Rette mich vor dir
absolut angewiderter Miene auseinander.
»Was fällt euch ein?«, herrscht er sie wütend an. »Ich weiß nicht, ob euch das aufgefallen ist, aber ihr steht direkt vor der Tür, und du versetzt die kleinen Kinder darin in Angst und Schrecken, Kent. Ich muss dich jetzt also bitten, dich verdammt noch mal abzuregen.« Adam will widersprechen, aber Kenji lässt ihn nicht zu Wort kommen. »Hör zu, ich habe keinen blassen Schimmer, was Warner hier draußen zu suchen hat, aber es geht mich auch nichts an. Castle hat hier das Kommando, und das müssen wir respektieren. Du kannst nicht hier rumrennen und Leute umbringen, nur weil dir grade der Sinn danach steht.«
»Der Typ hat versucht mich zu Tode zu foltern!«, brüllt Adam. »Er hat dich von seinen Leuten kurz und klein schlagen lassen! Und jetzt soll ich mit dem hier leben? Mit ihm zusammen kämpfen? So tun, als sei alles schön und gut? Hat Castle den Verstand verloren –«
»Castle weiß, was er tut«, fährt Kenji ihn an. »Von dir wird keine Meinung erwartet. Du hast dich nach seinem Beschluss zu richten.«
Adam wirft aufgebracht die Hände in die Luft. »Das gibt’s doch nicht! Das muss doch ein Witz sein! Wer macht denn so was? Wer behandelt Geiseln, als seien sie im Luxushotel?«, schreit er unvermindert laut. »Der könnte doch wieder zu seinen Leuten gehen und denen genau verraten, wo wir sind – im Detail!«
»Nein, das kann ich nicht«, wirft Warner ein. »Ich habe keine Ahnung, wo wir hier sind.«
Adam wendet sich abrupt wieder Warner zu, schreit irgendetwas, sieht aus, als wolle er sich erneut auf Warner stürzen, und Kenji versucht ihn zurückzuhalten, aber ich höre kaum, was um mich herum vor sich geht. Mein Herzschlag dröhnt in meinem Kopf, und meine Augen haben das Blinzeln verlernt, weil Warner mich ansieht, nur mich, so intensiv, so herzerweichend eindringlich, so tief, dass ich mich nicht mehr rühren kann.
Warners Brust hebt und senkt sich. Er achtet nicht auf den Tumult im Speisesaal, auf Adams Angriff, hat sich keinen Zentimeter gerührt. Er wird den Blick nicht abwenden, und ich weiß, dass ich das für ihn übernehmen muss.
Ich schaue weg.
Kenji brüllt Adam an, dass er sich beruhigen soll, und ich ergreife Adam am Arm. Lächle ein wenig, und er beruhigt sich. »Komm schon«, sage ich. »Lass uns wieder reingehen. Castle ist noch nicht fertig, wir müssen mitkriegen, was er sagt.«
Adam ringt um Fassung. Holt tief Luft. Nickt mir kurz zu, lässt sich von mir führen. Ich konzentriere mich auf Adam, damit ich so tun kann, als sei Warner nicht da.
Aber Warner findet diesen Plan nicht gut.
Er stellt sich vor uns, versperrt uns den Weg, und trotz meiner besten Absichten schaue ich ihn nun unwillkürlich an. Und erblicke etwas in seinem Gesicht, das ich noch nie bei ihm gesehen habe. Zumindest nicht in diesem Ausmaß.
Schmerz.
»Verschwinde«, knurrt Adam, aber Warner scheint es nicht zu hören.
Er sieht mich an. Schaut auf meine Hand, die Adams Arm umklammert, und die Qual in seinen Augen verkrüppelt mich, und ich kann nicht mehr sprechen, ich sollte nicht sprechen, ich wüsste auch nichts zu sagen, wenn ich sprechen könnte, und dann sagt Warner meinen Namen. Wiederholt ihn. »Juliette –«
»Beweg dich!«, schreit Adam, verliert endgültig die Fassung und stößt Warner mit voller Wucht an. Doch der stürzt nicht zu Boden, stolpert nur ein bisschen rückwärts, aber die Bewegung scheint irgendetwas in ihm auszulösen, irgendeinen schlummernden Zorn zum Leben zu erwecken, und er hechtet sich auf Adam, und ich überlege blitzschnell, was ich tun kann, um ihn aufzuhalten, und ich handle, und ich bin dumm.
Dumm genug, zwischen die beiden zu treten.
Adam packt mich und will mich zurückziehen, aber ich drücke Warner die Hand auf die Brust, weiß nicht, was ich mir dabei denke, ich denke wohl nichts, und das ist der Fehler. Da stehe ich eingekeilt zwischen 2 Brüdern, die sich gegenseitig umbringen wollen, und ich kann nicht einmal wirklich eingreifen.
Sondern Kenji ist derjenige, der handelt.
Er packt die beiden am Arm und versucht sie auseinanderzureißen, doch dann ist da ein reißendes Geräusch in seinem Hals, das so entsetzlich ist, so grauenvoll, dass ich wünschte, ich könnte es aus meinem Hirn verbannen.
Kenji geht zu Boden.
Bleibt liegen.
Würgend und keuchend windet er sich, ringt um Luft, bis er plötzlich erschlafft, reglos daliegt, und ich glaube, dass ich schreie, ich berühre meine Lippen, um
Weitere Kostenlose Bücher