Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
Behauptung schien er überhaupt nicht froh über ihr unverhofftes Wiedersehen …
Aufpassen und abwarten, flüsterte es in ihrem Kopf. Im Moment konnte sie nicht mehr tun.
Mit erhobenem Colt näherte sich Barry der rechten Tür. Er zog am Griff und öffnete sie – dahinter lag ein weiterer düsterer Tunnel.
Ein paar Schritte entfernt befand sich rechter Hand noch eine Metalltür. Ihr gegenüber führte der Gang in fast vollkommene Finsternis. Barry zeigte auf die Tür, und Jill nickte. Er drückte die Tür auf, und gemeinsam betraten sie einen weiteren stillen Korridor.
Jill seufzte insgeheim, als sie die nackten Felswände musterte, und wünschte sich, sie hätte ein Stück Kreide besessen. Der Tunnel, in dem sie sich jetzt befanden und der nach links hin anstieg, unterschied sich kaum von den anderen. Sie kam sich schon jetzt verloren vor und hoffte, dass es nicht allzu viele Kurven und Abzweigungen gab.
„Hallo? Wer ist da?“ Irgendwo vor ihnen erklangen die Rufe einer tiefen, vertrauten Stimme. Die Worte hallten im Gang wider.
„Enrico?“, rief Jill.
„Jill? Bist du das?“
Aufgeregt rannte Jill die wenigen Schritte bis zur Gangbiegung und weiter. Barry war dicht hinter ihr. Der Führer des Bravo-Teams war also noch am Leben. Irgendwie hatte es ihn hier herunter verschlagen …
Jill bog um die nächste Ecke und sah Enrico Marini an der Wand sitzen. Der Tunnel verbreiterte sich an der Stelle und mündete in einen schattenerfüllten Alkoven.
„Stehen bleiben! Keinen Schritt weiter!“
Jill erstarrte, den Blick auf die Beretta gerichtet, die Enrico auf sie richtete. Er war verletzt, Blut tropfte von seinem Bein und bildete eine Pfütze auf dem Boden.
„Ist jemand bei dir, Jill?“ Seine dunklen Augen waren schmal vor Misstrauen. Das schwarze Mündungsloch seiner Halbautomatischen zitterte nicht im Geringsten.
„Barry ist auch hier – Enrico, was ist passiert? Was soll das?“
Als Barry hinter der Ecke hervortrat, starrte Enrico sie beide für einen langen Moment mit nervös hin- und herhuschendem Blick an – dann entspannte er sich und senkte die Pistole, während er sich wieder gegen den Stein lehnte. Barry und Jill eilten zu ihm und gingen neben dem verwundeten Bravo in die Hocke.
„Tut mir leid“, sagte er schwach. „Ich musste sichergehen …“
Es war, als hätten ihn das Heben der Waffe und seine Worte von eben das letzte Quäntchen Kraft gekostet. Sanft nahm Jill Enricos Hand, dessen Blässe sie beunruhigte. Seine Hose war mit Blut getränkt, das aus seinem Schenkel quoll.
„Diese ganze Sache war ein abgekartetes Spiel“, keuchte er und starrte Jill aus wässrigen Augen an. „Ich hab mich verirrt, bin über den Zaun geklettert und auf die Tunnel gestoßen … Hab das Papier gefunden … Umbrella wusste die ganze Zeit Bescheid …“
Barry machte einen betroffenen Eindruck. Sein Gesicht war fast so bleich wie das von Enrico. „Halt durch, Rico. Wir bringen dich hier raus, du musst nur ruhig liegen bleiben …“
Enrico schüttelte den Kopf, sah immer nur Jill an. „Unter den S.T.A.R.S.-Leuten befindet sich ein Verräter“, flüsterte er. „Er hat –“
Bamm! Bamm!
Enricos Körper zuckte, als plötzlich zwei Löcher in seiner Brust erschienen, aus denen Blut spritzte. Durch die widerhallenden Echos der Schüsse drangen schwach die Schritte einer den Gang entlangrennenden Person.
Barry fuhr hoch und stürmte um die Ecke, während Jill Enricos zitternde Hand in hilfloser Ohnmacht drückte. Ihr Herz raste. Ihr wurde übel. Enrico sank nach vorn. Er war tot, noch ehe er den kalten Felsboden berührte.
Während auch Barrys Schritte verklangen und die Stille zurückkehrte, schwirrte Jill der Kopf. Was für ein Papier hatte der Bravo gefunden? Als Enrico „Verräter“ gesagt hatte, war ihr sofort Barry in den Sinn gekommen, weil er sich so merkwürdig benahm – aber er war direkt neben ihr gewesen, als die Schüsse abgefeuert worden waren.
Wer also hat es getan? Von wem hat Trent gesprochen? Wen hat Enrico beschuldigen wollen?
Mit dem Gefühl, verloren und allein zu sein, hielt Jill Enricos erkaltende Hand umfasst und wartete auf Barrys Rückkehr.
Rebecca durchwühlte einen alten Schrankkoffer, der an einer Wand des gerade betretenen Raumes stand. Die Stirn in Falten gelegt, blätterte sie in Stößen von Papieren, während Chris das restliche Zimmer unter die Lupe nahm. Eine zerwühlte Liege, ein Schreibtisch und ein hohes, altertümliches Bücherregal waren die
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