Resturlaub
irgendwann sogar Arne, Checko und Jason einladen zum Grillen. Und Biene, wenn sie mir verziehen hat. Mit eiskaltem Wasser spüle ich meine Träume in den Abfluss, ziehe mich an und gehe in die Küche. »Ich muss realistisch bleiben«, sage ich laut zu mir selbst. Denn noch habe ich nur einen unbezahlten Aushilfs-Mini-Gelegenheitsjob in der Gemütlichkeit, keine Idee fürs Argentinische Tageblatt und einen Riesenhunger.
Ich mache mir einen Instantkaffee und klaue Pedro zwei Scheiben Fargo-Toast, die ich mit Nutella beschmiere. Dann packe ich meine Sachen und mache mich durch den Smog der Rushhour auf den Weg in die Sprachschule.
»Eh, Peter ... lasta night you miss a lot!«, begrüßt mich der italienische Meister Proper. Und sein gelockter Kumpel Francesco ergänzt, wie sie gestern Nacht mit Luna ganz Palermo durchkämmt haben und zum Schluss noch in einem tollen Club waren, der Podesta heißt. Ich will mich gerade ärgern, da piept mein argentinisches Handy. Neugierig ziehe ich es aus meinem Seppelpeter's-Rucksack und klicke auf Posteingang. Es ist eine Kurzmitteilung von Abuela, die sehr gerne am Abend einen vinito mit mir trinken würde. Unglaublich, denke ich mir, das hat doch tatsächlich geklappt! Ich antworte, dass ich gerne komme, und setze mich in den fensterlosen Unterrichtsraum. Ich ergattere einige neue Redewendungen für meine Vokabelkarten, darunter für mich so wichtige Sätze wie ^Tenes un talle mäs? - Haben Sie das eine Nummer größer?
Als ich mir in der Pause einen Kaffee in der Küche holen will, treffe ich auf Luna.
»jHola!«, sage ich in fließendem Spanisch und werde mit einem Lächeln belohnt.
»jHola! ^Como andas?«
»Bien, bien .«
Luna sieht fantastisch aus in einem knallengen, gelb-grünen Top, über das ihre langen, schwarzen Haare fallen, und ihrer winzigen Jeans. Nach einer einigermaßen sinnvollen Frage suchend, fällt mir nichts Besseres ein als:
»^Tenes un talle mas?«
Ein echter Volltreffer. Zum ersten Mal fällt Luna aus ihrer Lehrerinnen-Rolle und streicht mir sogar kurz über den Rücken.
»Ganz schön frech, mein Lieber. ^Porque no viniste ayer? Fue una noche estupenda!«
Ich frage, ob wir nicht zumindest in der Küche deutsch sprechen können, weil mir noch so viele Wörter fehlen. Die Antwort ist ein Lächeln und ein »No! Deutsch nur privat!«
Frustriert schalte ich den Wasserkocher ein und antworte in akuter Ermangelung der notwendigen spanischen Verben, dass ich mich um einen amigo muy triste kümmern musste. Dann kocht mein Wasser und Luna verlässt mit wehendem Haar die Küche, vermutlich geht sie zurück in ihren L'Oreal-Werbespot.
Im zweiten Teil meines Kurses streite ich mich mit Heidi, die behauptet, dass es in Deutschland eine so schlimme Wirtschaftskrise wie in Argentinien niemals geben könne, weil die Deutschen so tüchtig sind. Ich schäme mich und sage, dass wir so eine Krise schon seit zehn Jahren haben in Deutschland und dass das nur keiner merkt. Lehrer Nico versucht inzwischen, ein Lachen zu unterdrücken, offenbar ist irgendetwas komisch daran, wenn sich zwei Deutsche mit einem spanischen Wortschatz von neun Wörtern über gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge streiten. Irgendwann ist die Stunde dann zu Ende und wir packen zusammen.
Ich gehe nach draußen und trage mich an Lunas schwarzem Brett für einen Bootsausflug ins Tigre-Delta ein. Als Lunas Tür über eine viertel Stunde verschlossen bleibt, verlasse ich die Schule und gehe wieder in mein Büfettrestaurant. Ich schaufle mir mehrere Lagen Fleischscheiben und Pommes auf einen Teller und setze mich ans Fenster, um die Leute zu beobachten. Vielleicht komme ich ja auf eine schöne Geschichte für das Argentinische Tageblatt? Leider ist das, was an meinem Fenster vorbeiläuft, erschreckend unspektakulär. Als ich meine Aufmerksamkeit wieder auf das Innere des Restaurants richte, sehe ich den schnell sprechenden Nachtischkellner lächelnd auf mich zukommen. Er hat mich bereits erkannt. Es ist zu spät zum Aufstehen.
»^Un postre, senor?«
Ich starre ihn an.
»^Que ... hay de postre?«
» Helado, arroz con leche, frutas frescas, budin de pan y flan!«
»Un flan, por favor!« »Muy bien!«
Während ich auf meinen flan warte, schlage ich meinen Notizblock auf und ersetze »Strand suchen« durch »Nico nach argentinischen Nachtischen fragen«.
Der neue Pitschi!
TO DO
1. Spanisch lernen
2. Andere Wohnung suchen
3. Freunde finden zum Ausgehen
4. Nico nach argentinischen
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