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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Nachtischen fragen
    5. Job suchen
    Nach meinem flan gehe ich in ein Internetcafe. Dank eines stotterfreien und halbwegs souveränen »^Se puede usar internet?« bekomme ich einen kleinen Zettel mit der Zahl 17 gereicht. Der Typ, ein dünner Student mit schwarzem Wuschelhaar, schaut nicht mal hoch dabei. Klasse Übung!
    Ich logge mich bei gmx ein und erstarre augenblicklich. Neben dem Pixum Sommerschnäppchen und dem Tchibo-Newsletter sehe ich Bienes Pseudonym. Wie versteinert sitze ich vor dem 45 KB großen Geheimnis, unfähig, es durch einen kleinen Klick zu lüften. Schließlich tue ich es doch.
    Von: [email protected]
    Betreff: Alles gut?
    Datum: 25. Juli 10:20:48 MESZ
    An: [email protected]
    Mein lieber Mausbär,
    Bin gerade mit Miri hier am Internetcafe vorbeigekommen und hab gedacht, ich schreib dir mal. Was macht der Sturm in Bamberg und unser Balkonbambus? Ich denk viel an dich und es tut mir alles so leid mit dem Überfall am Flughafen und dass die dir so eine dumme Kuh ins Büro gesetzt haben. Manchmal kommt halt alles zusammen, aber bestimmt wird alles gut.
    War schön, deine Stimme zu hören am Telefon gestern und ohne dich ist der Urlaub eh nur so lala, immer die gleichen Schlager und die gleichen Leute aus dem letzten Jahr (Uwe und seine Clique und die Düsseldorfer). Nächstes Jahr sollten wir vielleicht tatsächlich irgendwo anders hinfahren, mal ein bisschen weiter weg. Sonst ist das Wetter hier nicht so toll, im Hotel sagen sie, das gab es noch nie so viel Regen und nur 24 Grad im Juli, bin auch noch gar nicht braun. Dann hat sich Jasons Fuß entzündet wegen dem See-Igel, er läuft jetzt mit Krücken am Strand herum und wir machen alle Witze. Vielleicht schreibst du ihm ja auch mal .? Hab 15 Minuten bezahlt im Internetcafe, die sind gleich um, freue mich riesig, dich bald wiederzusehen und nicht nur sehen .
    1000 Küsse und viel mehr Deine Biene (summ summ © )
    PS: Checkos Mutter hat im Obi Heizpilze für die Terrasse gekauft, die sind da noch im Angebot für nur 129 Euro. Besorgst du uns auch einen? Dann könnten wir im Herbst länger draußen sitzen!
    Gute fünf Minuten starre ich regungslos auf die weißen Deckenplatten des Internetcafes. So weit bin ich geflogen und dennoch ist Biene mir ganz nah. Die ganze Mail hindurch habe ich ihre Stimme im Kopf gehabt und ihr Gesicht. Hab sie vor mir gesehen, wie sie sich beim Nachdenken auf die Unterlippe beißt, ihre langen Haare wieder hinters rechte Ohr streicht und dann weitertippt mit ihrem Dreieinhalbfingersystem. Bienes fast schon grenzenloses Vertrauen lastet schwer auf mir.
    Erst als sich eine füllige Touristin an meinem Stuhl vorbeiquetscht, um sich an den Computer neben mir zu setzen, baut sich die Realität um mich wieder auf. Ich klicke gmx weg und tippe www.fraenkischer-tag.de in die Adresszeile. Noch drei Wochen seien es bis zur Sandkerwa heißt es auf der Startseite. Es folgt ein Bericht über eine Aktion gegen betrunkene Wild-pinkler, die »Piss nix in the city« heißt. Ich muss schmunzeln, weil mir einfällt, dass ausgerechnet Checko vor zwei Jahren gegen einen Polizeiwagen gepinkelt hat und prompt fünfzig Euro loswurde. Das war das Jahr, in dem ich das BratwurstWettessen gewonnen habe, von dem Jason die tollen Bilder gemacht hat, die sogar im Internet zu sehen waren. Ich tippe www.sandkerwa.de in die Adresszeile des Browsers und klicke das Bilderarchiv an. Und tatsächlich: Da bin ich zu sehen, wie ich gerade Bratwurst Nummer neun in mich hineinstopfe und Arne und Checko mich anfeuern. Direkt daneben steht Biene, die Tränen in den Augen hat vor Lachen. Ich muss schlucken.
    »Na, hasch Heimweh?«
    Ich reiße meinen Kopf nach links. Die füllige Touristin, die die ganze Zeit neben mir saß, ist Heidi aus meinem Kurs. Auf ihrem Bildschirm sehe ich die Startseite der Stuttgarter Nachrichten.
    »Gar nicht! Hab nur was nachgeguckt«, sage ich. »Eigentlich suche ich nach einer Wohnung!«
    »Ach so!«
    Schnell klicke ich auf Google, gebe »Accomodation« und »Buenos Aires« ins Suchfenster ein und durchstöbere mehrere Seiten nach einer passenderen Bleibe. Ich finde zwei in San
    Telmo, die ganz nett aussehen und unter 750 Dollar im Monat kosten, und schreibe eine Mail. Als sich Heidi mit einer schwäbischen Verabschiedung an mir vorbeiquetscht, klicke ich zurück zu Bienes Mail.
    Ich schreibe Biene, dass sie sich keine Sorgen machen soll. Es ginge mir gut und ich bekäme die aufsässige Kollegin langsam in den Griff. Außerdem würde

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