Rettet unser Geld
die Investmentbank allein 2009 als Gewinn ausgewiesen hat, betrug die Strafe lediglich 4 Prozent. Freuen konnte sich auch die IKB, die sich heute im Besitz des amerikanischen Finanzinvestors Lone Star befindet - sie erhielt die verlorenen 150 Millionen Dollar zurück.
Wenn man sich nun fragt, welche Philosophie hinter derlei Transaktionen steckt, deren einziges Ziel es ist, unter Ausnutzung ahnungsloser Kunden möglichst viel Geld umzuverteilen, sollte man zuvor fragen, wer sich dieser Philosophie bedient. Wer ist Goldman Sachs? Die Bank, die intern »Government Sachs« genannt wird, steht, wie das Wortspiel andeutet, der US-Regierung traditionell näher als vergleichbare Institute.
Viele US-Finanzminister, darunter Henry Paulson oder Robert Rubin, waren zuvor Goldman-Sachs-Manager gewesen, und bis heute gilt, was die Huffington Post 2009 schrieb: »Es scheint, dass alle paar Wochen ein neuer Goldman-Sachs-Mitarbeiter in eine Regierungsabteilung überwechselt. Diese Banker landen auf Schlüsselpositionen des Finanzministeriums und der Federal Reserve, und sie bewegen die Hebel des riesigen Bail-outs«, mit dem, wie hinzuzufügen ist, die US-Regierung die amerikanischen Banken aus der Krise herausgekauft hat. Ich beklage das nicht, es war überlebensnotwendig; ich bemerke nur, dass es zwischen der US-Administration und einer bestimmten Investmentbank keine scharfe Trennlinie zu geben scheint.
Noch etwas muss ich anmerken, das in Die Abwracker keine Rolle gespielt hat, weil es erst während der Griechenland- und Euro-Krise in den Fokus rückte: Die Immobilienblase, die ich dort beschrieben habe, war nur die bekannteste Form jener Blasen, an denen man sich, wenn man auf der richtigen Seite steht, eine goldene Nase verdienen kann. Wie bekannt, handelt es sich dabei um ein Gebilde, das sich aufbläht wie ein Heißluftballon, weil das Feuer unter ihm ständig neue Nahrung erhält durch Medien, Politik und Mund-zu-Mund-Propaganda. Ein solcher Hype , wie diese Blasenform auch genannt wird, bringt allen Beteiligten Gewinne, weil das gehypte Produkt eine ständige Wertsteigerung erfährt - bis zum Moment, wo
die Blase platzt. Dann verliert man alles, wenn man nicht auf der richtigen Seite steht.
Dazu ist es nötig, die andere Erscheinungsform dieses Phänomens zu kennen. Sie ist das genaue Gegenteil der wachsenden Blase, denn sie schrumpft. Auch das lässt sich erzeugen, indem man das Umgekehrte dessen bewirkt, was zum Hype geführt hat: Statt zu loben, reißt man herunter. Statt massenhaft zu kaufen, stößt man massenhaft ab. Statt etwas aufzubauen, lässt man »die Luft heraus«. Und die Medien, diese Seismographen der Öffentlichkeit, läuten das Totenglöckchen, noch bevor das Produkt gestorben ist. Man könnte das einen Antihype nennen - übrigens lässt sich das mit Personen ebenso leicht anstellen, indem man sie verunglimpft und ihnen einen Maulkorb umhängt. Dann sind sie so »tot« wie eine Ware, die ihren Wert verloren hat.
Es dürfte kaum überraschen, dass man mit beiden Varianten der Blasen Geld verdienen kann, viel Geld. Und weil jeder Zeitungsleser seit 2009 wusste, dass der griechische Staat in Zahlungsschwierigkeiten gekommen war, sammelten sich auch in diesem Fall Investoren, die eben damit Geld verdienen wollten, viel Geld. Genau zu dem Zeitpunkt, als internationale Banken ihre Kreditlinien gegenüber Athen zurückzufahren begannen, deckten sich Hedgefonds mit Papieren ein, deren Gewinne im selben Maß steigen, wie der Wert ihres Gegenstandes sinkt.
Es handelt sich also nicht um »Sicherheiten« wie bei den Immobilienverbriefungen, sondern um Versicherungen, die das Risiko abdecken, dass ein gezahlter Kredit verloren geht. Der Fachbegriff lautet credit default swaps (CDS), zu Deutsch »Kreditausfallversicherungen«, und ab Herbst 2009 kauften die Hedgefonds gewaltige Mengen solcher Derivate, die damals noch billig zu erstehen waren. Sie wussten natürlich, dass in
absehbarer Zeit die Besitzer von griechischen Staatsanleihen händeringend nach solchen Absicherungen suchen würden.
Als die neu gewählte griechische Regierung im Oktober 2009 das angegebene Haushaltsdefizit von den offiziellen 3,7 Prozent auf bis zu 13 Prozent emporschraubte, knallten bei den Hedgefonds die Sektkorken. »Auch wenn die Fragwürdigkeit der griechischen Staatsanleihen bekannt war«, schrieb die FAZ , »erstaunt das Ausmaß des Betrugs.« Für Athen kam es nun knüppeldick: Die Risikoprämien für griechische Staatsanleihen
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