Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
setzen, dass die Gemeinschaft insgesamt ordentlich wächst, dass genügend Arbeitsplätze geschaffen werden und dass Europa seine Stellung auf den Weltmärkten behält und vielleicht noch verbessert.
Und sie ist dafür verantwortlich, dass der marktwirtschaftliche Rahmen funktioniert. Dazu braucht es Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitsmärkte und zur Erhöhung der Mobilität der Arbeitskräfte. Nur dann kann ohne größere Reibungsverluste auf externe Schocks, zum Beispiel durch Veränderungen auf den Weltmärkten, reagiert werden. Auch das muss koordiniert werden. Es reicht nicht, wenn ein Land seine Arbeitsmärkte modernisiert und die anderen nicht. Denn dann gibt es Probleme bei der Wettbewerbsfähigkeit.
Notwendig sind auch Angleichungen bei der staatlichen Aufsicht über die einzelnen Märkte. Das gilt insbesondere natürlich auch für die Finanzmärkte. Es geht nicht an, dass die Aufsicht national ist, die zu beaufsichtigenden Unternehmen aber international agieren. Viele Probleme in der Finanzkrise beruhten darauf, dass die Aufsichtsbehörden nicht genug Einsicht in die Aktivitäten der Banken hatten. Die deutsche »Bafin« beispielsweise hatte bei der in Schwierigkeiten gekommenen Hypo Real Estate keinen Einblick in die irischen Geschäfte, die für das Institut am Schluss so wichtig geworden waren.
Schließlich geht es auch darum, Überhitzungen auf einzelnen Immobilienmärkten zu verhindern, wie sie etwa in Spanien vor der Krise aufgetreten sind. Es wäre gut gewesen, hätte Brüssel rechtzeitig einen Hinweis gegeben, dass sich hier eine Blase entwickelt. Auch übermäßige Lohnsteigerungen müssen vermieden werden, weil sie die Geldwertstabilität gefährden und auch dazu führen könnten, dass ein Land weniger exportieren kann und mehr importieren muss.
An sich sind das alles Selbstverständlichkeiten. Jeder weiß, dass eine Währungsunion nur dann funktioniert, wenn die Verhältnisse in den einzelnen Ländern nicht zu ungleich sind.
Warum sich Europa so schwertut
Wenn aber klar ist, dass man um mehr Koordinierung der Wirtschaftspolitik in einer Währungsunion nicht herumkommt, warum macht man es dann nicht? Die Diskussion über eine Wirtschaftsregierung in Europa wird schon lange geführt, eine wirkliche Lösung zeichnet sich dennoch nicht ab. Es sind vor allem die Franzosen, die dafür sind. Und es sind die Deutschen, die sich am stärksten dagegen wehren.
Zuletzt hat man sich darauf geeinigt, dass der Europäische Rat die Aufgaben der Wirtschaftsregierung übernehmen soll. Da macht man freilich den Bock zum Gärtner. Das geht nicht. Der Europäische Rat setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs aller EU-Mitglieder, nicht nur der Euro-Länder, zusammen. Er kann also gar nicht als Counterpart der Europäischen Zentralbank agieren. Wenn er dies wollte, dann müsste er zunächst einmal eine Untergruppe bilden, in der sich die Euro-Mitglieder (plus vielleicht die, die es in absehbarer Zeit werden wollen) treffen und sich untereinander abstimmen – also eine Art Euro-Gruppe auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs.
Im Übrigen hat der Rat anderes zu tun, als sich speziell um Details der Wirtschaftspolitik in den einzelnen Ländern zu kümmern. Staatschefs sind für das große Ganze zuständig und nicht nur für den Einzelbereich Wirtschaft. Dazu sollte man die Wirtschaftsminister heranziehen, so wie das die Finanzminister in der Euro-Gruppe machen. Zudem ist der Rat ein großes Gremium ohne einen Stab mit wirtschaftspolitischem Sachverstand. Wenn jemand für die Aufgabe der Wirtschaftsregierung in Frage käme, dann wäre es nicht der Rat, sondern die Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen bei der EU-Kommission.
Der entscheidende Grund, weshalb es um die Wirtschaftsregierung so viel Streit gibt, ist die Ordnungspolitik. Vor allem Franzosen und Deutsche haben unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die Wirtschaft in der Union organisiert werden soll. Es geht hier im Wesentlichen um vier Punkte:
Der erste ist die Unabhängigkeit der Notenbank. Die Deutschen fürchten, eine Wirtschaftsregierung würde zu einem Gegenpol zur Europäischen Zentralbank; sie würde am Ende versuchen, Einfluss auf die Geldpolitik zu nehmen. Das aber gefährde die Preisstabilität. Ob das wirklich so kommt, darüber kann man freilich trefflich streiten. Solange die EZB sich von ihrem Kurs nicht abbringen lässt, kann eine Wirtschaftsregierung auch nichts Negatives bewirken. Manches spricht im
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