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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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fragt, nicke ich sicherheitshalber. Als ich dann aber meine Kreditkarte auf die Glasschale lege, werde ich wieder angeschaut, als wäre ich bekloppt, und wieder kommt eine Kollegin mit einem Schlüssel. Ich muss so schnell und so elegant wie möglich herausfinden, was dieses en efectivo heißt. Die Kollegin geht und die Zahlung mit meiner EC-Karte der Kreissparkasse Bamberg klappt reibungslos. Fast bin ich ein wenig enttäuscht, ich hätte mich weiter weg gefühlt, hätte es nicht funktioniert.
    Ich ziehe die Hälfte der Klamotten gleich an und stolpere ein paar Häuser weiter in ein überdimensionales, aber durchaus liebevoll renoviertes Buchgeschäft mit mehreren Ebenen und einer Galerie. Vermutlich war es früher einmal ein Kino oder ein Theater. Ich kaufe mir das Time Out Buenos Aires, einen englischsprachigen Stadtführer mit vielen Karten drin, und ein Wörterbuch Aleman - Espanol, um noch vor der Kasse nachzuschauen, was efectivo heißt. Es heißt nichts anderes als »bar«, also bedeutet » efectivo « höchstwahrscheinlich »in bar«. Klar, dass mich die Kassiererin für bekloppt hält, wenn ich sage, dass ich nicht in bar zahlen will und ihr dann freundlich lächelnd einen 50-Peso-Schein aufs Band lege. Wenigstens weiß ich es jetzt.
    Stolz gehe ich zur Kasse und sage zu einem jungen Kerl mit Glatze: »En efectivo, por favor!«
    Es klappt.
    Ich bin begeistert.
    Für zehn Sekunden bin ich ein Argentinier!
    Ich gehe nach draußen, zünde mir eine Zigarette an und suche meinen Standort auf dem Time-Out- Stadtplan. Es sind die kleinen Dinge, die meinen Fortschritt ausmachen: Nach einem halben Tag Buenos Aires kann ich immerhin schon Dinge kaufen und weiß, in welchem Viertel ich stehe. Ich mache ein Kreuzchen an die Stelle von Pedros Wohnung und laufe los. Ich gehe immer weiter, immer in Richtung meines Kreuzchens, lasse mich einfach so treiben und werde schließlich eins mit dem gleichförmigen Strom der übrigen Passanten. Für einen Augenblick kommt es mir so vor, als wäre ich bereits Teil der Stadt und lebte schon immer hier. Doch nur wenig später wird mir ein weiteres Mal klar, dass es bis dahin noch ein langer Weg sein würde.
    Zunächst denke ich, dass ich den falschen Schlüssel benutzte. Dann bin ich mir mit der Tür nicht mehr so sicher und schließlich mit dem ganzen Haus. Nervös greife ich in die Tüte, durchwühle ich die Taschen meiner kurzen Hose auf der Suche nach dem Zettel mit der Adresse. Erleichtert fische ich ihn zusammen mit meinem Kassenzettel für Putzsachen aus meiner Sommerhose.
    Pedro Cattaneo Santa Fe 1767 7E
    Ich gehe zurück in Richtung Straße und überprüfe erneut die Hausnummer. 1767. Das ist richtig. Und 7E für das Apartment. Auch richtig. Als der Schlüssel ein weiteres Mal nicht ins Schloss will, gebe ich auf und drücke den silbernen Klingelknopf der 7E.
    »iQuienes?«, fragt eine Frauenstimme über den Lautsprecher.
    Keks! Ich bin heilfroh, dass sie schon zu Hause ist, und atme befreit durch:
    »Der Peter!«
    »Lo siento pero no entiendo nada. iQuien?« tönt es aus dem Lautsprecher.
    Weil ich ein humorvoller Mensch bin und Keks ein nettes
    Mädchen, lasse ich ihr die Freude und antworte ein weiteres Mal auf ihre Frage.
    »Peter Greulich! Der neue Mieter, der Taxi getreten hat!«
    Und dann geschieht nichts mehr. Ich drücke noch einige Male auf die 7E, doch keiner rührt sich mehr. Als eine ältere Dame schließlich die Türe aufschließt, nutze ich die Gelegenheit und schleiche mich mit ihr ins Foyer. Ich fahre zur 7E und klopfe an der Tür. Doch statt Keks öffnet ein junger Mann mit BeatlesFrisur und Che-Guevara-T-Shirt die Tür und beschimpft mich, noch bevor ich etwas sagen kann.
    »iQue queres?iPor que nos molestas tanto?jNo te conocemos!«
    Ich verstehe keinen Ton und vor allem nicht, warum Pedro so sauer ist, wo Alex ihm mein Kommen doch angekündigt hat. Vielleicht habe ich ja das Bild seiner Mutter an die falsche Stelle gerückt? Zu viel von seinem Toast gefuttert? Ich kann ihn nicht mehr fragen, weil er die Tür schon wieder zugeknallt hat. Ich nehme all meinen Mut zusammen und klopfe ein weiteres Mal, doch leider bleibt die Türe zu.
    »Pedro! Yo soy Peter Greulich!«, rufe ich und ergänze: »Der Pitschi!«
    Doch ein wütendes »jAndate!« ist alles, was aus der Wohnung kommt. Da ich nicht mehr weiß, was ich machen soll, schiebe ich Alex' Zettel mit der Adresse durch den Türspalt und klopfe ein weiteres Mal. Hinter der Tür vernehme ich ein Stöhnen.

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