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Rettungskreuzer Ikarus Band 002 - Das weiße Raumschiff

Rettungskreuzer Ikarus Band 002 - Das weiße Raumschiff

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 002 - Das weiße Raumschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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...«
    Die rissigen Lippen verzogen sich zu einem gequälten Lächeln. Hautreste
sprangen ab und segelten in pervers anmutender Grazie zu Boden. Sonja wurde
schlecht und würgte an den Kaugummis in ihrem Mund, doch nichts geschah.
    »Ich würde es auch gerne schaffen ...«
    »Aber Sie sind tot!«, rief Sonja aus, fast trotzig.
    Der Mann schüttelte den Kopf. Büschelweise fiel sein Haar zu Boden.
    »Nein, Sonja, du lässt mich nicht sterben. Jede Nacht, wenn du einschläfst,
erwache ich von neuem zum Leben. Du gibst mir keine Ruhe. Wenn du deine Arbeit
tust, jede Schaltung, jedes Modul wieder und wieder und immer wieder überprüfst
... dann stehe ich neben dir und schaue über deine Schulter ...«
    Sonja schluchzte erstickt auf.
    »Sie sind tot, Captain ... Sie sind doch tot ...«, klang es fast anklagend.
    Der sprechende Leichnam schüttelte erneut den Kopf.
    »Ich finde keine Ruhe, da du mir keine Ruhe gibst, Sonja. Du hältst
mich am Leben, wo ich doch so gerne Frieden finden würde! Und wie kannst
du Frieden finden, wenn ich ständig bei dir bin?«
    »Wer sagt denn, dass ich Frieden brauche!«, schrie DiMersi auf und
ballte die Fäuste. »Wenn Sie nicht bei mir sind, dann habe ich kein
Leben mehr!«
    Der Captain lächelte zahnlos. Das wunde Zahnfleisch und die herabhängenden
Fleischfetzen seines Gaumens machten das Lächeln zu einer Grimasse des
Grauens.
    »Du hast kein Leben mehr, so lange ich bei dir bin, Sonja. Es gibt wichtigeres
als die Vergangenheit. Die Zukunft hält so große Gefahren und Herausforderungen
bereit, da hast du keine Zeit, dich mit mir zu belasten. Behalte deinen Kopf
frei und klar, denn bald kommt der Zeitpunkt, an dem du dich wirklich bewähren
musst!«
    Sonja sank zu Boden und barg ihr Gesicht in den Händen. Sie wollte nicht
zuhören, doch der tote Captain sprach unbeeindruckt weiter.
    »Sonja ... es ist viel zu wichtig, was passieren wird. Wichtiger, als es
die Oremi je war. Wichtiger als ich!«
    »Nein!«, schrie Sonja erneut. »Nein, das stimmt nicht!«
    »Doch!«, erklärte der Tote eindringlich. »Sonja, sie werden
zurückkommen. Sie waren schon einmal da und beinahe wäre die Galaxis
in den Abgrund gefallen. Sonja, ich will dich doch nur warnen. Sie werden wiederkommen.
Sie sind in neuer Kraft versammelt.«
    Sonja starrte in das zerfallene Gesicht. Unverständnis zeichnete sich in
ihrem Blick ab.
    »Wovon reden Sie? Ich halluziniere doch!«
    Der Captain nickte.
    »Sicher, du bist hier in deiner eigenen, privaten Realität. Doch heißt
das, dass alles falsch oder gelogen sein muss, was sich hier abspielt? Bin ich
nicht immer bei dir – und verweigerst du mir nicht meine Ruhe?«
    »Aber ...«
    »Nein, Sonja, kein aber. So wie du mit der Realität deines Innersten
konfrontiert bist, so sind auch meine Worte über die Realität des
Äußeren wahr. Erinnere dich daran, wenn du wieder erwachst. Lass
mich ziehen und meinen Frieden finden. Und warne jeden, den du triffst, vor
der erneut erstarkenden Gefahr.«
    Sonja blickte den Toten unverwandt an.
    »Welche Gefahr?«
    Der Körper des Captains sackte zurück. Sonja erkannte mit Entsetzen,
wie sein Verfall voranschritt. Es war, als würde sie seinem Verwesungsprozess
beiwohnen. Eine Hand löste sich vom Gelenk und fiel in Einzelteilen zu
Boden. Maden kletterten durch offenes Fleisch. Die leeren Augenhöhlen des
Captains starrten auf Sonja.
    »Lass mich gehen, Sonja, ich will meinen Frieden. Und bereite dich und
die deinen auf die Gefahr vor!«
    »Welche Gefahr?«, wiederholte Sonja.
    Doch da war der Körper des Captains bereits völlig zerfallen.
    Sekundenlang starrte Sonja DiMersi auf die Reste ihres Alptraums.
    Dann sackte sie zu Boden und begann hemmungslos zu weinen.
    Bis es dunkel um sie herum wurde.

    Als Dr. Jovian Anande erwachte, hatte er Kopfschmerzen. Er spürte dieses
pochende, mahlende Gefühl in seinem Schädel und presste unwillkürlich
die Hände gegen seine Schläfen. Mit großem Erstaunen musste
er feststellen, dass seine Hände in die Kopfhaut eindrangen, dass diese
weich nachgab und dass er ein Pulsieren spürte, als ob eine gigantische
Blutader große Mengen an Flüssigkeit bewegen würde. Anande öffnete
die Augen und fand sich in einem Laborkomplex wieder. Er kannte die Gerätschaften,
Anlagen, die in der Gentechnologie verwendet wurden. Er war sich sicher, noch
nie in einem Genlabor gewesen zu sein, doch ein seltsames Gefühl der

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