Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)
ihres Berufslebens seelisch schwer.
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So eine Chance bekommen Wissenschaftler nur einmal im Leben: Es war ein unglaubliches Glücksgefühl, das Terrie Moffitt erfasste, als sie Anfang der 1980er-Jahre die Zusage aus Neuseeland erhielt. Sie durfte mithelfen, einen Schatz zu heben! Auf dem Inselstaat hatte ein Psychologe schon mehr als zehn Jahre zuvor die Eltern sämtlicher Kinder für sich gewinnen können, die während eines Jahres im Queen Mary Hospital der Stadt Dunedin zur Welt gekommen waren. Der Mann hatte einen großen Plan: Über Jahrzehnte sollten die 1037 Kinder, die zwischen April 1972 und März 1973 geboren worden waren, regelmäßig untersucht werden. So wollte der Psychologe den Ursachen von Gesundheits- und Entwicklungsproblemen auf die Spur kommen.
Als Terrie Moffitt im Jahr 1984 einstieg, waren die Grundlagen für die Bergung des Datenschatzes also gelegt. Sie musste ihn nun mehren und auf möglichst gewinnbringende Art auswerten. Bis heute arbeitet die in Nürnberg geborene, aber in den USA aufgewachsene Psychologin gemeinsam mit ihrem israelischen Kollegen und Partner Avshalom Caspi an dem Projekt mit. Immer wieder haben Moffitt und Caspi in dieser Zeit mehr als überraschende Forschungsergebnisse präsentiert. Man könnte sagen, sie haben mit Hilfe der Kinder von Dunedin den Blick auf die Macht der Gene revolutioniert.
Terrie Moffitt sammelte eine Unmenge von Daten. Regelmäßigbefragte sie die Kinder nach ihrem Leben, erfasste ihre Krankheiten, notierte die Widrigkeiten, denen die Kleinen begegneten. Haarklein schrieb sie auf, welche Kinder unter günstigen Bedingungen aufwuchsen und welche ein problematisches Elternhaus hatten. Und sie hielt fest, wie die Kinder, die nach und nach erwachsen wurden und inzwischen schon ihren 40. Geburtstag hinter sich haben, ihr Leben gestalteten – ob sie aggressiv waren oder sozial integriert, ob sie heirateten oder für immer allein blieben. Hinter all dem stand eine große Frage: Warum richten belastende Ereignisse im Leben bei manchen Menschen dauerhaft Schaden an der Seele an, während andere dagegen immun zu sein scheinen?
Eines Tages, im Jahr 1996, lasen Moffitt und Caspi eine wegweisende Publikation. Ein deutsches Forscherteam um Klaus-Peter Lesch hatte einen erstaunlichen Fund veröffentlicht: Die Psychiater und Genetiker aus Leschs Team hatten erstmals gezeigt, dass die Ängstlichkeit eines Menschen und seine emotionale Labilität offenbar davon abhängen, welche Variante eines bestimmten Gens er besitzt. Das war ein überaus faszinierender Fund: Ein einzelnes Gen sollte direkten Einfluss auf die Seele des Menschen haben!
Das Gen, um das es geht, heißt 5-HTT. Es enthält die Bauanleitung für den sogenannten Serotonintransporter. Das ist ein Molekül, das im Gehirn dafür sorgt, die Wirkung des Biomoleküls Serotonin zu beenden. Im Volksmund wird Serotonin gern als »Glückshormon« bezeichnet; Wissenschaftler nennen es weniger griffig einen Hirnbotenstoff oder einen Neurotransmitter, weil das Molekül Signale an die Nervenzellen im Gehirn übermittelt. In mäßigen Mengen macht Serotonin euphorisch, vertreibt Ängste und hemmt Aggressionen. Wenn zu viel davon im Gehirn herumschwimmt, kann es aber auch Halluzinationen hervorrufen. Der Körper ist also durchaus bemüht, dafür zu sorgen, dass die Wirkung des Serotonins auch wieder ein Ende findet. Dafür braucht er die Serotonintransporter, die das Glückshormon fortschaffen.
Aufgrund seiner vielfältigen Wirkungen vermittelt das Glückshormon also nicht nur Wohlgefühl, sondern auch psychische Stärke. Das war längst klar, als Klaus-Peter Lesch seineArbeiten begann. Zwar nützt es wenig, Serotonin in Tablettenform einzunehmen, um seine Ängste zu vertreiben. Auch entbehrt der Glaube, dass serotoninreiche Lebensmittel wie Schokolade und Bananen die Stimmung wegen ihres Gehalts an dem Glückshormon aufhellen, jeder wissenschaftlichen Grundlage. Denn das Hormon kann gar nicht aus dem Magen an die wichtigen Stellen im Gehirn gelangen. Mit Eingriffen in den Serotoninstoffwechsel aber können Psychiater dem Glück auf die Sprünge helfen.
Schon seit vielen Jahren gibt es eine stattliche Zahl von Medikamenten, die Krankheiten der Seele lindern, indem sie selbst an den Serotoninschaltstellen wirken. Diese Arzneimittel beeinflussen die Bildung, die Wirkung, den Transport oder auch den Abbau des Glückshormons. Ihre Anwendung ist ebenso vielfältig
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