Rettet unser Geld
verwickelt, weil er in einem Interview dessen Kreditwürdigkeit infrage gestellt hatte; danach brach das Kirch-Imperium zusammen.
Nachdem immer mehr Medien und Flüsterstimmen von einem dringend benötigten Bail-out Griechenlands sprachen, um ihn förmlich herbeizureden, zeigte sich, dass sich nur noch die Deutschen widersetzten. Um den Stabilitätspakt wenigstens formal zu verteidigen und zudem die griechische Regierung zu einem harten Sparkurs zu zwingen, blockierte Angela Merkel das Ansinnen vor allem Frankreichs und zog sich den Zorn der europäischen Partner wie den der eigenen Opposition zu.
Im Mai war diese Position dann nicht mehr zu halten. Die Kanzlerin gab auf. Vorausgegangen war eine Inszenierung, die man als bühnenreif schildern müsste, wenn derlei je auf dem Theater gezeigt würde. Völlig überraschend brachen am 6. Mai an der Wall Street die Kurse ein, der Dow Jones fiel dramatisch, und keiner wusste warum, nicht einmal die Börsenaufsicht, die eilig eine Untersuchung anstellte. Monate später stellte sich heraus, dass ein einzelner Hedgefonds die Kettenreaktion ausgelöst hatte, als er einen computergesteuerten Blitzverkauf von CDS tätigte - die dadurch ausgelöste Panik dürfte im Sinn der Urheber gewesen zu sein. Obwohl sich die Kurse schnell erholten, saß der Schock in der Finanzwelt tief. Denn wenn der Dow Jones hustet, bekommt der Dax den Schnupfen.
Das Kursdebakel bewirkte eine tiefe Verunsicherung der ohnehin schon durch die Griechenlandkrise verunsicherten Europäer - mithin die ideale Stimmung, um ein wenig Seelenmassage in Richtung Rettungspaket zu betreiben. Tatsächlich
telefonierten, laut FAZ , sowohl der amerikanische Präsident Barack Obama als auch Fed-Chef Ben Bernanke mit Berlin und der EZB, um »auf ein großes staatliches Rettungspaket für Südeuropa zu dringen«. Wer hätte da widerstehen können?
Der Bundestag zögerte nicht, das Rettungspaket zu verabschieden. Angela Merkel warb eindringlich für die teure Maßnahme, ohne die angeblich die Stabilität und damit der Erhalt des Euro-Systems nicht mehr garantiert seien. Auch Bundesbankpräsident Axel Weber, dem eine gewisse Nachgiebigkeit gegenüber der Kanzlerin nachgesagt wird - er braucht ihre Unterstützung, um EZB-Präsident zu werden -, appellierte an die Abgeordneten, das Griechenlandpaket der 110 Milliarden, die von EU und IWF aufgebracht werden mussten, zu unterstützen: »Eine Insolvenz von Griechenland hätte dramatische Folgen für die Währungsunion.«
Die Appelle zeigten Wirkung. Am 7. Mai 2010 wurde das Währungsunion-Finanzstabilisierungsgesetz mehrheitlich verabschiedet, das auch der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) empfohlen hatte - so lange Wörter gibt es nur bei uns -, indem er konkret auf die amerikanische Attacke Bezug nahm. Jochen Sanio, BaFin-Chef und SPD-Mitglied, erklärte am 5. Mai gegenüber dem Haushaltsausschuss des Bundestags, Griechenland habe sich den Hedgefonds als gefundenes Fressen angeboten - »ein besseres Angriffsziel konnte man sich nicht aussuchen«. Man dürfe jetzt auf keinen Fall zögern, da »im Moment von Spekulanten ein Angriffskrieg gegen die Euro-Zone geführt wird«.
Als einziges Mittel empfahl Deutschlands oberster Finanzkontrolleur, dagegenzuhalten, unter anderem mit Ordnungsmaßnahmen gegen die »Finanzhasardeure«, die »im Fall Griechenlands in drei bis vier Monaten rund 500 Prozent Gewinn einstreichen konnten«. Sanio plädierte deshalb für einen politischen
Gegenangriff auf den ungeregelten Bereich der internationalen Schattenfinanz, zumal dort »irrsinnige Summen« auf dem Spiel stünden, möglicherweise im zweistelligen Billionenbereich.
Gemessen daran schienen die 22,4 Milliarden Euro, mit denen Deutschland für die maroden Griechen bürgen musste, wie ein Schnäppchen. Vor lauter Aufgeregtheit über die eigene Entschlusskraft verlor man in Berlin und Frankfurt den Zusammenhang aus dem Blick: In Wahrheit hatte man nämlich die Grundprinzipien des No-Bail-out verraten, im guten Glauben, damit den Euro zu retten. Stattdessen hatte man dem Druck der amerikanischen Finanzwirtschaft nachgegeben, der der Stabilitätspakt schon immer ein Dorn im Auge war, weil er nicht nur Währungsspekulationen erschwerte, sondern weil ein starker Euro dem Dollar den Rang abzulaufen drohte.
Man hat den Euro zu retten geglaubt - in Wahrheit hat man ihm ein schleichendes Gift verpasst, dessen tödliche Wirkung erst mit Verzögerung eintreten
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