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Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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Schwamm und warmem Wasser waschen konnte. Mit jedem Wischen füllte sich der Schwamm mehr mit Blut. Während sie die Wunde mit sauberem weißem Tuch fest umwickelte, gab sie ihrer Missbilligung in kurzen, barschen Silben Ausdruck. »Das – sollte – lange – genug – halten – um ihm – Zeit – zu verschaffen.«
    »Zeit?«, flüsterte Retra. »Wofür?« Graselles rasche Handbewegungen, das Leben, das aus ihr heraussickerte – das alles ließ sie ermüden.
    Graselle beugte das Gesicht näher zu ihr heran. »Trink das!«
    Sie hob Retras Kopf, um ihr das kühle Getränk einzuflößen. Was danebenlief, tupfte sie mit den Fingern auf. Es schmeckte nach Honig und Zitrone.
    Dann stellte sie die Tasse ab, hob Retras Schultern vom Bett an und zog ihr auch das schwarze Seidenhemd über Kopf und Arme. »Für jemanden wie dich wird es schwer werden, aber wehre dich nicht dagegen. Lass es geschehen, und alles wird gut. Er wird dich heilen.«
    Dann legte sie Retra wieder ab und wandte sich ihren Füßen und Händen zu, indem sie sie rieb und die Zehennägel mit etwas betupfte, das Retra nicht sehen konnte. Zuletzt tupfte sie ihr Parfum in die Armbeugen und hinter die Ohren. Dann frisierte sie ihr Haar, als würde sie ihre Lieblingspuppe herausputzen.
    Vor Anstrengung keuchend richtete sie sich schließlich auf und drapierte einen Seidenstoff über Retras Brüste. »So. Du bist nicht schön, aber du hast schon was, das steht fest«, sagte sie zu sich selbst.

18
    Wieder wurde sie von Ripern durch die Tunnel getragen, durch so viele verschiedene, dass sie das Gefühl für Zeit und Richtung verlor. Der Nebel, der ihren Geist verschleierte, ließ zwar nichts zu ihr durchdringen, aber ein vager, angeborener Sinn sagte ihr, dass sie aufwärtsgingen.
    Als sie schließlich anhielten, war sie sich dumpf darüber bewusst, wie sich die Schultern der Riper vor Anstrengung hoben und senkten. Sie sammelte sich einige Augenblicke, bevor sie eine weitere Höhle betraten, dieses Mal jedoch durch eine Tür.
    Schon in den Felsgängen hatte Retra wieder leichten Weihrauch wahrgenommen, hier wurde der Geruch nun so schwer, dass es ihr den Atem verschlug. Ein Riper musste husten.
    »Legt sie auf das Bett und wartet draußen.«
    Sie erkannte die Stimme und fühlte sich gleich besser. Als seine Hand sie berührte, vergaß sie Ixion, vergaß sie … alles.
    »Dir bleibt nicht mehr viel Zeit – du verblutest langsam. Der Schnitt, den Brand dir beigebracht hat, wird nicht heilen, weil du nicht schlafen kannst. Es gibt nur eine Möglichkeit, wie sich dein Körper erholen kann. Ich werde dir helfen, die Endorphinausschüttung deines Körpers zu erhöhen.«
    Wäre sie dazu in der Lage gewesen, hätte sie gefragt, was das bedeutete. Doch ihre Zunge fühlte sich wie gelähmt an.
    Als er sie küsste, dauerte es eine Weile, bis ihre Lippen den Druck wahrnahmen. Und selbst dann war das Gefühl nur schwach und keineswegs erregend.
    »Komm zurück zu mir, Fledermäuschen«, flüsterte er.
    Sie wollte es ja, doch sein Gesicht, das über ihr schwebte, war weder fest, noch erschien es wirklich da. Dunkel spürte sie, wie sich das Bett bewegte und ihr Körper mit einer sanften, fließenden Bewegung angehoben wurde. Das ist kein gewöhnliches Bett, sondern eine Wolke, dachte sie.
    Seine Zunge fand ihr Gesicht, und dann begann er zart über ihre Haut zu lecken, wie eine Katze ihr haarloses Junges säubert. Seine Zunge war warm und rau, und die nasse Spur kitzelte und weckte ihre Sinne. Als er sanft darauf blies, fühlte es sich feucht und klebrig an. Die Härchen in ihrer Haut richteten sich auf.
    Sie spürte seine Hand an ihrem Oberschenkel, wie sie über die Seide glitt. Sie hörte ihn stöhnen. Aus Enttäuschung? Vor Abscheu? Oder wegen etwas anderem? Was bedeuteten diese tiefen Laute, die aus seiner Kehle drangen?
    Retra wusste es nicht.
    Sie wusste nur, dass er jetzt über ihr Handgelenk leckte und dann langsam höher bis zu ihrer Schulter. Jede feuchte Spur brachte wieder Gefühl in ihre taube Haut, Wärme und ein verheißungsvolles Kitzeln. Sein Haar breitete sich wie ein glänzendes Tuch über ihr aus.
    Dann sah sie plötzlich sein Gesicht, und sein Atem vermischte sich mit ihrem.
    »Du musst wissen, was ich für dich tue, und verstehen, dass du anschließend mein sein wirst.«
    Seine Augen waren weder warm noch liebevoll. Doch sein Blick wirkte … entschlossen … und besitzergreifend.
    Er zog die Kissen um sie herum zusammen, um ihre Schultern höher

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