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Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)

Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)

Titel: Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Berndt
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wenn Menschen robust sind, Energie versprühen und ein aktives, sozial verbindliches Wesen haben. Beziehungen machen stark – und Stärke schafft Beziehungen, es ist ein doppelter Gewinn.
    Das Ergebnis jedenfalls ist, dass sich Menschen, die psychisch besonders widerstandsfähig sind, meist auch besonders sicher und in ihrer Welt geborgen fühlen. Sie fügen sich wie der junge Sozialdemokrat Vegard Grøslie Wennesland, der das Grauen von Utøya recht unbeschadet überstand, gut in Gruppen ein, sie sind verträglich, engagiert, begeisterungsfähig und gewissenhaft. Sie sind eher extrovertiert, freuen sich auf neue Erlebnisse ebenso wie auf andere Personen. Und in Krisensituationen haben sie ein verlässliches Umfeld, in dem sie Unterstützung und Rat finden, wie man Probleme konstruktiv löst.
Die Widerstandskraft ist auch eine Frage des Frusts
    Susanne hat den Psychologen besonders beeindruckt. Als Friedrich Lösel das Mädchen kennenlernte, war es 15 Jahre alt. Das war Anfang der 1990er-Jahre, und Lösel arbeitete als Professor an der Universität Bielefeld. Damals begannen sich Psychologen wie er für die Stärken von Menschen statt für ihre Schwächen zu interessieren. Sie wollten ihre Potenziale kennenlernen – herausfinden, wie sie schwerwiegende Probleme lösten, ohne dafür mit ihrer seelischen Gesundheit zubezahlen. Das ließe sich am ehesten ergründen, dachten sich die Wissenschaftler, wenn sie Menschen erforschten, die besonders große Herausforderungen zu bewältigen hatten. Deshalb suchten sie sich als Testpersonen Teenager mit einer Fülle von Schwierigkeiten. Und die fanden sie am ehesten am Rande der Gesellschaft – in Milieus, in denen Drogen und Gewalt zum Alltag gehörten, häufig ein Elternteil fehlte und der verbliebene mit der Erziehung überfordert war.
    Susanne war so eine Jugendliche. Und sie war eine, die sich trotz allem nicht unterkriegen ließ. Dabei bot ihre Kindheit allen Stoff für so furchtbare Geschichten, wie man sie sonst nur im Kino sieht. Der Vater ertränkte seine Sorgen und die Erinnerungen an die eigene schreckliche Kindheit im Alkohol; die Mutter nahm – nur um ihr Dasein überhaupt irgendwie ertragen zu können – täglich so viele Tabletten, dass diese ihre Seele auffraßen.
    Als Susanne fünf Jahre alt war, gab es einen kurzen Lichtblick: Da trennten sich ihre Eltern. Doch die Mutter suchte sich schnell neue Männer, immer wieder andere, die Susanne entweder schlecht oder noch schlechter behandelten. Einen, von dem die Mutter ihr drittes Kind bekam, heiratete sie. Das war leider nicht der beste ihrer zahlreichen Liebhaber, auch nicht für Susanne. Der Stiefvater misshandelte das Kind und die Mutter. So begann Susanne als 12-Jährige selbst damit, im Übermaß Alkohol zu trinken – was sich letztlich als gar nicht so schlecht erwies. Denn so fiel sie wenigstens den Behörden auf. Weil die Polizei die Jugendliche immer wieder schwer betrunken auflas, wies das Jugendamt Susanne in ein Heim ein. Schließlich gab es dann doch noch eine glückliche Wende in ihrem Leben: Sie kam zu einer Pflegemutter, zu der sie eine gute Beziehung aufbauen konnte, die sie verstand, ihre Sorgen teilte, ihr Werte vermittelte und sie unterstützte. Susanne brauchte keinen Alkohol mehr, sie ging wieder zur Schule, sogar aufs Gymnasium – und führte ein abwechslungsreiches Teenagerleben, in dem sie Freunde hatte und viele verschiedene Interessen.
    Susanne war eine der 146 Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen, die Friedrich Lösel in den 1990er-Jahren gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Doris Bender im Rahmender »Bielefelder Invulnerabilitätsstudie« befragte. 80 dieser jungen Leute aus Heimen der Wohlfahrtspflege schmissen die Schule hin, nahmen Drogen oder übten Gewalt aus.
    Ähnlich wie Susanne aber schaffte es fast die Hälfte von ihnen, ihre schreckliche Kindheit hinter sich zu lassen, ohne eine psychische Krankheit zu entwickeln oder dauerhaft auffällig zu werden. Das war ein ähnlich hoher Anteil wie bei den Kindern von Kauai, wo etwa jedes dritte genügend seelische Widerstandskraft besaß, um sein Leben nicht in solch desaströsen Verhältnissen fortzuführen, wie es begonnen hatte. Wie die resilienten hawaiianischen Kinder zeichneten sich auch die lebenstüchtigen Bielefelder Jugendlichen vor allem dadurch aus, dass sie eine Person außerhalb ihrer schwierigen Familie hatten, die sich liebevoll um sie sorgte, die ihnen – wie Susannes Pflegemutter – ein Vorbild war und

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