Resident Evil - Sammelband 01 - Die Geburt des Boesen
sein Pokerface. Wesker hatte auch nicht viel für Irons übrig und versuchte ihm gegenüber gar nicht erst, mehr als höflich zu sein. Und dem Blitzen in seinen Augen nach zu urteilen, war es Wesker auch egal, wer dies durchschaute.
Chris betrat das Büro und blieb an dem Schreibtisch stehen, den er sich mit Ken Sullivan vom Bravo-Team teilte. Da die Teams normalerweise verschiedene Schichten schoben, brauchten sie nicht viel Platz. Chris stellte die ungeöffnete Mineralwasserdose auf den ramponierten Schreibtisch und sah Wesker an.
„Sie schicken Bravo rein?“
Der Captain erwiderte den Blick ausdruckslos, die Arme vor der Brust verschränkt. „Vorschrift, Chris.“
Chris nahm stirnrunzelnd Platz. „Ja, aber nach dem, was wir vorige Woche besprochen hatten, dachte ich –“
Irons fiel ihm ins Wort: „ Ich habe den Befehl gegeben, Redfield. Ich weiß, dass Sie glauben, hier spiele sich irgendeine Spionagegeschichte ab, aber ich sehe keinerlei Grund, um von den Richtlinien abzuweichen.“
Scheinheiliger Wichser …
Chris zwang sich zu einem Lächeln, von dem er wusste, dass es Irons ärgern würde. „Natürlich, Sir. Mir gegenüber müssen Sie sich nicht rechtfertigen.“
Einen Moment lang blickte Irons ihn aus zuckenden Schweinsäuglein an, dann beschloss er offenbar, es dabei bewenden zu lassen. Er wandte sich wieder Wesker zu. „Ich erwarte einen Bericht, sobald Bravo zurück ist. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, Captain …“
Wesker nickte. „Chief.“
Irons stolzierte an Chris vorbei aus dem Raum. Er war kaum fort, als Barry auch schon loslegte. „Meint ihr, der Chief hat heute schon einen Haufen in die Schüssel gesetzt? Vielleicht sollten wir Weihnachten alle zusammenlegen, um ihm ein wirksames Abführmittel zu kaufen.“
Joseph und Brad lachten, aber Chris konnte sich nicht dazu durchringen, mit einzustimmen. Irons war eine Witzfigur, aber seine fehlerhafte Handhabung dieser Ermittlungen war alles andere als spaßig. S.T.A.R.S. hätte von Anfang an miteinbezogen werden müssen, statt dem RCPD als Sicherheitsreserve zu dienen.
Er sah wieder zu Wesker. Es war schwer, etwas aus der stets gefassten Miene dieses Mannes herauszulesen. Wesker hatte die Raccoon-S.T.A.R.S. erst vor einigen Monaten übernommen, war vom New Yorker Hauptsitz hierher versetzt worden, und Chris hatte noch immer keinen wirklichen Einblick in seinen Charakter gewonnen. Der neue Captain schien seinem Ruf voll und ganz zu entsprechen: souverän, routiniert, gelassen – aber er strahlte auch eine gewisse Distanz aus, als sei er dem Geschehen oft weit entrückt …
Wesker seufzte und erhob sich. „Tut mir leid, Chris. Ich weiß, Sie wollten, dass die Sache anders läuft, aber Irons legte nicht sonderlich viel Wert auf Ihre … Bedenken.“
Chris nickte. Wesker konnte Empfehlungen aussprechen, aber Irons war der Einzige, der den Status einer laufenden Mission erhöhen konnte. „Nicht Ihre Schuld.“
Barry kam auf sie zu und rieb sich dabei mit einer seiner riesigen Fäuste den kurzen rötlichen Bart. Barry Burton war nur einsachtzig groß, aber gebaut wie ein Truck. Seine einzige Leidenschaft neben seiner Familie und seiner Waffensammlung war Gewichtheben, was sich schwerlich verbergen ließ.
„Nur keine Aufregung, Chris! Marini alarmiert uns, sobald Ärger in der Luft liegt. Irons will dir nur die Laune vermiesen.“
Chris nickte erneut, aber die Sache gefiel ihm nicht. Zum Teufel, Enrico Marini und Forest Speyer waren die einzigen erfahrenen Soldaten im Bravo-Team. Ken Sullivan war ein guter Späher und ein brillanter Chemiker, aber trotz seiner S.T.A.R.S.-Ausbildung traf er nicht mal die Längsseite einer Scheune. Richard Aiken war ein Kommunikations-Experte der Spitzenklasse, aber auch ihm mangelte es an Kampferfahrung. Vervollständigt wurde das Bravo-Team durch Rebecca Chambers, die erst seit drei Wochen zu S.T.A.R.S. gehörte und angeblich eine Art medizinisches Genie war. Chris war ihr ein paar Mal begegnet. Sie schien ziemlich helle zu sein, aber trotzdem war sie, was ihre Erfahrung anging, noch ein halbes Kind.
Das reicht nicht. Selbst mit uns allen zusammen reicht es womöglich nicht.
Er öffnete sein Mineralwasser, trank aber nicht davon. Stattdessen fragte er sich, womit S.T.A.R.S. es hier zu tun hatte, und Billys flehende, verzweifelt hervorgestoßenen Worte hallten neuerlich in ihm wider.
„Die werden mich umbringen, Chris! Die werden jeden umbringen, der Bescheid weiß! Triff mich bei
Weitere Kostenlose Bücher