Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
gebracht. Ich halte das für keine gute Idee. Zum einen ist eine solche Belastung weder zur Steuerung der Konjunktur geeignet – man kann Finanztransaktionen nicht einmal mehr und einmal weniger belasten – noch zur Steuerung der gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Zum anderen ist eine solche Steuer »bürgerfern«. Der große Vorteil von Steuern ist der, dass der Empfänger der Einnahmen dem Zahler Rechenschaft schuldig ist. Derzeit gibt es keine Europasteuer, also muss die Europäische Union sich nicht beim Bürger rechtfertigen (sondern nur bei den Nationalstaaten, die ihr Geld überweisen). Wenn es eine Europasteuer gäbe, dann müsste die Kommission dem Bürger zeigen, was sie damit macht. Eine Finanztransaktionsteuer hilft hier nicht. Sie erscheint in der Öffentlichkeit eher als eine Strafe für die Banken denn als Belastung der Bürger.
Es muss auch Gemeinschaftsanleihen geben, denn das Stabilisierungsbudget muss in Zeiten gesamtwirtschaftlicher Schwäche mit deficit spending gegensteuern können. Gemeinschaftsanleihen sind in der Euro-Krise zu einem »Unwort« geworden, weil die Deutschen so aggressiv darauf reagiert haben.
Dabei waren die Gemeinschaftsanleihen, um die es bei der Euro-Krise ging, etwas ganz anderes. Damals hatten manche Befürworter im Kopf, die Mittelaufnahme aller Euro-Mitglieder am Kapitalmarkt zu poolen und die Einnahmen daraus den einzelnen Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Das war in der Tat problematisch. Zwar hätten dann die Peripheriestaaten billiges Geld bekommen, dafür hätte sich aber das Standing Euro-Lands auf den Kapitalmärkten deutlich verschlechtert. Euro-Land hätte von den Ratingagenturen sicher nicht mehr das »AAA« bekommen, das etwa Deutschland oder die USA heute noch haben. Dafür wären dann auch die Zinsen gestiegen, und Deutschland hätte mehr für seine Kreditaufnahme zahlen müssen.
Das Problem der Deutschen hätte man durch etwaige Ausgleichszahlungen vielleicht noch lösen können. Schlimmer im Sinne des Krisenmanagements wäre gewesen, dass man den Schuldnerländern keine entsprechenden finanz- und wirtschaftspolitischen Auflagen hätte machen können. Damit wäre die notwendige Konsolidierung nicht oder nicht in ausreichendem Maße in Gang gekommen.
Bei den Gemeinschaftsanleihen im Rahmen des Musgrave-Modells geht es um etwas ganz anderes. Es handelt sich hier nicht um Kreditaufnahmen für einzelne Staaten, sondern um solche zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Gemeinschaft insgesamt. Sie müssten auch von der Gemeinschaft garantiert werden. Ein Bonitätsproblem gäbe es genauso wenig wie für die Emissionen, die jetzt für den Rettungsschirm EFSF getätigt werden.
Die erschreckende Größenordnung des Stabilisierungsbudgets muss man in der richtigen Perspektive sehen. Mit einem solchen Stabilisierungsbudget hätte der gemeinsame Haushalt immer noch nur einen Anteil von gut 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Es ist viel, viel weniger als das, was die Nationalstaaten für die öffentliche Hand ausgeben, nämlich derzeit rund 50 Prozent. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Mittel nur zur Steuerung der Konjunktur gemeinschaftlich disponiert werden. Bei der Verwendung kann ein Großteil davon wieder an die einzelnen Nationen zurücküberwiesen werden.
Die Schlussfolgerung: Auch im komplizierten Geflecht der europäischen Interessen kann man eine gemeinschaftliche Fiskalpolitik als Gegenpol und Ergänzung zur Geldpolitik installieren. Es erfordert aber einen erheblichen Kraftakt. Die Länder müssen Opfer bringen und auf Kompetenzen verzichten. Die Währungsunion gibt es eben auch für die Finanzminister nicht zum Nulltarif.
7. Die Wirtschaftsregierung
Schauen wir uns jetzt die Wirtschaftspolitik in der Währungsunion an. Was sie tun muss, ist klar.
Sie muss dafür sorgen, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in den einzelnen Ländern nicht zu sehr auseinanderentwickeln. Sonst funktioniert das »One size fits all«-Prinzip der gemeinsamen Geldpolitik nicht. Das heißt, es dürfen keine zu großen Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit und der Preis- und Lohnentwicklung entstehen. Es darf keine zu großen Leistungsbilanzsalden innerhalb der Gemeinschaft geben. Es darf auch nicht zu großen regionalen Ungleichgewichten kommen, die am Ende mit Arbeitsplatzverlagerungen und möglicherweise unerwünschten regionalen Konzentrationen verbunden sein können.
Sie muss darüber hinaus die Bedingungen so
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