Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
die Frontseite der Villa zulief. Ein röchelndes Aufjaulen, und das Wesen stürzte zur Seite. Das Geheul seiner Artgenossen wurde lauter denn je, von der Erregung der Hatz in fiebrige Höhen getrieben.
Jill erreichte die Doppeltür zuerst, rammte mit einer Schulter gegen das schwere Holz, wobei sie mit der Hand nach dem Türknauf schnappte. Zu ihrer eigenen Überraschung gaben die Flügel nach. Licht aus dem Innern ergoss sich auf die Steinstufen der Außentreppe und leuchtete ihnen den Weg. Jill drehte sich um und begann zu schießen, gewährte den drei nach Atem ringenden Männern, die in der Dunkelheit auf die Öffnung zurannten, Feuerschutz.
Sie drängten in die Villa. Jill tauchte zuletzt durch die Tür. Barry warf seine massige Gestalt dagegen und sperrte den heulenden Chor der Kreaturen aus. Mit hochrotem Gesicht und schwitzend sank er am Türblatt abwärts zu Boden. Chris fand den stählernen Schließriegel und schob ihn vor.
Sie hatten es geschafft. Draußen bellten die Hunde und kratzten vergebens an der schweren Tür.
Wesker nahm einen tiefen Zug von der kühlen, wohltuenden Luft, die den hellen Raum erfüllte, und stieß sie scharf wieder aus. Wie er bereits gewusst hatte, war das Spencer-Haus nicht verlassen. Und nun, da sie hier waren, erwies sich seine ganze sorgfältige Planung als umsonst.
Im Stillen verfluchte er Brad Vickers ein weiteres Mal und fragte sich, ob sie hier drinnen wirklich besser dran waren als draußen …
FÜNF
Während Jill wieder zu Atem kam, bekam sie allmählich ein Bild ihrer neuen Umgebung. Sie fühlte sich wie eine in einem Albtraum gefangene Figur, die gerade eine Abzweigung in ein fantastisches Märchen gefunden hatte. Wilde, heulende Ungeheuer, Josephs plötzlicher Tod, die fürchterliche Flucht durch den finsteren Wald – und jetzt das.
Verlassen, ah ja?
Es war ein Palast, schlicht und ergreifend das, was ihr Vater einen „Volltreffer“ genannt hätte. Der Raum, in den ihre Flucht sie geführt hatte, war der Inbegriff von fürstlich . Er war riesig, größer als Jills gesamtes Haus, mit graugemasertem Marmor gefliest und dominiert von einer breiten, mit Teppich belegten Treppe, die zu einer Galerie in der ersten Etage emporführte. Marmorbögen säumten das prunkvolle Vestibül und stützten die aus dunklem, schwerem Holz gefertigte Balustrade des Obergeschosses. Wandleuchten mit Rüschenschirmen fächerten Licht über mit Eichenholz vertäfelte Wände, deren Farbe sich vom tiefen Ockerton der Teppiche abhob. Kurzum, es war prachtvoll.
„Was ist das?“, murmelte Barry. Niemand antwortete ihm.
Jill holte tief Luft und entschied sofort, dass ihr das Ganze nicht gefiel. Der riesige Raum hatte etwas … Falsches , eine Atmosphäre, die Beklemmung schuf. Irgendwie wirkte er, als spuke es darin, auch wenn Jill nicht hätte sagen können, wer oder was hier sein Unwesen trieb.
Immer noch besser jedenfalls, als von mutierten Hunden gefressen zu werden, das muss ich zugeben, räumte sie ein. Und im Fahrwasser dieses Gedankens: Oh Gott, armer Joseph! Aber es war keine Zeit um ihn zu trauern, auch jetzt nicht – was nichts daran änderte, dass sie ihn alle vermissen würden.
Die Pistole fest umklammert, näherte sich Jill der Treppe. Der feudale Teppichläufer, der von der Tür wegführte, dämpfte ihre Schritte. Auf einem kleinen Tisch rechts neben den Stufen stand eine alte Schreibmaschine, in die ein leeres Blatt Papier eingespannt war. Ein merkwürdiges Zierstück. Ansonsten war die weitläufige Halle leer. Jill wandte sich wieder den anderen zu. Sie fragte sich, was sie von all dem hielten. Barry und Chris wirkten unsicher, während sie sich mit geröteten und verschwitzten Gesichtern umschauten. Wesker kniete vor dem Eingangsportal und untersuchte einen der Riegel. Er stand auf, die dunkle Brille immer noch auf der Nase, und vermittelte wie stets einen unbeteiligten Eindruck. „Das Holz um das Schloss herum ist gesplittert. Jemand hat diese Tür aufgebrochen, bevor wir reinkamen.“
„Vielleicht die Bravos?“, meinte Chris hoffnungsvoll.
Wesker nickte. „Daran habe ich auch gedacht. Hilfe sollte unterwegs sein, vorausgesetzt, unser ,Freund‘ Mister Vickers hat sich bequemt, Alarm zu schlagen.“
Seine Stimme troff vor Sarkasmus, und Jill spürte, wie in ihr selbst Zorn aufflammte. Brad hatte Riesenmist gebaut – seine Feigheit hätte sie alle um ein Haar das Leben gekostet. Was er getan hatte, war unentschuldbar.
Wesker durchquerte die Halle bis
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