lässt sich folgern, dass sie eine Art Grenze überschritten haben. Die Speichelspuren scheinen von Hunden zu stammen, aber da gibt es noch ein paar Unstimmigkeiten …“ Jill verstummte.
Weskers Gesicht verriet nichts, doch er nickte gemessen. „Nicht übel, gar nicht übel. Widerlegende Argumente?“
Jill seufzte. Sie hasste es, ihre eigene Theorie entkräften zu müssen, aber das war Teil des Jobs – und, wenn sie ganz ehrlich war, der Teil, der klarem, rationalem Denken am förderlichsten war. S.T.A.R.S. schulte seine Mitarbeiter darauf, sich nicht auf einen einzigen Pfad zur Wahrheit zu fixieren.
Abermals überflog Jill ihre Notizen. „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein Kult dieser Größe viel herumziehen würde, und die Morde begannen vor zu kurzer Zeit, um lokale Wurzeln zu haben. Das RCPD wäre schon früher auf Spuren gestoßen, auf irgendeine Eskalation solcher Verhaltensmuster. Außerdem weist der Grad postmortaler Gewalteinwirkung auf planlos vorgehende Täter hin, und sie treten für gewöhnlich einzeln auf.“
Von hinten meldete sich Joseph Frost, der Alpha-Fahrzeugspezialist, zu Wort. „Aber das mit den Tierangriffen macht Sinn – dass sie ihr Revier verteidigen und so.“
Wesker nahm einen Stift und ging zu der Tafel neben seinem Schreibtisch. „Dem stimme ich zu.“
Er schrieb Territorialität an die Tafel, dann wandte er sich wieder Jill zu. „Noch etwas?“
Sie schüttelte den Kopf, freute sich aber, dass sie etwas beigetragen hatte. Sie wusste, dass der Kult-Aspekt weit hergeholt war, aber etwas anderes war ihr nicht eingefallen. Die Polizei jedenfalls hatte ganz sicher nichts Besseres zuwege gebracht.
Wesker richtete seine Aufmerksamkeit auf Brad Vickers, der die Meinung vertrat, es handele sich um eine neue Form von Terrorismus, und dass wohl bald Forderungen gestellt würden. Wesker setzte Terrorismus auf die Tafel, schien aber nicht begeistert von dem Vorschlag, wie auch sonst niemand. Brad widmete sich schnell wieder seinem Headset und checkte den Status des Bravo-Teams.
Sowohl Joseph als auch Barry verzichteten aufs Theoretisieren, und Chris’ Ansichten über die Morde waren bereits bekannt, wenn auch nur vage; er glaubte, dass hier eine organisierte Geschichte am Laufen war, die irgendwie von außen gesteuert wurde. Wesker fragte ihn, ob er irgendetwas Neues hinzuzufügen habe ( Neues betonend, wie Jill bemerkte), doch Chris schüttelte den Kopf. Er wirkte niedergeschlagen.
Wesker schraubte die Kappe auf den schwarzen Stift und setzte sich auf die Kante seines Schreibtischs. Nachdenklich betrachtete er die noch leere Fläche der Tafel. „Es ist ein Anfang“, sagte er. „Ich weiß, Sie haben alle die Polizei- und Autopsieberichte gelesen und die Aussagen der Augenzeugen gehört –“
„Vickers hier, over .“ Im hinteren Teil des Raumes sprach Brad leise in sein Bügelmikrofon. Der Captain hielt kurz inne, dann fuhr er mit gesenkter Stimme fort.
„Zum momentanen Zeitpunkt wissen wir nicht, womit wir es zu tun haben, und mir ist klar, dass wir alle unsere … Bedenken haben in Bezug darauf, wie das RCPD mit der Problematik umgegangen ist. Aber jetzt, da wir an dem Fall dran sind –“
„Was?“
Beim peitschenden Klang von Brads Stimme drehte sich Jill ebenso wie alle anderen nach hinten um. Brad war aufgestanden, wirkte beunruhigt, hielt eine Hand gegen den Kopfhörer gepresst.
„Bravo-Team, melden. Wiederhole, Bravo-Team, meldet euch!“
Wesker erhob sich. „Vickers, schalten Sie den Lautsprecher ein!“
Brad hieb auf den entsprechenden Schalter an seiner Konsole, und das helle Knistern der Statik erfüllte den Raum. Jill versuchte, eine menschliche Stimme herauszuhören, doch einige angespannte Sekunden lang war nichts weiter zu hören.
Dann jedoch: „… habt ihr verstanden? Fehlfunktion, wir müssen …“
Der Rest ging in anhaltendem statischem Rauschen unter. Zuvor hatte es nach Enrico Marini, dem Leiter des Bravo-Teams, geklungen.
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