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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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Rettungsschirm, um einzelnen Mitgliedern aus der Patsche zu helfen, wenn sie in Schwierigkeiten sind.
    In den USA gibt es ihn auch nicht. Wenn dort einzelne Bundesstaaten Probleme haben, dann liegt es an ihnen, damit klarzukommen. New York musste drastisch sparen und konnte nicht auf Hilfe von Washington hoffen. Das Gleiche geschah in Kalifornien, wo der populäre Gouverneur Arnold Schwarzenegger die Notbremse bei den Finanzen ziehen musste. Er musste unter anderem Gefängnisse schließen und Beamte nach Hause schicken, weil der Staat sie nicht mehr bezahlen konnte. Nach dem Wirbelsturm Rita lehnte das Finanzministerium in Washington die Garantie von Anleihen ab, mit denen die geschädigten Gemeinden am Mississippi Wiederaufbauarbeiten finanzieren wollten.
    Auch in Deutschland gibt es keinen solchen Rettungsschirm. In der Nachkriegszeit ist der Bund nie einem einzelnen Land oder einer Gemeinde zu Hilfe gekommen. Niemand dachte im Traum daran, dass der Bund beispielsweise Nordrhein-Westfalen unter die Arme greift, als ein Gericht 2010 seinen Nachtragshaushalt für verfassungswidrig erklärte.
    Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht das »bündische Prinzip« eingeführt. Danach steht den Bundesländern in Haushaltsnotlagen bundesstaatliche Hilfe zu. Das hängt in Deutschland mit der engen finanziellen Verflechtung der Gebietskörperschaften zusammen. Der Bund erlässt viele Leistungsgesetze, die die Länder und Gemeinden ausführen müssen. Einen Rettungsschirm gibt es dafür aber nicht.
    Bei der Einführung der Schuldenbremse 2009 wurde allerdings ein »Stabilitätsrat« eingeführt. Er soll die Haushalte von Bund und Ländern überwachen und frühzeitig auf Haushaltsnotlagen aufmerksam machen. Er hat aber weder große Mittel, mit denen er einzelnen Ländern zur Verfügung stehen kann, noch besitzt er die Möglichkeit von Sanktionen. Wenn ein Sanierungsprogramm nicht die gewünschte Wirkung erzielt, dann – so heißt es auf der Internetseite des Stabilitätsrats – wird einfach »ein neues Sanierungsprogramm vereinbart«.
    Im Euro-Raum haben die Väter der Gemeinschaftswährung ebenfalls nicht an einen Rettungsschirm gedacht. Sie haben sogar einen »Anti-Rettungsschirm« in die Währungsunion eingebaut. Das ist die sogenannte »Non-bail-out-Klausel«. Nach Artikel 125 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union darf weder ein einzelner Staat noch die Gemeinschaft insgesamt einem Mitglied helfen, wenn es in Schwierigkeiten kommt. Nur in außergewöhnlichen Fällen, etwa bei »Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen«, kann die Gemeinschaft einem einzelnen Land Beistand leisten (Artikel 122 Absatz 2).
    Und trotzdem haben wir im Euro-Raum jetzt einen Rettungsschirm. Und was für einen! Er umfasst, wenn man alles zusammenrechnet, ein Volumen von über 1000 Milliarden Euro. Da kann einem angst und bange werden.
    Der Chef des Ifo Instituts Hans-Werner Sinn hat im Frühjahr 2011 folgende Rechnung aufgemacht ( Süddeutsche Zeitung , 2./3.4.2011):
 
80 Milliarden Euro EU-Rettungsplan für Griechenland, davon entfallen 22 Milliarden Euro auf Deutschland.
     
30 Milliarden Euro IWF-Rettungsplan für Griechenland; Deutschland haftet dabei in Höhe von 2 Milliarden Euro im Rahmen seiner Beteiligung am IWF.
     
620 Milliarden Euro Bürgschaften des neuen Rettungsschirms ESM (European Stability Mechanism), der ab 2013 die bisherigen Rettungsschirme EFSF und EFSM ersetzt; davon entfallen auf Deutschland 168 Milliarden Euro.
     
80 Milliarden Euro Bareinzahlung in den Rettungsschirm ESM, damit dieser Schirm auch fähig ist, sich in eigenem Namen auf dem Kapitalmarkt Geld zu beschaffen; deutscher Anteil daran 22 Milliarden Euro.
     
250 Milliarden Euro Beitrag des IWF parallel zum ESM; hierfür muss Deutschland mit 15 Milliarden Euro geradestehen.
     
77 Milliarden Euro Käufe von Staatsanleihen von Schuldnerstaaten durch die EZB; dafür haftet Deutschland mit 26 Milliarden Euro.
    Insgesamt ist das die unvorstellbare Summe von 1137 Milliarden Euro.
    Von ELAs und Target 2
     
    Und als ob der Betrag nicht schon groß genug wäre, fügte Hans-Werner Sinn zwei Positionen hinzu, die die Summe noch unvorstellbarer machen:
 
65 Milliarden Euro ELA-Kredite, wofür Deutschland mit 22 Milliarden Euro geradestehen muss.
     
340 Milliarden Euro Target-2-Forderungen der EZB gegen die großen Schuldnerländer im Euro-Raum, davon entfallen

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