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Rette mich vor dir

Rette mich vor dir

Titel: Rette mich vor dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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schaut mich an. »Warum haben Sie das verschwiegen? Warum haben Sie es uns nicht gesagt? Das ist von großer Wichtigkeit, und Sie trifft doch keinerlei Schuld –«
    »Ich wollte nicht, dass Adam es erfährt«, gestehe ich, erstmals. Mit einer Stimme aus nur 6 Bruchstücken Scham. »Ich wollte …« Ich schüttle den Kopf. »Ich wollte nicht, dass er das weiß.«
    Castle sieht betroffen aus. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen, Ihr Geheimnis zu bewahren, Ms Ferrars, aber selbst wenn ich es tun würde, kann ich nicht für Warner garantieren.«
    Ich betrachte die Matten am Fußboden. Die Wörter bleiben mir fast im Hals stecken, als ich frage: »Warum hat er es Ihnen überhaupt erzählt? Wie sind Sie darauf zu sprechen gekommen?«
    Castle reibt sich nachdenklich das Kinn. »Er fing von sich aus damit an. Ich hatte mich freiwillig angeboten, ihn bei seinen täglichen Gängen zu begleiten – zur Toilette etc. –, weil ich ihm Fragen zu seinem Vater stellen und herausfinden wollte, was er über den Zustand unserer Geiseln weiß. Es schien ihm gut zu gehen. Er sah sogar erheblich besser aus als bei seinem Eintreffen hier. War gesprächsbereit, fast höflich. Doch seine Stimmung änderte sich schlagartig, nachdem wir Ihnen und Adam im Flur begegnet waren –« Er verstummt, reißt plötzlich die Augen auf, und ich sehe, wie er fieberhaft überlegt. Dann starrt er mich an, auf eine Art, die ich noch nie gesehen habe bei Castle – vollkommen fassungslos.
    Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.
    »Er ist verliebt in Sie«, flüstert Castle, als ihm die Erkenntnis dämmert. Er lacht ungläubig. Schüttelt den Kopf. »Er hat Sie gefangen gehalten und sich dabei in Sie verliebt.«
    Ich studiere die Struktur der Matten am Boden, als hätte ich in meinem ganzen Leben noch nie etwas Faszinierenderes gesehen.
    »Oh, Ms Ferrars«, sagt Castle jetzt. »Ich beneide Sie nicht. Ich verstehe jetzt, wie schwierig Ihre Lage sein muss.«
    Ich möchte sagen: Castle, Sie haben keine Ahnung. Sie haben keine Ahnung, weil Sie nicht die ganze Geschichte kennen. Weil Sie nicht wissen, dass die beiden Brüder sind, Brüder, die sich hassen , Brüder, die nur eine einzige Sache verbindet, und das ist der Wunsch, ihren gemeinsamen Vater zu töten.
    Doch all das sage ich nicht. Ich sage gar nichts.
    Ich hocke auf diesen Matten, den Kopf in die Hände gestützt, und frage mich, was wohl noch alles schiefgehen kann. Frage mich, wie viele Fehler ich wohl noch machen muss, bevor alles in Ordnung kommt.
    Falls das überhaupt jemals möglich ist.

50
    Ich fühle mich furchtbar gedemütigt.
    Habe die ganze Nacht nachgedacht und bin heute früh zu dem Schluss gekommen, dass Warner vorsätzlich gehandelt hat. Er hat es Castle erzählt, weil er mit mir spielt. Weil er sich nicht geändert hat, weil er noch immer versucht, mir seinen Willen aufzuzwingen. Weil er mich noch immer zu seinem Projekt machen möchte. Und mich noch immer verletzen will.
    Das werde ich nicht zulassen.
    Ich werde nicht zulassen, dass Warner mich belügt, dass er meine Gefühle manipuliert, um sein Ziel zu erreichen. Ich begreife nicht, wie ich weich werden und Mitgefühl empfinden konnte, als ich ihn mit seinem Vater sah – wie ich ihm glauben konnte, als er mir seine Gedanken über mein Tagebuch offenbarte. Ich bin eine naive Idiotin.
    Es war hirnrissig von mir zu glauben, dass Warner jemals zu menschlichen Gefühlen fähig sein würde.
    Ich habe Castle vorgeschlagen, diese Aufgabe, meine Aufgabe, jemand anderem zu übertragen; habe ihm gesagt, dass es gefährlich sein könnte, jetzt, wo er weiß, dass Warner mich berühren kann. Aber Castle lachte und lachte und sagte dann: »Oh, Ms Ferrars, ich bin mir sehr sehr sicher, dass Sie imstande sein werden, sich zu verteidigen. Sie sind vermutlich besser als jeder andere hier gegen Warner gewappnet. Und außerdem ist die Situation doch geradezu ideal. Wenn Warner tatsächlich in Sie verliebt ist, müssten Sie das doch zu unseren Gunsten nutzen können. Wir brauchen Ihre Hilfe«, fügte er dann hinzu, nun wieder ernst. »Wir brauchen jede Unterstützung, die wir bekommen können, und Sie haben derzeit die besten Chancen, ihm die Informationen zu entlocken, die wir brauchen. Bitte. Versuchen Sie so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen. Das Leben von Winston und Brendan steht auf dem Spiel.«
    Er hat Recht.
    Ich lasse also meine Vorbehalte außer Acht, weil Winston und Brendan irgendwo leiden und wir sie finden müssen. Ich

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