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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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Währungssystem. Hier gab es auch erste Ansätze für eine eigene Währungseinheit. Sie hieß »ECU«, abgleitet von der gleichnamigen alten Goldwährung in Frankreich. Der »ECU« wurde jedoch nie in Münzen und Noten ausgegeben. Er diente nur als Recheneinheit und für Kapitalmarkttransaktionen.
    Delors II
     
    Ende der 1980er Jahre wurde es dann ernst. Da startete der damalige Kommissionspräsident Jacques Delors einen neuen Versuch zu einer stärkeren währungspolitischen Zusammenarbeit. Es wurde eine Kommission eingesetzt, die 1989 den »Delors-II-Bericht« veröffentlichte. Er war letztlich die Grundlage für die Schaffung des Euro zehn Jahre später.
    Der ganze Prozess verlief weniger als eine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer gemeinsamen Währung, sondern eher im trial and error- Verfahren. Immer wieder gab es Rückschläge und Irrwege. Noch in den 1990er Jahren – als die Vorbereitung für den Euro schon recht konkret war – gab es die große »Pfund-Krise« mit riesigen Interventionen auf den Devisenmärkten. Sie wurde von vielen als Scheitern für alle Versuche einer Stabilisierung der Wechselkurse angesehen. Aber immer wieder erholte sich Europa von solchen Niederlagen, bis es schließlich in der Konsequenz zu einer noch stärkeren Integration der Währungspolitik kam. Die beteiligten Politiker wollten weder die politische Zusammenarbeit in Europa noch die wirtschaftlichen Erfolge aufs Spiel setzen.
    Vielleicht kann auch jetzt wieder eine Krise den Zusammenhalt in Europa stärken, indem man aus den Fehlern lernt und die Regeln des Euro entsprechend weiterentwickelt.
    Die »Dolchstoßlegende«
     
    Das ist die eine Entwicklungslinie zum Euro. Sie verläuft relativ gradlinig und hat nichts mit der Wiedervereinigung und politischen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Mitgliedsländern zu tun. Ganz anders die andere Entwicklungslinie. Sie hat ihren Ursprung im Wesentlichen im politischen Streit zwischen den Partnern.
    Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen Regierungen gibt es in jeder Gemeinschaft und zu allen Zeiten. In den Währungswirren der 1970er und 1980er Jahre hatte jedoch ein Streitpunkt in Europa besondere Bedeutung erlangt. Das war die Priorität, die man dem Ziel stabiler Preise beimessen sollte. Für die Deutschen hatte die Geldwertstabilität absoluten Vorrang. Sie war ihnen sogar wichtiger als Wachstum und Beschäftigung. Sie wurde im Gegenteil als Voraussetzung für eine nachhaltige Zunahme des realen Sozialprodukts und der Schaffung neuer Stellen angesehen.
    In den anderen Ländern der Gemeinschaft – und auch in der Welt insgesamt – sah man das anders. Dort hielt man Geldwertstabilität zwar auch für ein wichtiges Ziel. In Konkurrenz zu Wachstum und Beschäftigung erschien die Inflationsbekämpfung aber nicht so wichtig. Vor allem glaubte man nicht, dass stabile Preise wirklich die Voraussetzung für eine Zunahme des Sozialprodukts und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze sind. Die Notenbank sollte daher nicht – wie in Deutschland – unabhängig sein. Sie unterstand vielmehr häufig dem Finanzministerium und hatte sich dem unterzuordnen. Den Deutschen wurde eine Art Inflationsphobie nachgesagt: Die Deutschen suchen unter jedem Kieselstein nach Inflation, wurde von amerikanischer Seite auf einem der internationalen Treffen festgestellt.
    In einer Welt flexibler Wechselkurse wäre ein Nebeneinander solch unterschiedlicher Haltungen zum Thema Inflation kein Problem gewesen. Der Wechselkurs war das Scharnier, mit dem man verschiedene Inflationsraten wettbewerbsneutral ausgleichen konnte. Wollte ein Land für sich mehr Inflation akzeptieren als ein anderes, musste es nur seine Währung entsprechend abwerten. Dann stimmten die Relationen wieder.
    Wenn man in Europa aber die Wechselkurse mehr oder weniger stabil zueinander halten wollte, dann musste die unterschiedliche Bewertung der Preisstabilität zu Problemen führen. Die D-Mark tendierte permanent zur Aufwertung, der französische Franc und die italienische Lira – um nur die Großen in der Gemeinschaft zu nennen – waren Abwertungskandidaten. Die D-Mark war stark, die anderen waren schwach. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen. Politisch weckte es bei den Partnern Deutschlands in der Gemeinschaft unangenehme Erinnerungen an dessen frühere Hegemoniebestrebungen. Entweder gab man die Bemühungen zur Stabilisierung der Wechselkurse auf, oder man einigte sich auf eine gemeinsame stabilitätspolitische

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