Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
Es traf ihn wie ein Schlag, und er sah, dass Jill ebenfalls darauf gekommen war, jedenfalls dem Blick nach zu schließen, mit dem sie ihn aus großen, blinzelnden Augen anstarrte.
Das Heulen des Nemesis-Ungeheuers ließ nach, doch dafür hatte ein feuchtes Schlurfen eingesetzt, das Geräusch von etwas Großem und Klebrigem, das sich langsam, aber unaufhaltsam über Beton schleppte.
Es kommt, um sie zu holen.
„Kannst du damit umgehen?“, fragte Carlos und wappnete sich bereits für eine Konfrontation mit dem, was aus Nemesis geworden war.
„Vielleicht, aber … “
Carlos unterbrach sie. „Ich lenke das Biest ab – bring du dieses Ding hier zum Laufen und sag mir Bescheid, sobald ich mich ducken muss.“
Bevor Jill protestieren konnte, eilte Carlos an ihr vorbei, entschlossen zu tun, was immer er konnte, um das Monster von ihr fernzuhalten. Wenigstens ist es langsamer als zuvor, und wenn ich es nur noch ein wenig aufhalten kann …
Er erreichte das Ende der aus Apparaturen bestehenden Wand, holte tief Luft, trat um die Ecke – und schrie unwillkürlich beim Anblick der triefenden, wogenden Masse, die auf ihn zukroch, vor Ekel auf!
Das Ding krabbelte und zog sich mit klauenbewehrten, formlosen Auswüchsen in der Farbe von Brandblasen vorwärts. Fleischige Klumpen hoben und senkten sich auf seinem verdrehten Rücken wie Blasen auf heißem Eintopf; dünne, schwarze Flüssigkeit rann aus Dutzenden kleiner Schlitze, die über den Leib verteilt waren, nässten den Boden und schmierten dem Wesen den Weg.
Carlos suchte sich einen etwas erhobenen Klumpen an der Oberseite der riesigen, pulsierenden Kreatur aus und eröffnete das Feuer. Die Kugeln klatschten in die fleischige Oberfläche wie Kieselsteine in einen Fluss, tat-tat-tat …
… und blitzschnell schnellte einer der Tentakel an der Vorderseite des Körpers vor und traf Carlos’ Beine hart genug, um ihn damit zu Fall zu bringen.
Carlos kroch rückwärts davon. Seine Seite schmerzte. Die unfassbare Geschwindigkeit, die das Ding an den Tag legte, erstaunte und ängstigte ihn mehr als nur ein wenig. Die gesamte Masse bewegte sich langsam, doch ihre Reflexe waren wahnsinnig schnell. Es hatte eine Distanz von drei Metern überbrückt, um ihn zu Fall zu bringen, und das scheinbar mühelos.
„ Puta madre! “, keuchte er den schlimmsten Fluch, der ihm einfiel, während er sich herumrollte, auf die Beine kam und zurückwich. Das Ding hatte bereits die Ecke der Metallwand erreicht, war nur noch zehn Meter oder weniger von der Kanone entfernt, wo Jill wie wild auf Schalter einhieb. Er hatte das Monstrum in etwa so wirkungsvoll irritiert, wie eine Fliege ein Flugzeug abzulenken vermochte. Wie viel Zeit bleibt uns noch bis Tagesanbruch?
Plötzlich heulte das Ding von neuem auf, ein Chor von Lauten. Die kleinen, triefenden Schlitze seines Leibes klafften auf, und tausend Mäuler kreischten, erzeugten ein trompetenartiges, ohrenbetäubendes Brüllen.
Es wollte nicht aufhören. Carlos wich weiter zurück und schoss erneut – Munitionsverschwendung, aber es gab sonst nichts, was er hätte tun können.
Und dann hörte er das machtvolle, sich steigernde Summen einer gewaltigen Turbine, die sich schneller und schneller drehte, und Jill schrie ihm zu, sich endlich in Bewegung zu setzen, und Carlos gehorchte.
Den Hauptschalter hatte Jill nicht finden können – auch keine Knöpfe oder Kabel, die miteinander verbunden werden mussten, und sie kannte sich mit Maschinen nicht gut genug aus, um es auszuknobeln. Sie hatte gesehen, wie Carlos stürzte, und ihr hatte das Herz gestockt. Trotzdem hatte sie sich gezwungen, es weiter zu versuchen, weil sie wusste, dass es alles war, was sie noch hatten.
Nach einer Sekunde verzweifelten Suchens hatte sie die Einschalttasten am Unterbau gefunden, und die Maschine war summend zu wundervollem Leben erwacht.
„Los, beweg dich!“ , rief Jill und drückte die Hebel, die die Kanone langsam und präzise anhoben. Die Bewegung wurde auf einem kleinen Bildschirm neben dem Unterbau angezeigt. Jill konnte spüren, wie sich die Energie aufbaute, wie sich die umgebende Luft erhitzte, und als Carlos aus der Schussbahn war und das Nemesis-Wesen heranglitt, empfand sie eine angenehme Spannung. Ein heftiges Gefühl von Selbstzufriedenheit überwältigte sie beinahe.
Das Ding hatte Brad Vickers getötet und sie gnadenlos durch die ganze Stadt verfolgt. Es hatte das Rettungsteam ermordet; seinetwegen saßen sie überhaupt in Raccoon fest; es
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