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Rettungskreuzer Ikarus Band 002 - Das weiße Raumschiff

Rettungskreuzer Ikarus Band 002 - Das weiße Raumschiff

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 002 - Das weiße Raumschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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spannten. Sie würden herausbrechen und drei Tage lang blühen, anschließend
würde Thorpa nicht nur neue Gliedmaßen haben, sondern auch neue,
voll funktionsfähige Geschlechtsteile am unteren Ende seines Borkenkörpers.
    »Wieso bin ich hier ... die Zeit für die erste Knospung ist doch noch
gar nicht gekommen?«, fragte sich der Pentakka. Als sei dies das Stichwort
gewesen, öffnete sich eine Tür und ein älterer Artgenosse trat
raschelnd ein. Er trug ein gelbes Halstuch, das ihn als »Bewahrer«
kennzeichnete, eine Art Arzt, der in den Knospungszentren half, diese Prozedur
zu überstehen und bei hin und wieder eintretenden leichten Infektionen
aushalf. Der ältere Pentakka stellte sich vor Thorpa und musterte ihn kritisch.
    »Du warst überfällig, Thorpa!«
    Der Student der Xenopsychologie blickte verwirrt um sich.
    »Überfällig? Ich sollte doch jetzt eigentlich in einer Mulde
in einem fremden Raumschiff liegen und dort von weißlichen Fäden
...«
    »Nein, Thorpa. Du bist jetzt 56 Jahre alt und solltest auf Pentak unter
dem Licht der Sonne deiner Knospung entgegensehen. Deine Wurzelgenossen haben
die Knospung bereits hinter sich gebracht!«, unterbrach der andere Pentakka.
    Normalerweise absolvierte ein Pentakka seine erste Knospung mit 52 Jahren. Doch
für den eigentlichen Vorgang war eine spezielle Strahlungskomponente der
Sonne des Pentak-Systems notwendig, von der die biologische Entwicklung des
einzelnen Wesens abhängig war. Oder, anders gesagt, jeder Pentakka, der
durch das Weltall streifte und die Knospung noch nicht absolviert hatte, blieb
körperlich ein geschlechtsunreifer Jugendlicher, bis er auf seine Heimatwelt
zurückkehrte.
    »Aber ich musste doch dem Ruf auf die Ikarus folgen!«, erklärte
Thorpa. »Ich konnte nicht rechtzeitig auf Pentak sein!«
    »Eine schlechte Ausrede, Thorpa. Du hättest das leicht schaffen können.
Aber du hast es vorgezogen, Studien zu machen und dich von Pentak fern zu halten.
Der Ruf auf die Ikarus kam dir doch gerade recht, die Rückkehr nach Pentak
erneut zu verschieben!«
    Thorpa schwang sich von der Liege. Der Druck auf seine Gliedmaßen wurde
immer stärker. Der andere Pentakka trat näher und begann, die geschwollenen
Spitzen zu massieren.
    »Das ist doch nicht wahr«, verteidigte sich Thorpa. »Das klingt
doch fast so, als würde ich absichtlich meine Knospung verhindern wollen.«
    Der ältere Pentakka sah ihn aufmerksam an.
    »Aha«, machte er. »Du hast es also selbst erkannt.«
    »Aber das stimmt doch nicht!«
    »So?«
    »Blödsinn!«, entfuhr es Thorpa. »Was sollte mir das nützen?«
    Der Pentakka setzte seine Massage fort.
    »Nun ja, vielleicht willst du verhindern, erwachsen zu werden. Vielleicht
willst du den Zeitpunkt herauszögern, Verantwortung für dich selbst
oder andere zu übernehmen.«
    »Aber ich trage Verantwortung auf der Ikarus!«, warf Thorpa ein.
    »Ja, vielleicht. Aber im Grunde trägt der Captain sie. Und du bist
ja eigentlich nur auf einem langen Praktikum, und wenn es dir zu viel wird,
kannst du ja gleich wieder gehen und tun und lassen, was du willst, ohne dich
verpflichtet zu fühlen.«
    »Das ist eine sehr eingeschränkte Sichtweise«, erklärte
Thorpa und wunderte sich, warum er sich mit dieser offensichtlichen Illusion
überhaupt auf so ein Streitgespräch einließ. Andererseits –
das Gefühl, als wollten seine Glieder bersten und die beruhigende Massage
seines Gegenübers wirkten sehr real.
    »Eine eingeschränkte Sichtweise, in der Tat«, antwortete der
»Bewahrer« und hielt kurz inne. »Thorpa, du rennst doch nur davon.
Statt auf Pentak zu sein und erwachsen zu werden, treibst du dich in der Galaxis
herum und redest dir ein, etwas Sinnvolles zu tun. Wie oft hast du deine Studienfächer
gewechselt, um dich vor einem Examen zu drücken?«
    »Nun ja ...«
    Der Pentakka schüttelte sich raschelnd.
    »Du musst endlich erkennen, wer du bist und was du willst, Thorpa. Und
das ist mehr als notwendig, vor allem angesichts der nahenden Gefahr, mit der
du konfrontiert werden wirst. Dafür wirst du alle jugendliche Leichtfertigkeit
ablegen müssen. Es wird alles sehr viel schwieriger, als du es dir bis
jetzt vorstellen kannst.«
    »Ich weiß wirklich nicht ...«
    »Nein«, unterbrach der Pentakka. »Du weißt nicht. Das ist
dein Problem. Es wird Zeit, dass du das änderst. Der Zeitpunkt wird kommen,
an dem du nicht wirst weglaufen können.

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