Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
Vom Netzwerk:
sein. Dies umso mehr, als in anderen Mitgliedsländern des Euro-Raums die Post in dieser Zeit richtig abging. Spanien etwa verzeichnete dank der niedrigen Zinsen Rekordwachstumsraten und einen Boom auf dem Immobilienmarkt. Griechenland profitierte durch die niedrigen Zinsen vom Euro. Italien freute sich ebenso. Auch außerhalb Europas, zum Beispiel in den USA, war das erste Jahrzehnt dieses Jahrhunderts ökonomisch gut.
    Der Euro ist nicht wirklich schuld
     
    Kann man also wirklich behaupten, dass Deutschland ein Gewinner des Euro ist? Ist es nicht vielmehr der Verlierer? Stünde Deutschland nicht besser da, wenn es die Gemeinschaftswährung nicht gäbe?
    Das kann man auch wieder nicht sagen. Denn die schlechte Performance in Deutschland in den »Nullerjahren« hat nicht nur mit dem Euro zu tun. Sie ist wesentlich als Spätfolge der deutsch-deutschen Wiedervereinigung zu erklären. Der Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik hatte Verbrauchern und Unternehmen erhebliche Lasten aufgebürdet und vor allem zu einer dramatischen Verschlechterung der öffentlichen Finanzen geführt. Das musste jetzt verdaut werden. In den öffentlichen Haushalten musste gespart werden. Die Sozialversicherungen mussten neu austariert werden. Erinnern Sie sich daran, dass von 2003 bis 2005 die Agenda 2010 umgesetzt und mit ihr die Hartz-IV-Gesetze eingeführt wurden? Bereits in den 1990er Jahren wurde ein Solidaritätszuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben, um die Lasten aus der Wiedervereinigung zu finanzieren. Die Sozialversicherungen wurden durch zusätzliche Rentenzahlungen für die Menschen in den neuen Bundesländern belastet. Es gab mehr Arbeitslose. Die Unternehmen hielten sich angesichts der unsicheren Zeiten mit Investitionen zurück.
    Zudem waren die Lohnkosten in der Euphorie der Vereinigung zu stark angehoben worden. Hier waren Fehlentwicklungen passiert, die eine langwierige und schmerzhafte Entziehungskur erforderten. Die Lohnsteigerungen blieben gering. Die Anpassung dauerte, gemessen an den gesamtwirtschaftlichen Daten, bis zur Mitte des letzten Jahrzehnts. Sie hätte mit oder ohne Euro stattfinden müssen.
    Dazu kam ein zweiter Fehler, und der bestand in der Festlegung eines zu hohen Wechselkurses beim Eintritt in die Währungsunion. Natürlich waren alle Länder zu den Marktkursen in den Euro eingetreten, aber der Kurs der D-Mark war durch die vorherigen Anpassungsmaßnahmen höher, als dies sonst der Fall gewesen wäre. Durch diesen hohen Wechselkurs wurde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft belastet, und die Anpassungsmaßnahmen wirkten sich noch gravierender aus.
    Ohne den Euro hätte es das alles nicht geben müssen. Man hätte die öffentlichen Finanzen nicht in Ordnung bringen müssen und die D-Mark auf den Devisenmärkten abwerten können. Damit wäre das Kostenniveau Deutschlands auf das der Partnerländer heruntergeschleust worden und die deutschen Gewerkschaften hätten sich mit den Löhnen nicht in dem Maße zurückhalten müssen. Ob allerdings – dies ist die andere Seite – die Partner Deutschlands eine Abwertung zugelassen hätten, ist fraglich. Zudem sind Abwertungen nie umsonst zu haben. Sie müssen, wenn sie wirklich wirksam sein sollen, immer von einer restriktiven Geld- und Finanzpolitik begleitet werden. Denn durch die Abwertung erhöhen sich die Importpreise. Es entsteht ein inflatorisches Potenzial, das rechtzeitig bekämpft werden muss, damit es die Vorteile aus der Abwertung nicht zu schnell wieder kompensiert. Es ergeben sich also nur andere Probleme als ohne Abwertung. Es ist ein Irrglaube, dass man durch Abwertungen den Himmel auf Erden bekäme. Das muss man den Politikern sagen, die heute das Fehlen von Abwertungsmöglichkeiten in der Währungsunion vermissen.
    Ärger mit den Partnern
     
    Als echter »Gewinn« aus dem Euro könnte nun der dramatische Umschwung bei der deutschen Leistungsbilanz gesehen werden. In den 1990er Jahren hatte Deutschland hier noch ein Defizit von über 20 Milliarden Euro, die Exporte von Waren und Dienstleistungen waren kleiner als die Importe. Nach Einführung des Euro drehten sich die Handelsströme, und Deutschland hatte einen Überschuss von über 80 Milliarden Euro.

     
    Die Grafik zeigt das Ausmaß der Veränderungen. Vor allem der deutsche Handelsbilanzüberschuss mit den Partnern im Euro-Gebiet ist spürbar gestiegen. Bis 2007/2008 hat er sich fast verdreifacht und ist erst in der Krise wieder etwas

Weitere Kostenlose Bücher