Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)
auf dem Binnenmarkt zu holen, so einfach akzeptieren. In jedem Fall wird es Reibereien mit Brüssel geben, möglicherweise verbunden mit Auswirkungen auf die Beihilfen und Subventionen an das betreffende Land.
Überblickt man den ganzen Rattenschwanz an Effekten, der sich für ein Land durch den Austritt aus der Währungsunion ergäbe, ist kaum zu erwarten, dass es wirklich dazu kommt. In jedem Fall ist es sehr wahrscheinlich, dass das Land am Ende schlechter dasteht als vorher. Es wird sich nichts mehr wünschen, als seinen Schritt so bald als möglich wieder rückgängig zu machen. Kein Wunder also, dass der griechische Ministerpräsident Georgos Papandreou, ein kluger und vorausschauender Politiker, den Austritt seines Landes aus der Währungsunion von Anfang an eindeutig ablehnte.
Die Sicht der Währungsunion
Das sind die Wirkungen auf das Land, das austritt. Wie sieht die Lage aus der Sicht der Währungsunion aus? Man könnte es sich einfach machen und diese Wirkungen vernachlässigen. Wenn Griechenland die Union verlassen würde, wäre der Effekt auf die Gemeinschaft auf den ersten Blick nicht sehr groß. Griechenland macht nur 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Euro-Raums aus. Das ist etwas weniger als der Anteil Schleswig-Holsteins in Deutschland, das spielt für die Gesamtheit keine große Rolle (wohl aber natürlich für den einen oder anderen größeren Handelspartner des austretenden Landes).
Von einiger Bedeutung aber für die Gemeinschaft sind die Wirkungen, die ein solcher Schritt auf die Devisenmärkte hat. Dort wird sofort gefragt: Wer könnte der Nächste sein? Sie suchen nach Möglichkeiten, wie sie aus einem oder weiteren Austritten in Zukunft Vorteile ziehen können (beziehungsweise Verluste vermeiden können). Auf dem Devisenmarkt kein ganz einfaches Unterfangen. Natürlich kann man Banknoten eines neuen Kandidaten, sagen wir Portugal oder Irland, aussondern und sie verkaufen. Das wäre für die infizierten Länder zwar unangenehm. Sie könnten es aber aushalten. Man muss nur neue Noten drucken beziehungsweise Münzen prägen.
Gegen die Währung in Portugal oder Irland kann man nicht spekulieren, weil sie die gleiche wie anderswo ist. Insofern ist der Euro besser geschützt als frühere Festkurssysteme. Damals konnten Spekulanten sich eine Währung herauspicken und gegen sie so lange spekulieren, bis die Zentralbank gezwungen war, die Verteidigung aufzugeben. Das ist es, was der Hedgefonds-Besitzer George Soros in den 1990er Jahren gegen das britische Pfund getan hatte. Es war für die beteiligten Länder sehr teuer (und für Soros ein großer Gewinn).
Was findige Marktteilnehmer jedoch tun können, ist, sich Staatspapiere von potenziellen »Austrittskandidaten« herauszugreifen und gegen diese zu spekulieren, indem sie sie kaufen oder verkaufen. Kaufen würde man etwa Bundesanleihen, wenn man damit rechnet, dass Deutschland ausscheidet und es dann zu einer Aufwertung käme. Verkaufen würde man, wenn ein schwächeres Land attackiert würde, bei dem man mit einer Abwertung der neuen Währung rechnen müsste.
Geschähe das im großen Stil, würden in Deutschland die Zinsen sinken und es gäbe erhebliche, inflationär wirkende Kapitalzuflüsse. Die Bundesbank müsste Kapitalverkehrskontrollen einführen oder am Ende wirklich über einen Austritt aus der Gemeinschaft nachdenken. Umgekehrt stiegen die Zinsen für, sagen wir, Italien. Möglicherweise würden dann auch die Italiener mit ihrem Geld oder mit ihren Staatsanleihen flüchten. Es würde das passieren, worunter viele Staaten im Bretton-Woods-System, dem System fester Wechselkurse in der Nachkriegszeit, litten. Die Währungsunion würde sich den Spekulanten ausliefern. Sie würde ihre eigene Stabilität und Zusammengehörigkeit verlieren. Das sollte man vermeiden.
Auch die Union selbst kann kein Interesse am Austritt eines Landes haben. Durch ihn würde der Zusammenhalt geschwächt und die Gemeinschaft zum Spielball der Spekulation gemacht, also genau das bewirken, was man durch die Gründung der Union eigentlich vermeiden wollte.
Austritt eines starken Landes
Ob ein schwaches oder ein starkes Land austreten würde – die Wirkungen sind im Prinzip dieselben. Auch bei einem starken Land ergäben sich die juristischen und die technischen Probleme, auch hier käme es zu größeren ökonomischen Verwerfungen. Allerdings wäre es nicht mit einer Abwertung konfrontiert, sondern – jedenfalls kurzfristig – mit einer
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