Resturlaub
wirklich keinen gibt)
4. Stadt erkunden
5. Job suchen
Als ich das Büchlein wegpacke, bemerke ich, dass ich noch gar nicht angefangen habe zu essen, und packe meinen Burger aus. Mein erstes, original argentinisches Fleisch! Als ich hineinbeiße, weiß ich sofort: Das ist der mit Abstand beschissenste Burger, den ich in meinem ganzen Leben gegessen habe. Das Fleisch schmeckt wie ungewürztes Dosengulasch, die Tomaten sind gelb und das Brötchen hat sich bereits vollständig mit der Sauce voll gesogen. Ich stopfe den Burger trotzdem in mich hinein und blättere meinen Guide durch auf der Suche nach einer geselligeren Kneipe. Ich entscheide mich für das Kilkenny, den laut Time Out »most popular pub« in Buenos Aires. Zwar finde ich den Gedanken ein wenig albern, meinen ersten Abend in einem Irish Pub zu verbringen, auf der anderen Seite hätte ich mit meinem
Ballermann-Spanisch in einem argentinischen Künstlercafe bestimmt auch keine große Schnitte. Ich entsorge meine doble-queso-Reste in einer einzigen Mülltonne und winke mir auf der Straße ein gelb-schwarzes Radiotaxi heran.
Der Fahrer, er könnte der jüngere Bruder von ZDF-Moderator Cherno Jobatey sein, nickt wissend und fährt los, als ich, bestimmt fast akzentfrei, mein Sätzchen »Vamos al Kilkenny« aufsage. Auch dieser Wagen hat weder Kopfstützen noch einen Sicherheitsgurt. >Cherno< tritt dennoch so stark aufs Gas, als hätte er vier Airbags, Seitenaufprallschutz und pyrotechnische Gurtstraffer. Ich halte mich an einem Seitengriff fest und schlage mit der anderen Hand mein englisches Time Out auf, um möglichen Nazidiskussionen zu entgehen. Es funktioniert: Nach zehn Minuten und einer geschichtsfreien Taxifahrt halten wir vor einer imposanten Eckkneipe mit zwei uniformierten Türstehern.
»English?«, fragt mich Cherno interessiert, als ich ihm einen Zehn-Peso-Schein reiche. Ich schüttle den Kopf und bin so blöd, »German!« zu sagen.
Ein Fehler, der mit dem sofortigen Einschalten der Warnblinkanlage bestraft wird.
»Ahhh ... aleman! Muy bien!«, werde ich gelobt und bekomme eine Zigarette angeboten, die ich dankbar annehme, weil ich ja jetzt Raucher bin. Und während ein aufreizend gekleidetes Mädchen nach dem andern an meinem Taxi vorbei in den Pub stöckelt, informiert mich Cherno rauchend und in aller Ruhe, dass er den Faust gelesen hat und Thomas Mann und dass er irgendwann bestimmt einmal nach Deutschland fahren wird, wenn er genug Geld hat, am liebsten zu den Festspielen nach Bayreuth. Ich bin überrascht und geschmeichelt, wie viel mein Taxifahrer über Deutschland weiß und sage ihm, dass ich nur knapp hundert Kilometer weg wohne von Bayreuth.
»Berpiss dich du Esmirelappen!« Er lacht plötzlich und fragt mich, was das zu bedeuten hat. Ich bitte ihn, den Satz noch einmal zu sagen.
»Berpiss dich du Esmirelappen!«, wiederholt er unter großer Anstrengung. Endlich verstehe ich.
»Aah«, sage ich, »verpiss dich, du Schmierlappen!«
»jExacto!«, bestätigt mein argentinischer Cherno schmunzelnd.
Ich frage ihn, wer das zu ihm gesagt hat.
»A pretty girl from Germany say me in a bar!«, antwortet er stolz.
»Okay!«, sage ich und öffne peinlich berührt die Tür, »so you already know some Deutsch!«
Ich habe schon einen Schuh auf dem Asphalt, da höre ich:
»What it means?«
Ich ziehe meinen Fuß wieder in den Wagen.
»It's ... not nice!«, warne ich ihn.
»Si, ^pero que significa berpiss dich?«
»It means something like >piss off<«, erkläre ich leise und fast ein wenig schuldbewusst.
»Really?«
Zum ersten Mal dreht sich Cherno zu mir um, so dass wir nicht mehr über den Innenspiegel kommunizieren müssen. Ich nicke und fühle mich plötzlich ziemlich schlecht. Da hilft es auch nicht, dass zwei unglaublich schlanke Argentinierinnen in eng anliegenden Kleidern lachend den Türsteher passieren - ich muss ja in einem zehn Jahre alten Renault die Frechheiten meiner Landsleute ausbügeln.
»And the rest?«
»The rest«, stammle ich, während ich verzweifelt nach einer Übersetzung für >Schmierlappen< suche, »has got to do with your hair!«
»What is with my hair?«
»It's greasy!«, sage ich.
»What is greasy?«
»It's like butter in your hair!«, versuche ich zu übersetzen, doch als Cherno sich schließlich mit einem nüchternen »Cuesta 8,60!« verabschiedet, weiß ich, dass ich womöglich ein wenig zu direkt zu ihm war. Ich versuche ihm noch zu erklären, dass NICHT ICH finde, dass er Butter in den Haaren
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