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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Einen Moment später geht sie auf und der junge Che mit dem Topfschnitt präsentiert mir meinen Zettel.
    » Santa Fe Mil siete cientos sesentay seis?«
    Obwohl ich das, was nach Santa Fe kam, nicht verstanden habe nicke ich und zeige mein Kreuzchen auf dem Time-Out Stadtplan.
    »^De donde sos?«
    Ich freue mich, dass ich die Frage schon kenne, und sage »Alemania!«
    »Ah ... de Alemania, muy bien!«, lobt mich Pedro und zieht einen Stift aus seinem Hemd. Irgendetwas ziemlich Komisches scheint vor sich zu gehen, denn der eben noch so wütende junge Mann nimmt mein Time Out und macht ein weiteres Kreuz in meinen Stadtplan, gut drei Zentimeter neben meinem.
    »Espero que no todos los alemänes tengan tan poco sentido de la orientacion.«
    »Was?«
    »jEl no me entiende!«, stöhnt Pedro, dann deutet er auf den Boden des Hausflurs, »THIS is Avenida Callao 1776. YOU LIVE Santa Fe 1776.«
    Peinlich berührt starre ich auf die beiden Kreuze und auf den Topfschnittmann. Es war schon ziemlich viel richtig an der Adresse, nur die Straße eben nicht.
    »I am sorry«, sage ich und würde am liebsten im Erdboden versinken. »No pasa nada«, lacht der junge Che, von dem ich nun weiß, dass er weder Tierfriseur noch Pedro ist. Dann fahre ich mit dem Aufzug wieder nach unten.
    Eine viertel Stunde später bin ich in der richtigen Straße und bekomme einen Anschiss vom richtigen Pedro.
    Himmel über Bayern
    VON ALLEN KÖPFEN, die ich in meinem Leben gesehen habe, hat Pedro den rundesten. Auch sonst ist alles rund an meinem Mitbewohner: Unter einem grünen T-Shirt mit rundem Ausschnitt spannt sich ein beachtlicher Kugelbauch, und sowohl der Schnitt der pechschwarzen kurzen Haare als auch der sorgsam gestutzte Zuhälterbart beschreiben letztendlich eine Kreisform. Und wäre Pedro nicht so wütend in diesem Augenblick, ich müsste lachen bei dem Gedanken daran, wie Checko ihn beschreiben würde: a argendinischer Dirk Bach.
    Ich kann es Pedro nicht verübeln, dass er sauer auf mich ist. Ich, der neue deutsche Mieter des pinken Zimmers, habe seine blauen Badfliesen offenbar so energisch von Tigerhaaren befreit, dass große Teile ihr natürliches Blau verloren haben und nun aussehen wie der Himmel über Bayern. Es ist meine Schuld, da helfen auch keine mehrsprachig vorgetragenen Entschuldigungen. Kopfschüttelnd setzt sich Pedro auf den Rand seiner Badwanne und reibt sich sein ebenfalls rundes Kinn.
    »With what you clean?«, fragt er mich missbilligend.
    Ein paar Tierhaare lösen sich von Pedros Hose und fallen in die Wanne, offenbar ist er direkt von der Arbeit gekommen. Ich verkneife mir eine Bemerkung und zeige Pedro stattdessen die Flasche mit meinem Putzmittel.
    »Acido hidroclorico!«, liest Pedro mit gerunzelter Stirn und schaut mich an wie man einen Knirps anschaut, der gerade einen Fußball in eine Scheibe gedonnert hat. Nach kurzem Blättern im Wörterbuch verstehe ich Pedros Blick: Acido hidroclorico heißt nichts anderes als Salzsäure. Ich bin fassungslos, dass so etwas in argentinischen Supermärkten verkauft wird.
    »I pay everything, no problem, I am really sorry«, sage ich zum ungefähr zehnten Mal.
    »It's not the money. My mother she buy the bathroom ten years ago«, sagt Pedro, wobei sich eine seltsame Traurigkeit in die Stimme mischt. Dann steht er ächzend auf.
    »I am really sorry!«, wiederhole ich und bin erleichtert, als mir Pedro auf die Schulter klopft.
    »Okay. Welcome here in my piso. But no clean again!«
    »No clean again!«, verspreche ich schmunzelnd und wir verlassen das Bad. In der Küche überreicht Pedro mir eine Dose Bier und ein circa fünf Jahre altes Nokia-Handy. Das Handy wiegt exakt so viel wie die Bierdose und hat auf der Rückseite einen Aufkleber mit einer Telefonnummer.
    »I always give this. It's cheaper when you call people in Buenos Aires! You just buy a tarjeta de telefono.«
    Ich sage brav gracias und betrachte meine neue Nummer auf dem Aufkleber. Eine argentinische Handynummer zu haben finde ich cool und am liebsten würde ich sie gleich an Biene, Arne und Checko mailen, doch das geht natürlich nicht.
    »You have nice stay here!«, sagt Pedro, klopft mir auf die Schulter und verlässt die Küche.
    »Gracias!«, rufe ich ihm nach.
    Ein paar Minuten später höre ich aus Pedros Zimmer Explosionsgeräusche von einem Videospiel. So hat eben jede Stadt mindestens einen Checko.
    Von meinem deutschen Handy aus wähle ich meine neue argentinische Nummer. Es klingelt! Und irgendwie bin ich

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