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Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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mehr lange, Lenoir«, sagte Varonessa.
    »Das ist wahr, meine Liebe. Ihre Zeit ist bald gekommen.«
    Wieder meinte Retra einen Anflug von Traurigkeit zu bemerken.
    Brand hob die Hand, zwei weitere Riper traten heran und hoben Retra auf die Schultern, sodass sie wie eine Jagdtrophäe zwischen ihnen hing, als sie sie aus der Höhle trugen.
    »Retra!«, schrie jemand.
    Suki. Sie wollte ihre Freundin rufen, doch die Panik schnürte ihr die Kehle zu.
    »Lasst sie los!«, brüllte Rollo. Er rannte den Ripern nach und warf sich seitlich gegen sie, doch sein Gewicht brachte sie kaum aus dem Tritt.
    Dann schlossen sich die schweren Türen hinter ihr, und sie konnte Suki und Rollo nicht mehr hören.

16
    Die Luft wurde kühler und … still. Über ihr bogen sich geschnitzte Holzstreben zueinander. Die Riper trugen sie den Gang hinunter und schließlich, nach vielen Biegungen, in einen Raum, der dem Sitzungsraum des Komitees sehr ähnlich war. Hier jedoch standen in den gewölbten Marmornischen im Fels Eisenbetten, keine Altäre. Groteske und primitive Kreuze schmückten jeden Nischeneingang, und darüber zog sich ein Wandgemälde, das nackte, ineinander verschlungene Körper zeigte.
    Sie schloss die Augen, um sie nicht mehr sehen zu müssen, doch der schwere Duft von Weihrauch drang ihr unangenehm in die Nase.
    Als sie sie auf einer harten Steinplatte ablegten, öffnete sie wieder die Augen und sah eine von Wandkerzen erleuchtete Kuppeldecke. Die alte Malerei darauf zeigte ein blutiges Opferlamm. Ihr Herz hämmerte so heftig, dass ihre Brust wehtat. Ihr war, als würde sie von den nackten Felswänden erdrückt werden. Die Luft war so kalt, dass sie sich tief im Inneren des Berges befinden mussten.
    Brand löste ihren Griff und begann sie abzutasten.
    Retra versuchte sich loszureißen, aber mehrere Paar Hände hielten sie schnell fest.
    »Brand? Das solltest du nicht tun.«
    Retra konnte nicht sehen, welcher der Riper Brand ermahnt hatte.
    »Pscht«, zischte Brand. »Schon damals, als ich sie bei der Wiedergeburt gesehen habe, wusste ich, dass etwas mit ihr nicht stimmt.«
    »Ist sie ein Maxer?«
    »Nein. Sie ist jung genug«, erwiderte Brand. »Sieh dir die frische Haut an, die weichen, vollen Lippen. Nein … es ist etwas anderes.«
    »Lenoir wird nicht gefallen, was du da tust.«
    »Lenoir macht hier nicht die Regeln. Das tun wir alle«, sagte Brand mit Nachdruck.
    »Aber Lenoir hat das Sagen«, wandte der andere ein.
    Ohne auf ihn zu achten, griff Brand Retra unter den Rock und befühlte das weiche Fleisch an Bauch und Oberschenkeln. Retra wurde panisch. So hatte auch der Aufseher sie angefasst, als er mit seinen Überwachungsgeräten gekommen war. Revision hatte er es genannt.
    Dann hielt Brands Hand plötzlich inne, und die Riper-Frau stieß ein grässlich schrilles Triumphgeheul aus. Sie schob Retras Rock hoch – bis über die Hüfte.
    Die Riper drängten sich um ihre nackten Beine.
    »Brand?«
    »Was ist mit dir?«
    Ihre Stimmen regneten auf Retra herab. Sie wollte laut schreien, um sie nicht mehr hören zu müssen, aber ihre Stimmbänder gehorchten ihr nicht. Für sich selbst riefen Seals nicht um Hilfe. Seals schrien auch nicht. Seals taten nicht, was …
    Sie hörte ein Gurgeln und wusste, dass es ihr eigener schwacher Protest war. Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln, doch sie wusste, dass sie nur ihre eigene erdrückende Machtlosigkeit beweinte.
    »Hab ich’s mir doch gedacht«, rief die narbige Riper-Frau. Sie betastete den Gehorsamkeitsstreifen an Retras Oberschenkel. »Sie wurde gehobbelt.«
    Die Riper starrten den Streifen an. Auf einem Gesicht las sie Schock, Unglauben auf einem anderen, während ein weiterer verstohlene Belustigung zeigte, als würde er an etwas Schmutzigem, Heimlichem teilnehmen.
    Unter ihren schamlos prüfenden Blicken wäre Retra am liebsten im Boden versunken.
    Dann kam Brands Gesicht näher und verdeckte die anderen. »Deswegen hat man dir also bei der Aufnahme misstraut. Du wurdest gehobbelt.«
    Retra befeuchtete ihre Lippen. »Nein.« Ihr heiseres Flüstern echote in der Höhle.
    Daraufhin lachten sie alle, ein Fauchen entstand, wie das gereizter Katzen, und hallte von den Wänden wider.
    Als Brand den Kopf drehte, verstummten sie sofort. »Die gehört mir«, sagte sie.
    Sie zog einen Dolch mit einem Elfenbeingriff aus ihrem Mantel. »Halt still«, zischte sie.
    Starke, mitleidlose Hände drückten Retras Schultern herunter und zerrten ihre Arme weit auseinander. Die anderen

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