Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
entkommen.
Sie jagte durch den Korridor, angelte sich die Beretta vom Boden auf und hetzte in den nächsten Raum und weiter, hinaus auf den Gang.
Wenigstens blieb ihr jetzt Zeit, um den Hilferuf abzusetzen. Vielleicht würde sie nicht lange genug überleben, um gerettet zu werden, aber wenigstens Carlos konnte es noch schaffen – so Gott es wollte.
Es gab nur einen Hubschrauber, aber er war in tadellosem Zustand, aufgetankt und flugbereit. Wenn er Jill fand, hielt Carlos es für möglich, dass sie es trotz allem noch schaffen konnten.
Er saß im Pilotensitz, ließ den Blick über die Instrumente wandern und ging die grundlegenden Dinge durch, so gut er sich noch daran erinnerte. Ein anderer Söldner ohne offizielle Ausbildung hatte ihm den Umgang mit Helikoptern beigebracht. Es war eine Weile her, aber er war ziemlich sicher, dass er es hinkriegen würde. Der Hubschrauber war ein älteres, zweisitziges Modell mit einer Schwebeflughöhe von etwa viertausend Fuß, Reichweite wahrscheinlich zweihundert Meilen. Er wusste nicht, wofür einige der Schalter und Knöpfe auf dem Armaturenbrett gut waren, aber das brauchte er auch nicht, um das Ding in die Luft zu bekommen. Der Steuerknüppel bewegte den Vogel vorwärts, rückwärts und zur Seite. Die Collective Control veränderte die Schubkraft und kontrollierte die Höhe.
Carlos sah auf seine Uhr und war unangenehm überrascht, dass bereits zwanzig Minuten vergangen waren, seit er die Nachricht über die Raketen gehört hatte. Er hatte ein paar Minuten damit zugebracht, den Helikopter zu überprüfen, und ein paar Zombies waren über den Hof gestreift, die er hatte erschießen müssen …
Egal. Jetzt hatten sie noch zwanzig bis vierzig Minuten, höchstens. Das Gelände der Anlage war zu groß, er würde es in der zur Verfügung stehenden Zeit nie und nimmer komplett absuchen können.
Dann benutz das gottverdammte Funkgerät, Idiot!
Carlos griff nach dem Headset, erstaunt, dass er nicht eher daran gedacht hatte; er schwor, dass er sich deswegen später ohrfeigen würde. Vorausgesetzt es gab ein Später.
„Hallo, hier spricht Carlos Oliveira von Umbrella. Ich bin in Raccoon City, copy ? Hier sind noch ein paar Überlebende. Wenn Sie mich hören können, stoppen Sie den Raketenabschuss. Hallo? Copy?“
Es war unmöglich zu sagen, ob sein Funkspruch von jemandem empfangen wurde. Umbrella blockierte vermutlich alle ausgehenden Signale, trotzdem musste er es weiter versuchen und …
„Carlos? Bist du das, over?“
Jill!
Er fühlte sich vor Erleichterung ganz schwach, als ihre Stimme in seinem Ohr knisterte, vielleicht das herrlichste Geräusch, das er je vernommen hatte. „Ja! Jill, ich habe einen Hubschrauber gefunden, wir müssen hier raus, und zwar sofort! Wo bist du, over?“
„In einem Funkraum in der Umbrella-Anlage – was sagtest du da gerade von wegen Raketenabschuss, over?“
Sie war so nahe! Carlos lachte. Wir sind aus dem Schneider! „Das FBI wird die Stadt in einer halben Stunde oder so in die Luft jagen, bei Tagesanbruch, aber es ist okay, wir sind abflugbereit – siehst du die Leiter in der Mitte des Raumes? Over.“
„Ja, es … die jagen Raccoon hoch? Bist du dir da ganz sicher?“ Jill klang völlig bestürzt und vergaß, sich an die Funkdisziplin zu halten.
Für so was haben wir keine Zeit!
„Jill, ich bin sicher. Hör mir zu – steig die Leiter runter und renn! Du landest dort, wo ich bin, du kannst dich nicht verirren. Durch einen betonierten Raum zum Ausgangschild, dann hinaus, dann durch dieses riesige Lagerhaus! Da drin ist eine Art Stromgenerator, und du musst um ein paar Apparaturen herumlaufen. Die Hintertür befindet sich auf etwa … elf Uhr von der Vorderseite aus gesehen, verstanden? Ich bin auf der anderen Seite. Und du nimmst besser die Beine in die Hand, um hierher zu kommen, nicht trödeln!“
Es gab eine winzige Pause, und Carlos meinte das knappe Lächeln in ihrem Gesicht zu sehen, als sie erwiderte: „Trödeln? Das hättest du wohl gern. Bin schon unterwegs, over and out.“
Grinsend startete Carlos den Helikopter, während der tiefblaue Himmel heller zu werden begann und die Morgendämmerung erwartete.
SIEBENUNDZWANZIG
Jill rutschte die Leiter hinab und rannte los. In ihrem Kopf wirbelten die Neuigkeiten, die sie über Raccoon erfahren hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, was während der letzten Tage außerhalb der Stadt passiert war, dass man zu dem Entschluss gelangt war, ein Quarantänegebiet einfach
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