Rette mich
warf einen finsteren Blick in die Richtung des Volkswagens und seufzte.
Ein roter 4Runner bog in den Parkplatz ein, und Marcie sprang heraus.
»Tut mir leid, dass ich zu spät bin«, sagte sie und warf sich ihre Handtasche über die Schulter. »Mein Hund wollte mich nicht gehen lassen.«
»Dein Hund?«
»Boomer. Hunde sind auch Menschen, weißt du.«
Ich sah meine Chance. »Macht nichts. Ich habe mich drinnen schon umgesehen. Habe auch schon ein Kleid ausgesucht. Wir können hiermit ganz schnell fertig werden, und du kannst zurück zu Boomer.«
Ihr Gesicht wurde lang. »Und was ist mit meiner Meinung? Du hast gesagt, sie wäre dir wichtig.«
Mir ist eigentlich nur die Kreditkarte deines Vaters wichtig. »Ja, deswegen. Ich wollte wirklich auf dich warten, aber dann hab ich das Kleid gesehen. Es hat mich angesprochen.«
»Wirklich?«
»Ja, Marcie.« Der Himmel öffnete sich, und die Engel sangen »Halleluja«. Innerlich schlug ich meinen Kopf gegen eine Wand.
»Zeig mir das Kleid«, befahl sie. »Du weißt, dass du einen warmen Hautton hast, nicht? Die falsche Farbe wird dich blass aussehen lassen.«
Drinnen führte ich Marcie zu dem Kleid. Es war ein grün und marineblau schottengemustertes Partykleid mit einem Rüschenrock. Die Verkäuferin hatte gesagt, es würde die Aufmerksamkeit auf meine Beine lenken. Vee sagte, es ließe mich aussehen, als hätte ich wirklich Oberweite.
»Brr«, sagte Marcie. »Schottenmuster? Zu schulmädchenhaft.«
»Nun, das ist das Kleid, das ich haben will.«
Sie ging den Ständer durch und zog eines in meiner Größe heraus. »Vielleicht sieht es angezogen besser aus. Aber glaube nicht, dass ich meine Meinung ändern werde.«
Ich schleppte das Kleid mit federndem Schritt in die Ankleidekabine. Das hier war das Kleid. Marcie konnte den ganzen Abend lang schnauben. Ich zog meine Jeans aus und wand mich in das Kleid. Ich bekam den Reißverschluss nicht zu. Ich drehte das Kleid um und sah auf das Etikett. Größe vier. Vielleicht ein echter Fehler, vielleicht auch nicht. Um Marcie den Stinkefinger zu zeigen, stopfte ich das Fett um meine Mitte ins Kleid. Für eine Minute sah es aus, als könnte es gehen. Dann musste ich einsehen, dass es nicht klappte.
»Marcie?«, rief ich durch den Vorhang.
»Mmm?«
Ich händigte ihr das Kleid aus. »Falsche Größe.«
»Zu groß?« Ihre Stimme troff vor Naivität.
Ich blies mir das Haar aus dem Gesicht, um mich davon abzuhalten, etwas Zynisches zu sagen. »Größe sechs wird gehen, vielen Dank.«
»Oh, zu klein.«
Es war gut, dass ich in Unterwäsche dastand, sonst wäre ich in Versuchung geraten, hinauszumarschieren und sie zu verdreschen.
Eine Minute später schob Marcie eine Größe sechs durch den Vorhang. Direkt darauf schob sie ein bodenlanges rotes Teil hinterher. »Nicht, um die Entscheidung zu beeinflussen, aber ich glaube, es sollte rot sein. Ist glamouröser.«
Ich hängte das Kleid an den Haken, streckte ihm die Zunge heraus und zog den Reißverschluss an dem Kleid im Schottenmuster hoch. Ich wirbelte vor dem Spiegel herum und schrie lautlos auf. Ich stellte mir vor, wie ich am Abend des Homecoming die Treppen des Farmhauses hinunterkam, während Scott von unten zusah. Doch mit einem Mal war es nicht mehr Scott, den ich mir vorstellte. Patch lehnte am Treppengeländer, in einem schwarzen Anzug mit silberner Krawatte.
Ich lächelte ihm kokett zu. Er hielt mir den Arm hin und führte mich zur Tür. Er roch warm und erdig, wie sonnenwarmer Sand.
Unfähig, mich zurückzuhalten, griff ich nach seinen Anzugaufschlägen und zog ihn an mich, um ihn zu küssen.
»Ich könnte dich auch dazu bringen, so zu lächeln, und das ohne Mehrwertsteuer.«
Ich wirbelte herum und sah, dass der echte Patch hinter mir in der Ankleidekabine stand. Er trug Jeans und ein enges weißes T-Shirt. Seine Arme waren locker vor der Brust verschränkt, und seine schwarzen Augen lächelten auf mich herab.
Hitze, die nicht ganz unangenehm war, durchfuhr meinen Körper. »Ich könnte jetzt eine Menge perverser Witze machen«, stichelte ich.
»Ich könnte dir sagen, wie sehr du mir in diesem Kleid gefällst.«
»Wie bist du reingekommen?«
»Ich bewege mich auf mysteriöse Art.«
»Gott tut das. Du bewegst dich wie der Blitz – jetzt bist du hier, jetzt bist du weg. Wie lang hast du schon hier gestanden?« Ich würde vor Scham sterben, wenn er gesehen hatte, wie ich versuchte, mich in eine Größe vier zu quetschen. Ganz zu schweigen davon, wenn er
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