Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
wirtschafts- und währungspolitischen Weichen so stellen, dass es in vertretbarer Zeit wieder auf die Füße kommt und die Gelder zurückzahlen kann.
Dieses Prinzip wird bei dem derzeitigen Rettungsschirm konsequent praktiziert. Griechenland bekam ein sehr strenges Regime zum Sparen und zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit oktroyiert. Es musste sein Defizit in den öffentlichen Finanzen beispielsweise im ersten Jahr von 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in 2009 auf 9 Prozent in 2010 reduzieren. Das führte zu einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um 4 Prozent. Es war eine Rosskur mit Steuererhöhungen, Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst, Verringerungen von Rentenzahlungen und vielem anderen mehr. Und sie ist noch nicht vorbei. Wenn alles glattgeht, wird Griechenland erst 2014 – also vier Jahre nach Beginn der Krise – wieder stabil dastehen. Das ist eine lange Durststrecke. In Griechenland gab es verständlicherweise erhebliche Proteste gegen das Programm. Es wird von der Regierung viel Durchhaltevermögen verlangt werden.
Mit oder ohne IWF?
Irland hat sich lange geziert, die Hilfen der Gemeinschaft anzunehmen, nicht weil es kein Geld haben wollte, sondern die harten Auflagen scheute. Schließlich willigte es ein. Auch Portugal hat sich gegen die Auflagen gewehrt. Das zeigt, dass die Auflagen das Ziel erreichen. Niemand nimmt aus Jux und Tollerei Mittel beim Rettungsschirm auf.
Wichtig ist auch, dass die Hilfen verzinst werden. Damit soll verhindert werden, dass die Steuerzahler der Partnerländer zu stark in Anspruch genommen werden. Ursprünglich bestand Deutschland als Hauptzahler darauf, dass die Hilfen zu Marktzinsen vergeben werden. Das ergibt freilich kein Sinn. Denn dann kann das Land die Gelder auch selbst am Markt aufnehmen. Am Schluss hat man sich darauf geeinigt, die Gelder zu einem Zins von 5 bis 6 Prozent an die Schuldnerländer zu vergeben. Dieser Zins wurde später reduziert, weil es natürlich auch nicht vernünftig ist, dass die Steuerzahler mit ihren Hilfen selbst Geld verdienen.
In der Vereinbarung über die Merkmale des neuen ESM, der 2013 in Kraft treten soll, haben die Staats- und Regierungschefs der Union festgelegt, dass der Darlehenszins zusätzlich zu den Finanzierungskosten des ESM eine Gebühr von 200 Basispunkten auf die gesamten Darlehen und einen Aufschlag von 100 Basispunkten enthalten soll für alle Darlehen, die noch nicht nach drei Jahren zurückgezahlt sind. Das entsprach im Frühjahr 2011 einem Zins von rund 4 Prozent.
Eine schwierige Frage ist, ob man den Internationalen Währungsfonds an den europäischen Rettungsschirmen beteiligt. Der große Vorteil ist, dass die Mittel des IWF für den Schuldner billiger sind (rund 3 Prozent Verzinsung). Zudem hat der IWF eine lange Expertise bei der Formulierung von wirtschaftspolitischen Auflagen. Für die europäischen Schuldner ist es politisch auch einfacher, Auflagen aus Washington zu akzeptieren als von Partnerländern, mit denen man in Brüssel am selben Tisch sitzt.
Gleichzeitig aber gibt Europa mit dem Hilferuf an den Internationalen Währungsfonds zu, dass es seine eigenen Probleme nicht selbst lösen kann. Das ist ein Armutszeugnis für die Gemeinschaft. Sie sollte eigentlich so stark sein, dass sie sich selbst helfen kann, und sie sollte über genügend Autorität verfügen, dass ihre Auflagen auch akzeptiert werden. Über den IWF kann die ganze Weltgemeinschaft bei innereuropäischen Angelegenheiten mitreden – auch die USA, von denen sich Europa durch den Euro eigentlich emanzipieren wollte. Ich war schon ein wenig befremdet, als ich in der Zeitung las, dass der amerikanische Präsident Obama die deutsche Bundeskanzlerin anrief und ihr angeblich Ratschläge für den Umgang mit Griechenland gab.
Durch die Mitsprache der internationalen Gemeinschaft kann es zudem zu Problemen in der Geldpolitik kommen. Was passiert, wenn die EZB die Zinsen erhöht, die Auflagen für Griechenland aber auf der Basis unveränderter Zinsen formuliert sind? Könnte hier nicht ein Druck auf die EZB entstehen, die Zinsen nicht so stark anzuheben? Tatsächlich soll die EZB einer der schärfsten Gegner einer Einbeziehung des IWF gewesen sein.
Aus Sicht Europas wäre es sicher wünschenswert, die Rettungsschirme so bald wie möglich in eigener Regie zu übernehmen.
Eine Frage ist schließlich die Größe des Rettungsschirms. Für die unmittelbare Bekämpfung der Krise des Jahres 2010 waren die knapp
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