Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)
eingesetzt, die Kindern Selbstbewusstsein geben sollen und ihnen Fähigkeiten vermitteln, wie sie mit Konflikten und Herausforderungen umgehen können. Das Kapitel gibt einen Einblick in die Strategien, die solche Programme nutzen, sodass Eltern sich davon etwas abschauen können. Nicht umsonst binden viele der professionellen Stärkentrainings auch die Eltern mit ein – dann sind sie nämlich erheblich erfolgreicher, als wenn allein die Kinder gecoacht werden.
Das Wissen um die Bedeutung der Resilienz bereitet Eltern aber auch neue Sorgen. Viele fragen sich: Wenn liebevolle Zuwendung so gravierende und lebenslange Auswirkungen auf das psychische und körperliche Wohlbefindenhat: Brauchen Kinder ihre Eltern dann nicht rund um die Uhr? Sollte sich ein Elternteil also doch besser voll auf die Erziehung der Kinder konzentrieren, statt einem Beruf nachzugehen und die Kleinen der Obhut von Erzieherinnen zu überlassen? Hier gibt es Entwarnung. Die Sorgen sind unberechtigt, wie 50 Jahre Forschung zur Fremdbetreuung mehr als überzeugend belegt haben. Demnach beruhen die vor allem in Deutschland verbreiteten Vorbehalte gegenüber einer frühen Außerhausbetreuung auf Ideologie und nicht auf Fakten. Kinder, deren Mütter schon bald nach der Geburt wieder arbeiten gehen, entwickeln nicht häufiger Verhaltensprobleme, Ängste oder psychosomatisches Bauchweh und sind nicht weniger fröhlich als Kinder von Vollzeit-Hausfrauen. Im Gegenteil. Kindern nützen Krippen sogar: Längst sind sich Entwicklungspsychologen weitestgehend einig darin, dass die Kleinen gerade in Krippen und Kindergärten wichtige Erfahrungen sammeln, die sie zu starken Persönlichkeiten werden lassen.
»Man soll seine Kinder nicht in Watte packen«
Eltern von heute sind vor allem besorgt. Sie haben gewiss auch noch andere Eigenschaften. Sie sind sicher oft stolz, sie sind sehr gestresst, sie haben viel Spaß mit ihrem Nachwuchs und sie leiden, vor allem wenn die Kinder noch klein sind, überproportional häufig unter lästigen Erkältungen und grässlichen Magen-Darm-Grippen. Zuvorderst aber scheinen sie besorgt zu sein: Sie fragen sich, ob sie einen Krippen- oder Kindergartenplatz bekommen, welche Schule sie für ihre Sprösslinge wählen sollen, wie sie das Beste für deren Gesundheit tun und wie sie ihnen jedwede Unbill des Lebens möglichst lange vom Hals halten können. Denn während sie selbst unter ihren vielfältigen Belastungen nur noch selten wirklich glücklich sind, wollen sie eine sorglose Kindheit für ihren Nachwuchs. Unbedingt.
Wenn Kinder besonders behütet groß werden, scheint sich das aber nicht unbedingt so günstig auf deren Gesundheit auszuwirken, wie sich Eltern das oft vorstellen. Die psychische Stärke nämlich wächst erst an den giftigen Attacken des Lebens, an den Auseinandersetzungen mit den Eltern oder Freunden und an Problemen, die es zu meistern gilt. Vorausgesetzt, der Streit legt sich auch wieder und die Schwierigkeiten arten nicht zur Katastrophe aus.
»Resilienz scheint sich in einem Kind jedes Mal dann zu bilden, wenn es zwischen Eltern und Kind einen Moment des gestörten Gleichgewichts gibt und darauf die Reparatur folgt«, sagt die Psychologin Julia Kim-Cohen. Im Streit wachsen die Stresslevel in den Kindern, und wenn diese dann auf Normalniveau zurückkehren, entwickelt sich Resilienz. »Deshalb«, sagt Kim-Cohen, »ist ein gewisses Maß an Stress und Uneinigkeit wichtig, um Gelegenheiten für erfolgreichen Schutz zu schaffen.«
Aber was ist das richtige Maß? Das ist eines der Lieblingsthemen des Erlanger Resilienzforschers Friedrich Lösel. Im Gespräch erklärt er, was er damit meint.
Zu Ihren oft zitierten Äußerungen gehört der Rat: »Man soll seine Kinder nicht in Watte packen.« Warum eigentlich nicht?
Wir haben heute diesen Typus von Eltern, die ihren Kindern ständig helfen. Das ist auch gut, wenn das Kind in Schwierigkeiten ist. Aber es darf nicht übertrieben werden. Man darf dem Kind nicht alles abnehmen. Schwierigkeiten gehören zum Leben dazu. Zum Leben der Eltern ebenso wie zum Leben der Kinder. Das muss man sich immer wieder klarmachen. Man kann Schwierigkeiten auch einfach mal akzeptieren und trotzdem glücklich sein.
Inwiefern bewirken Schwierigkeiten denn Gutes?
Das Kind wird sein ganzes Leben lang immer wieder mit Problemen konfrontiert sein, davor werden wir Eltern es nicht bewahren können. Es muss also die Fähigkeit entwickeln, mit Herausforderungen umzugehen – und deshalb muss
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