Rette mich
unsanft in den schmalen Durchgang zwischen den Gebäuden hinter uns. Er blieb nur stehen, um seinem Freund zu sagen: »Bleib hier und sorg dafür, dass uns niemand folgt. Wenn wir noch mehr Informationen aus ihr rausbekommen, dann kann es sein, dass wir dafür einen extra Bonus bekommen. Vielleicht steigen wir sogar einen Rang höher.«
Mein ganzer Körper erstarrte allmählich angesichts der Vorstellung, von dem Nephilim ausgefragt zu werden, aber ich hatte schnell eingesehen, dass ich mich nicht kämpfend gegen die beiden wehren konnte. Vielleicht konnte ich meinen Vorteil nutzen. Meine einzige Hoffnung – und auch die war gering – war, dadurch faire Bedingungen zu schaffen, dass es wenigstens einer gegen einen stünde. Ich ließ zu, dass der kleinere Nephilim mich tiefer in den schmalen Durchgang zerrte, und hoffte, dass das Risiko sich lohnte.
»Du machst einen großen Fehler«, sagte ich zu ihm und versuchte, so drohend wie möglich zu klingen.
Er krempelte die Ärmel hoch, wobei er Knöchel zeigte, die mit mehreren scharfen Ringen geschmückt waren, und mein Mut fühlte sich plötzlich schlüpfrig an. »Ich bin jetzt seit sechs Monaten in Amerika, werde im Morgengrauen geweckt, trainiere den ganzen Tag unter einem Tyrannen, und dann bin ich nachts in den Baracken eingeschlossen. Nach sechs Monaten in diesem Gefängnis, lass dir das gesagt sein, da wird es sich sehr gut anfühlen, mich an jemandem auszulassen.« Er leckte sich die Lippen. »Ich werde das genießen, Süße.«
»Du nimmst mir die Worte aus dem Mund«, sagte ich und stieß ihm das Knie zwischen die Beine.
Ich hatte genug Jungen gesehen, wie sie einen ähnlichen Stoß bei Pausenspielen oder beim Sportunterricht wegsteckten, und wusste daher, dass der Schmerz ihn nicht völlig kampfunfähig machen würde, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass er mich nach nur einem schmerzlichen Aufstöhnen gleich anspringen würde.
Er kam auf mich zugeschossen. Zu meinen Füßen lag eine Holzlatte, und ich hob sie auf. Mehrere rostige Nägel standen heraus, was sie zu einer nützlichen Waffe machte.
Der Nephilim sah sich das Holz an und zuckte mit den Schultern. »Mach nur. Versuch mich zu schlagen. Tut nicht weh.«
Ich nahm die Latte wie einen Schläger in die Hand. »Vielleicht verletze ich dich nicht dauerhaft, aber ich verspreche dir, dass es wehtut.«
Er wich nach rechts aus, aber das hatte ich erwartet. Als er dann nach links sprang, schlug ich fest zu. Es gab einen schrecklichen Laut, und der Nephilim schrie auf.
»Dafür wirst du bezahlen.« Er trat nach oben, bevor ich Zeit hatte, die Bewegung zu bemerken, und sein Stiefel kickte das Holz aus meinem Griff. Er rang mich zu Boden und zwang meine Arme über den Kopf.
»Geh von mir runter!«, schrie ich und wand mich unter seinem Gewicht.
»Aber sicher doch, Süße. Sag mir nur, was du am Unterschlupf zu suchen hattest.«
»Geh – runter – von – mir – sofort .«
»Du hast sie gehört.«
Die Augen des Nephilim waren weit vor Ungeduld. »Was?«, schnappte er und warf den Kopf herum, um zu sehen, wer es wagte, uns zu unterbrechen.
»Das war eine ganz einfache Bitte«, sagte Jev mit einem leichten Lächeln, das allerdings um die Ränder herum tödlich aussah.
»Ich bin gerade ein bisschen beschäftigt, Kumpel«, bellte der Nephilim und begutachtete mich, als wollte er das noch unterstreichen. »Wenn’s dir nichts ausmacht.«
»Tut’s aber.« Jev ergriff den Nephilim an den Schultern und schleuderte ihn gegen die Wand. Dann legte er seine Hand auf die Kehle des Nephilim und drückte ihm die Luft ab.
»Entschuldige dich.« Mit einem Kopfnicken zeigte Jev in meine Richtung.
Der Nephilim zerrte mit tiefrotem Gesicht an Jevs Hand. Sein Mund ging auf und zu wie bei einem Fisch, als er versuchte, Luft zu bekommen.
»Sag ihr, wie sehr es dir leidtut, oder ich sorge dafür, dass du eine ganze Weile lang gar nichts mehr sagst.« Jev wedelte mit einem Klappmesser in der freien Hand, und mir ging auf, dass er vorhatte, dem Nephilim die Zunge herauszuschneiden. Allerdings hatte ich nicht das geringste Mitleid mit ihm. »Was darf’s jetzt sein?«
Die Augen des Nephilim brannten vor Wut, als er zwischen mir und Jev hin und her sah. Entschuldigung, spuckte seine wütende Stimme in mein Bewusstsein.
»Damit gewinnst du zwar keinen Oscar, aber es reicht«, sagte Jev mit einem bösartigen Lächeln. »War doch nicht so schwer, oder?«
Der Nephilim kämpfte sich frei, schnappte nach Luft und
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