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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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–«
    »Großer Gott«, keucht er entnervt und springt auf. »Ich fühle mich ja sehr geschmeichelt, Süße, aber du hättest mir zumindest Gelegenheit geben können, meine Hose anzuziehen.« Er hat sich an die Wand gelehnt, macht aber keine Anstalten, sich anzuziehen. Schaut zwischen mir und der Hose hin und her, als könne er sich nicht entscheiden, was er tun will. Er scheint unbedingt seinen Rücken vor meinen Blicken verbergen zu wollen.
    »Ich würde mich gern anziehen«, sagt er und weist mit dem Kopf auf seine Kleider vor meinen Füßen. Sein lässiger Tonfall kann seine Anspannung nicht verbergen. »Ziemlich kühl hier drin.«
    Doch ich starre ihn weiter an, mustere ihn von Kopf bis Fuß, staune darüber, wie vollkommen er von vorne aussieht. Stark, schlank, sehnig und muskulös, ohne zu kräftig zu wirken. Helle Haut, die aber nicht bleich ist, die genügend Sonne erlebt hat, um gesund zu wirken. Ein perfekter Jungenkörper.
    Wie sehr das Äußere trügen kann.
    Was für eine furchtbare Lüge.
    Sein Blick ruht auf mir, die grünen Flammen, die nicht erlöschen, und seine Brust hebt und senkt sich so schnell so schnell so schnell.
    »Was ist mit deinem Rücken passiert?«, höre ich mich flüstern.
    Das Blut weicht aus seinem Gesicht. Er schaut beiseite, streicht sich über Mund, Kinn, Hals.
    »Wer hat dich verletzt?«, frage ich, kaum hörbar. Ich kenne allmählich das seltsame Gefühl, das sich bei mir einstellt, bevor ich etwas Schreckliches tue. Jetzt ist es wieder da. Ich habe das Gefühl, als könnte ich jemanden umbringen.
    »Juliette, bitte, meine Kleider –«
    »War das dein Vater?«, frage ich, in schärferem Tonfall. »Hat er dir das angetan –«
    »Nicht wichtig«, erwidert Warner abweisend.
    »Und ob das wichtig ist!«
    Er schweigt.
    »Dieses Tattoo«, sage ich zu ihm, »dieses Wort –«
    »Ja«, sagt er leise. Räuspert sich.
    »Ich verstehe nicht …« Ich blinzle. »Was bedeutet das?«
    Warner schüttelt den Kopf, streicht sich durchs Haar.
    »Ist das aus einem Buch?«
    »Wieso willst du das wissen?«, fragt er, wendet wieder den Blick ab. »Wieso interessierst du dich plötzlich so für mein Leben?«
    Weiß ich nicht, möchte ich antworten. Doch das ist nicht die Wahrheit.
    Denn ich spüre sie. Ich spüre das Klicken und Knirschen einer Million Schlüssel, die eine Million Türen in meinem Kopf öffnen. Es ist, als erlaubte ich mir zum ersten Mal, meine wahren Gedanken, meine wahren Gefühle zu sehen, als entdeckte ich endlich meine ureigensten Geheimnisse. Ich forsche in Warners Augen nach etwas, das ich nicht benennen kann. Und merke, dass ich nicht mehr seine Feindin sein möchte.
    »Es ist vorbei«, sage ich. »Ich bin nicht mehr mit dir auf deinem Stützpunkt. Ich werde niemals deine Waffe sein, und es wird dir niemals gelingen, mich umzustimmen. Ich denke, das weißt du inzwischen.« Ich blicke zu Boden. »Weshalb kämpfen wir also immer noch gegeneinander? Warum versuchst du immer noch, mich zu manipulieren? Warum glaubst du immer noch, dass ich auf deine Tricks hereinfallen werde?«
    »Ich habe keine Ahnung«, erwidert er und schaut mich an, als sei ich eine Ausgeburt seiner Fantasie, »wovon du redest.«
    »Warum hast du Castle erzählt, dass du mich berühren kannst? Es stand dir nicht zu, das zu verraten.«
    »Ja.« Er seufzt. »Natürlich.« Er wirkt jetzt gefasster. »Hör mal, Süße, ob du mir wohl wenigstens mein Sakko zuwerfen könntest? Wenn du schon hierbleibst, um mir all diese Fragen zu stellen?«
    Ich werfe ihm das Sakko zu. Er fängt es auf. Rutscht an der Wand nach unten, legt das Sakko über seinen Schoß, anstatt es anzuziehen. Schließlich sagt er: »Ja, ich habe Castle erzählt, dass ich dich berühren kann. Er hat ein Recht darauf, das zu wissen.«
    »Das geht ihn gar nichts an.«
    »Aber sicher«, erwidert Warner. »Diese gesamte Welt hier unten, die er geschaffen hat, lebt von solchen Informationen. Und du lebst hier. Er muss das wissen.«
    »Muss er nicht.«
    »Warum ist das denn so wichtig?«, fragt Warner und betrachtet mich forschend. »Warum soll niemand wissen, dass ich dich berühren kann? Warum muss das geheim bleiben?«
    Ich suche mühsam nach Worten, finde aber keine.
    »Machst du dir Sorgen wegen Kent? Glaubst du, dass er ein Problem damit hätte?«
    »Ich wollte nicht, dass er es auf diese Art erfährt –«
    »Aber was ist denn so schlimm daran?«, bohrt Warner weiter. »Wieso regst du dich so auf wegen einer Sache, die an deinem Leben gar

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