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Rettungskreuzer Ikarus Band 002 - Das weiße Raumschiff

Rettungskreuzer Ikarus Band 002 - Das weiße Raumschiff

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 002 - Das weiße Raumschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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musst
selbst wissen, wie du mit deiner Vergangenheit umgehst.
    »Ich habe keine Vergangenheit!«, heulte Anande auf. »Man hat
sie mir genommen!«
    Du kannst sie wieder haben. Doch eigentlich willst du das nicht. Dabei könntest
du all dein Wissen sehr gut gebrauchen. Bald steht eine große Gefahr vor
der Tür, eine Gefahr, die deine Verfehlungen unwichtig macht.
    »Was für eine Gefahr? Und von welchen Verfehlungen redest du? Und
wer bist du überhaupt?« Die letzte Frage hatte der Arzt erneut herausgeschrieen.
    Die Gefahr manifestiert sich bald. Keine Sorge, du wirst sie erkennen. Doch
solltest du alle warnen. Ihr müsst vorbereitet sein. Du musst vorbereitet
sein. Nur, wenn du dein Inneres beherrschst und mit dir selbst im Reinen bist,
wirst du bestehen.
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon hier die Rede ist!«, stieß
Anande erschöpft hervor. Sein Körper sackte zusammen, die unerträglichen
Schmerzen in seinem gigantischen, weichen und pulsierenden Schädel hatten
seine letzten Kräfte aufgebraucht. Müdigkeit, grenzenlose Erschöpfung
umfing ihn.
    Erinnere dich an mich!
    »Nein«, murmelte Anande. »Ich kann nicht.«
    Du willst nicht.
    »Lass mich! Ich brauche Frieden!«
    Den bekommst du nur, wenn du dich der Erinnerung stellst.
    »Nein, das geht nicht.«
    Du hast Angst.
    »Ja.«
    Du wirst noch Zeit brauchen. Aber eines Tages wirst du dich deiner Schöpfung
stellen müssen. Bereite dich darauf vor, Jovian Anande.
    Müde winkte der Arzt ab. Der Schmerz vernebelte sein Bewusstsein. Nichts
ersehnte er sich mehr als die befreiende Ohnmacht. Die erlösende Schwärze,
die ihn vor alledem schützen würde. Er wünschte sie so sehr herbei,
dass er sich ganz dem Schmerz ergab. Sein Nervensystem beschloss, dass es zu
viel war und erfüllte seinen Wunsch.
    Dunkelheit umgab ihn.
     

 
3.
     
    Etwas zog an ihm.
    Thorpa versuchte, dem Zug an seinen zahlreichen, astförmigen Gliedmaßen
etwas entgegenzusetzen, aber es wollte ihm nicht gelingen. Etwas zog an jedem
seiner Arme und Beine, als ob er auf einem alten Foltergerät festgespannt
war, das seine fernen Vorfahren genutzt hatten, um Informationen aus kooperationsunwilligen
Gefangenen herauszuholen.
    Thorpa öffnete einige seiner Augen. Er fühlte, dass er auf einer weichen,
durchaus bequemen Unterlage ruhte. Angenehmes, sanftes Licht erfüllte den
geschmackvoll nach Stil der Pentakka eingerichteten Raum. Thorpa erhob sich
ruckartig. Er war nirgends angebunden oder gefesselt. Er konnte seine Gliedmaßen
frei bewegen.
    Doch das Gefühl des Zuges wollte nicht verschwinden. Der Pentakka horchte
in sich hinein. Richtig, nicht irgendjemand zog an seinen Gliedern, es war vielmehr,
als wolle etwas von innen heraus ausbrechen und in die Freiheit gelangen. Es
war ein unangenehmes, unwiderrufliches Gefühl, das nicht einmal besonders
schmerzhaft war. Es vermittelte ihm den Eindruck, als wolle er nach allen Richtungen
hin expandieren und sein borkiger Zentralkörper werde dabei zerrissen,
doch Thorpa wusste, dass dies nur eine Illusion war.
    Er wusste jetzt auch, wo er sich befand, und diese Erkenntnis erfüllte
ihn mit Verwirrung und Unruhe.
    Ein Knospungszentrum auf Pentak, seiner Heimatwelt.
    Und das ziehende Gefühl in seinen Gliedern konnte nur bedeuten, dass die
Knospung unmittelbar bevorstand. Ein biologischer Prozess, den jeder Pentakka
in seinem Leben durchmachte. Zuerst, um den Übergang von der Jugendzeit
in das Erwachsenenalter zu markieren, verbunden mit dem Erlangen der Geschlechtsreife,
die bei einem Pentakka erst relativ spät in der Entwicklung einsetzte.
Danach kurz vor dem Tode, wenn ein Pentakka das »graue Gewand« überzog
und ein gräulicher Flaum seinen Körper bedeckte, wonach ihm nur noch
wenige Jahre blieben, bis er starb. Doch dies hier war ohne Zweifel die erste
Knospung, denn die Spitzen seiner Gliedmaßen waren geschwollen und schimmerten
rötlich. Seine Greiflamellen sonderten ein feines, leicht süßlich
riechendes Sekret ab, das von eilfertig herumschwirrenden Robotern aufgenommen
wurde, ehe Thorpa damit alles verschmierte und kleben blieb. Seine Glieder füllten
sich an, als seien sie mit Wasser gefüllt, das beständig zu den Spitzen
hin floss, dort jedoch war der Abfluss verstopft und eine Art Pfropfen hinderte
das Wasser am Abfließen. In Wirklichkeit waren es die Blüten der
ersten Knospung, die sich unter der dünner werdenden Haut seiner Gliedmaßen

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