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Resteklicken

Resteklicken

Titel: Resteklicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meschner Moritz
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was mit ihm ist, und vor allem wie qualvoll sein Dahinscheiden war.
    »Wir haben uns gestritten«, beginnt Steffi, ohne auf eine Antwort von mir zu warten, »und jetzt ist es aus zwischen uns. Ich habe mich von ihm getrennt.«
    Gebt mir ein »B«! Gebt mir ein »I«! Gebt mir ein » NGO «!
    »Du … hast dich von ihm getrennt?«, frage ich mit gespieltem Einfühlungsvermögen und füge allen Ernstes noch hinzu: »Das tut mir leid für euch.«
    »Ich will jetzt nicht darüber reden«, sagt Steffi und zieht mich näher an sich heran.
    »Schade«, sage ich. »Ich mochte Silvio eigentlich ganz gerne.«
    Dann stoße ich völlig überraschend laut auf.
    »Du bist so ein Schwein«, stellt Steffi unbeeindruckt fest und küsst mich.
    Jawoll. Bin ich.
    Heute werde ich es Steffi richtig besorgen.
    Denke ich zum wiederholten Mal und mache Bier Nummer drei hoch zehn oder so auf.
    Seit fast zwei Stunden sitze ich auf der Couch und trinke, während Steffi im Flur bei rangezogener Wohnzimmertür telefoniert. Ihrer Lautstärke nach zu urteilen, die von Zeit zu Zeit bedrohlich anschwillt, könnte man meinen, sie telefoniert mit mir. Geht ja aber gar nicht. Ich sitze auf der Couch und verbringe den gegenwärtigen Moment damit, fernzusehen und voll zu sein.
    Ich nehme an, dass das Silvio ist, der vor geraumer Zeit hier angerufen und Steffi dazu veranlasst hat, mit ihrem Handy und einem schuldbewussten Blick das Zimmer zu verlassen. So ein Idiot. So ein Arschfotzenkopf. Ach, soll er doch machen. Soll er sie anrufen und ihr hinterhertrauern. Mich lässt das kalt. Heute bin ich Arschfotzenkopf. Und ich werde es Steffi richtig besorgen.
    Ich zünde mir eine Zigarette an und glotze in Richtung Fernsehbildschirm, auf dem der gestählte Körper des jungen Van Damme in »Bloodsport« zu sehen ist. Einer meiner absoluten Lieblingsfilme, dessen Handlung selbst von einem Einzeller nachvollzogen werden kann. Und vermutlich auch von einem Einzeller erdacht wurde. Van Damme fährt zu einer illegalen Kampfsport-Meisterschaft, die er unbedingt gewinnen will, weil er das seinem Karate-Ziehvater aus irgendwelchen fernöstlichen Gesichtsbewahrungsgründen versprochen hat, und am Ende gewinnt er auch. Ach ja, zwischendurch knallt er noch eine 80er-Jahre-Dauerwellen-Olle hinter einer hongkongschen Jalousie. Und das war es dann in Sachen Handlung. Ein wunderbarer Film! Bei dem ich immer wieder an die Geschichte des deutschen Synchronsprechers von Jean-Claude Van Damme denken muss, der den Schauspieler mal auf irgendeiner Veranstaltung getroffen hat, und prompt von Van Damme mit den Worten »Na, da kannst du ja froh sein, dass ich dich zum Millionär gemacht habe« in Empfang genommen wurde. Die Antwort des Sprechers fiel weitaus weniger launig aus, da dieser so gut wie gar nichts an der Synchronisation eines Van-Damme-Films verdiente: »Ich bin alles andere als ein Millionär! Das liegt daran, dass ich nach Takes bezahlt werde, und du fast nie etwas sagst!« Jedes Mal, wenn ich nun einen Van-Damme-Film sehe, gebe ich diese Geschichte zum Besten. Ich glaube, Steffi kennt sie schon auswendig. Trotzdem hat sie mich immer wieder angelächelt, wenn ich sie ihr erzählt habe. Steffi liebt halt meine Geschichten und Anekdoten. Steffi liebt MICH . Da kann Silvio es noch so oft versuchen, kann ihr SMS und Facebook-Nachrichten senden, am Ende bin ICH der Sieger! Was man auch daran merkt, dass Steffi im Flur Sätze wie »Ich kann so nicht weitermachen« und »Das ist nur deine Meinung« flucht. Sätze, die vor nicht allzu langer Zeit an mich adressiert waren. Sätze, die auch er nicht zu verstehen scheint, denn Steffi telefoniert immer noch mit ihm, und ich finde, so langsam könnte sie damit aufhören.
    Ich nehme einen großen Schluck Bier und starre weiter auf den Bildschirm. Gerade knallt Van Damme die Dauerwellen-Olle irgendwo im Hongkongschen, und die Ausleuchter haben genauestens darauf geachtet, dass schön viel Haut und vor allem jeder einzelne Muskel von Van Damme zu sehen ist. Vermutlich wurde ihm das vertraglich zugesichert. Wie auch immer, klar ist, dass Steffi und ich heute eine genauso tolle Nacht haben werden. Ach, was rede ich, wir werden eine viel tollere Nacht miteinander verbringen!
    Wieder nehme ich einen großen Schluck Bier. Steffi ist im Flur und schimpft. Meine Fresse, wie lange will Silvio denn noch telefonisch die Heulsuse geben? Es ist vorbei! Aus! Ende! Abgesehen davon, dass es niemals einen Anfang hätte geben dürfen, müsste spätestens

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