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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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aufgeflogen bin, als ich mir eine Winterjacke kaufen konnte.
    »Alles gut«, sage ich und bemerke, wie ich selbst ins Zittern gerate, wie meine Stimme komisch klingt und wie ich mir selbst nicht glaube.
    »Ich hab's ganz oft probiert auf deinem Handy!«, höre ich Bienes leicht vorwurfsvolle Stimme, »ich hab schon gedacht, dass dir was passiert ist, na ja ... dir ist ja was passiert, weißt schon!«
    »Ich war eben ganz lange bei Vodafone. Die mussten mir ja erst die Karte wieder freischalten!«
    »Das hat Jason auch gesagt, dass das mit dem Telefon dauern kann. Wann kommst du denn? Ich vermiss dich ganz arg!«, seufzt Biene.
    Ich bin so durcheinander, dass ich erst mal gar nichts sagen kann. Stattdessen starre ich Taxi an, der sich nach meinem Tritt erstmalig wieder in die Küche gewagt hat und vorwurfsvoll zurückstarrt.
    Klasse! Sogar der Kater ist sauer. »Bist du noch dran, Mausbär?«, höre ich Bienes Stimme. »Ja«, sage ich leise. »Der Mausbär ist noch dran!« »Wann kommst du denn? Hast du schon einen neuen Flug? Checko und Jason fragen schon die ganze Zeit, die wollen doch wieder Rennbanane fahren am Estrenc mit dir!«
    »Ich . muss nur noch was Dringendes im Büro erledigen, dann schau ich nach einem Flug, okay? Und den vorläufigen Reisepass muss ich mir auch noch ausstellen lassen.«
    »Bitte, Mausbär! Komm schnell! Ach . du kannst mir noch einen Riesengefallen tun.« »Und der wäre?«
    »Weißt du ... das Urlaubschild für den Bastelbären, das ich an die Tür hängen wollte .«
    »Was ist damit?«
    »Ich hab's mit eingepackt aus Versehen! Doof, oder? Vielleicht kannst du ja ein neues schreiben und hinhängen: >Bin im Urlaub und ab dem 12. August wieder für Sie da< oder so. Weißt schon!«
    Ich bin so ein Idiot! Ich hätte einfach nicht rangehen sollen.
    Bin Laden geht ja auch nicht ans Telefon, wenn die CIA anruft.
    »Ich kümmer mich drum!«, sage ich und versuche zu lächeln dabei. Als PR-Profi weiß ich, dass man das in der Stimme hören kann.
    »Bist ein Schatz, Mausbär! Ich muss Schluss machen, die Karte ist gleich leer. Tschüss, mein Mausbär und komm bald! Ich denk an dich! Und die anderen auch!«
    Es knackt und dann ist Biene weg. Vorsichtig lege auch ich auf.
    »Du bist ein Schatz, Mausbär«, sage ich laut zu mir selbst. »Bist ein Mausbär, Schatz. Mausschatzbär! Was meinst du, Taxi?«
    Taxi schaut mich noch immer ganz vorwurfsvoll an. Ich strecke ihm die Zunge raus, worauf er sich schnurrend verkriecht. Ich atme tief durch und gehe zum Kühlschrank. Neben der Visitenkarte eines Pizzalieferservice klebt ein magnetischer Bierkrug mit der Aufschrift »»Zum Gemütlichkeit, Humberto 1 ° 899, San Telmo, Buenos Aires«.
    »ZUM Gemütlichkeit?«, sage ich laut. Dann nehme ich den Magnetkrug ab, streiche das »m« durch und schreibe ein »r« mit einem Ausrufezeichen dahinter. Schließlich gehe ich noch einmal alleine auf Entdeckungstour durch die Wohnung. Das Wohnzimmer schmückt eine steinalte Eckcouch mit Stoffbezug und ein dazu passender Ohrensessel. Ein ebenfalls etwas aus der Mode gekommener Wohnzimmerschrank aus dunklem Pressspan erstreckt sich über die gesamte Seitenfläche des Zimmers. In der Mitte thronen ein Fernseher und ein DVD-Spieler. Auf einer Marmorkommode fällt mir ein kitschig gerahmtes Familienfoto auf, das einen wohlgenährten jungen Mann mit seiner Mutter zeigt, offensichtlich Pedro. Vorsichtig stelle ich das Foto an die exakt gleiche Stelle zurück. Ich öffne die ans Wohnzimmer angrenzende Tür und blicke in einen bis an die Zimmerdecke mit Krimskrams angefüllten, muffigen Raum mit verdunkelten Fenstern, vermutlich Pedros Zimmer. Ein schmales Bett ist mit demselben blau-gelben Bettzeug überzogen wie meines. Ich habe genug gesehen, schließe die Türe und verspüre den spontanen Wunsch, mich zu duschen.
    Leider kann ich genau das aus hygienischen Gründen nicht. Das Bad ist so dreckig, dass ich es nicht mal in Gummistiefeln betreten würde. Wie ich angewidert feststelle, sind Hunde-, Katzen- und vermutlich auch Tigerhaare ein Hauptbestandteil des Schmutzes. Und als ich die Haare wegfegen will, bemerke ich, dass sie bereits verschmolzen sind mit einer noch darunter liegenden Schmutzschicht, die sich über die blauen Fliesen bis in die verkrustete Badewanne zieht. Ich durchsuche den Waschmaschinenraum nach Putzmitteln, finde aber nur einen steinalten, verkrusteten Wischmopp und eine etikettenlose Flasche mit rotem Zeugs. Es hilft alles nichts. Hier muss mal

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