Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
es. Wenn er kein Gefangener ist, dann arbeitet er für Umbrella und verdient einen Scheißdreck. Außerdem wird man sehr bald Truppen herschicken. Sollen die sich um ihn kümmern. Und? Kommst du jetzt mit oder nicht?“
Claire sah ihm fest in die dunklen Augen und las Zorn und Schmerz darin, beides sicherlich von Umbrella verursacht. Sie konnte ihm seine Einstellung nicht verübeln, aber sie war auch nicht seiner Meinung, nicht in Rodrigos Fall. Und sie zweifelte nicht daran, dass dieser, wenn er keine Hilfe bekam, sterben würde, noch bevor Umbrella hier aufkreuzte.
„Ich glaube nicht“, sagte sie.
Steve wandte sich ab, ging ein paar Schritte auf die Tür zu und blieb dann mit einem tiefen Seufzer stehen. Er drehte sich um, unübersehbar verärgert. „Auf gar keinen Fall riskiere ich meinen Hals, um einen Umbrella-Arbeiter zu retten, und nimm’s mir nicht übel, aber ich glaube, du bist völlig durchgeknallt, wenn du das tun willst … Aber ich werde auf dich warten, okay? Geh und bring dem Kerl ein Pflaster oder was auch immer, und dann treffen wir uns am Dock.“
Claire nickte überrascht. Das war weniger als sie erhofft, aber mehr als sie erwartet hatte, vor allem nach seinem seltsamen Andere-Menschen-werden-dich-im-Stich-lassen-Gefasel …
Oh!
Zum ersten Mal dämmerte ihr, warum Steve diese Dinge gesagt haben mochte, warum er den Schock über das, was passiert war und immer noch passierte, verleugnete. Er war schließlich ganz allein hier … kein Wunder, dass er sich mit Problemen herumschlug, die von dem Gefühl herrührten, mutterseelenallein auf der Welt zu sein.
Claire schenkte ihm ein warmes Lächeln. Sie erinnerte sich, wie wütend sie als Kind gewesen war, als ihr Vater starb. Seiner Familie entrissen zu werden, konnte nicht viel besser sein. „Es wird schön sein, wieder daheim zu sein“, sagte sie sanft. „Ich wette, deine Eltern werden sich freuen … “
Steve fiel ihr umgehend ins Wort, spöttisch und heftig. „Hör zu, komm zum Dock oder lass es sein, aber ich werde nicht den ganzen Tag warten, kapiert?“
Claire nickte erschrocken, aber Steve stürmte schon mit langen Schritten aus dem Raum. Sie wünschte, sie hätte nichts gesagt, aber es war zu spät … Wenigstens wusste sie jetzt, was sie besser nicht ansprach. Armer Kerl, wahrscheinlich vermisste er seine Eltern wie verrückt. Sie musste versuchen, ein wenig verständnisvoller zu sein.
Nach einem letzten Blick durch das seltsame kleine Zimmer machte sich Claire auf den Rückweg zur Vordertür. Sie fragte sich, was sie wegen Rodrigo unternehmen sollte. Steve hatte Recht, Umbrella hatte vielleicht schon ein Team losgeschickt, das sich um ihn kümmern konnte. Aber sie wollte ihn wenigstens stabilisieren, bevor sie ging. Sie musste ein Fläschchen mit dieser blutstillenden Flüssigkeit finden. Sie selbst wusste nicht viel über medizinische Versorgung, aber er schien der Ansicht gewesen zu sein, dass es ihm helfen würde.
Auf ihrem Weg zurück in die Eingangshalle öffnete sie die beiden anderen Türen des Flurs. Vor der ersten hielt sie kurz inne, um eine Anzahl von Porträts zu betrachten; es handelte sich um eine Art bebilderten Ahnenraum einer Familie namens Ashford. Auf dem Boden lag eine zerbrochene Urne, sonst gab es jedoch nichts von Interesse. Hinter der zweiten Tür lag ein leerer Konferenzraum, darin ein paar verstreute Papiere und sonst nur Stille.
Claire trat wieder in die Empfangshalle und beschloss, sich noch im Obergeschoss umzusehen, bevor sie den Weg zurückging. Direkt über der Brücke zum Gefängnis – und war sie nicht ganz heiß darauf, diesen knarrenden Alptraum erneut zu überqueren? – befand sich eine Tür, an der sie achtlos vorbeigegangen war, um Steves Spur nicht zu verlieren …
Ein winziges rotes Licht am Boden zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Es war wie der Punkt eines dieser Laser-Pointer. Ihr Geometrie-Professor hatte so einen benutzt. Das kleine Licht zuckte auf sie zu, und Claire sah nach oben, ihr Blick folgte einem bleistiftdünnen Strahl bis zu …
Sie warf sich in Deckung, als der erste Schuss nur Zentimeter von der Stelle entfernt einschlug, an der sie eben noch gestanden hatte. Keramiksplitter wirbelten umher. Sie schlug hinter einer der Ziersäulen zu Boden, als bereits der zweite Schuss durch die Halle dröhnte und weitere Fliesen zerbersten ließ.
Claire richtete sich in die Hocke auf, versuchte sich so klein wie möglich zu machen und fragte sich, ob sie tatsächlich gesehen
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