Resturlaub
vielleicht ein größeres Problem aufzubieten als ich. Hatte er nicht, Checko war zufrieden. »Alles subber«, sagte Checko und nippte am Wein.
Bienes und Steffis Karaokeversion von »Aber bitte mit Arne« wurde frenetisch umjubelt. Und während ich mir überlegte, ob ich mir nicht noch einen Nutella-Schnaps genehmigen sollte, rollte der rote LKW auf mich zu.
»Du bist der Nächste!«
»Bei was?«
»Deine Rede! NACH Biene und VOR dem Hirsch. Hab ich doch gesagt!«
»Okay!«, sagte ich, worauf die Entenschwester zufrieden zum Nachbartisch eilte.
»Wie war ich?«, fragte Biene, noch immer außer Atem.
»Du warst toll!«, sagte ich und umarmte sie kurz.
Dann stolperte ich vor zur kleinen Bühne, direkt neben den Hochzeitstisch. Eine Woche lang hatte ich an der Rede herumgeschrieben. Wann immer ich im Büro ein bisschen Zeit hatte, hatte ich dies ergänzt und jenes und es schließlich ausgedruckt. Ich mochte es immer ganz gerne, wenn ich was in der Hand halten konnte. Improvisieren war nicht mein Ding. Doch an diesem Abend musste ich improvisieren. Denn mein Zettel, wo auch immer er war, in meiner Anzuginnentasche war er jedenfalls nicht. Also versuchte ich zu lächeln und nahm das Mikro. Es fiepte zweimal und einige Gäste hielten sich die Ohren zu. »Eins, zwei ... Test ... Hallo Bamberg!«, sagte ich und stellte das Mikrophon höher. Dann sagte ich fast eine ganze Minute lang nichts, sondern blickte nur in die erwartungsvollen Gesichter der Hochzeitsgemeinde. Was würde er wohl erzählen, dachten sie sich, er, der fast die gesamte Trauung ruiniert hatte? Ich wusste es selbst nicht. Bis ich meinen Nussschnaps wegstellte und einfach anfing zu reden.
»Liebes Brautpaar, lieber Arne, liebe Ente! An so einem Tag wie heute, da kommt man schon mal ein bisschen ins Grübeln.
Ich hab mir zum Beispiel heute Nachmittag gedacht, wie . na ja ... wie unspektakulär so eine Hochzeit am Ende doch ist. Ich meine, gerade die Frauen träumen doch ihr halbes Leben von diesem wichtigen Tag, diesem großen Ereignis: Brautkleid, Kutsche, Traumprinz ... blabla, ihr kennt ja die ganzen bescheuerten Klischees. Und dann kommt dieser tolle Tag um die Ecke, trippeltrappel, er kommt einfach so an wie jeder andere durchschnittliche Tag auch und nach ein paar Stunden ist er wieder weg, als hätte es ihn nie gegeben. Zack! Und weg! Und wie schnell alles geht: Ja, ich will, Ja, ich will auch, Küsschen, Küsschen, Amen hier, Amen da, ein Schlückchen Wein und zehn beknackte Spiele, das war er! Der Tag eures Lebens! Das tut euch mal rein: DAVON habt ihr ein Leben lang geträumt! Zwei Küsschen und zehn beknackte Spiele! Okay. Ich hab die Hochzeitsnacht vergessen, Knick Knack, ihr wisst Bescheid. Oder Knick QUAK in eurem Fall. In der Regel auch nicht so spannend, weil nach zwei Flaschen Wein sowieso nichts mehr geht und außerdem ist die Spannung weg, weil ihr ja beide ja schon vor der Ehe gevögelt habt. Wobei, wenn ihr mir diese Bemerkung erlaubt, in Biggys Fall, pardon, im Fall der Ente, quakquak, hätte ich mir sogar vorstellen können, bis zur Hochzeit zu warten, hihi. War nur'n Spaß. Jedenfalls ... also ... mhh . wo war ich gerade noch mal?«
Es war so leise im Saal, hätte jemand eine Seite des Fränkischen Tags umgeblättert, alle wären zusammengezuckt vor Schreck.
»Du wolltest dich setzen!«, hörte ich Biene rufen.
»Genau, das war's. Danke Biene! Vielleicht darf ich euch, also dem Brautpaar, bevor ich mich setze, noch von ganzem Herzen alles Gute wünschen, auch wenn ich wahrscheinlich nie verstehen werde, warum man überhaupt heiratet. Weil . na ja . eine
Heirat für mich immer bedeutet, dass man sich ab diesem Punkt gemeinsam in die gleiche Richtung entwickelt. Entwickeln muss, pardon! Man heiratet und schwups . ab jetzt alles zusammen machen, sich einigen, arrangieren, kleinster gemeinsamer Nenner und so weiter. Da macht eine große Koalition ja noch mehr Sinn, weil die wird vorher verhandelt und geht nur vier Jahre. Weil, was ist denn in so einer Ehe, wenn jetzt zum Beispiel der Arne plötzlich Autorennen fahren will und nach Griechenland auswandern oder die Biggy ein Geschäft aufmacht und vor lauter Langweile anfängt, den Frühstückstisch schon am Abend zu decken und die T-Shirts nach Farben zu ordnen? Ja, ihr sitzt da und schaut mich schockiert an, aber so was gibt es! Wie auch immer . ich muss es ja nicht verstehen, weil ich stehe ja hier als freier Mann. So. Mehr fällt mir jetzt nicht ein, genießt jeden Tag
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