Rettungskreuzer Ikarus Band 003 - Der Gott der Danari
Die Farbe des baumähnlichen Wesens war noch immer deutlich blasser als gewohnt.
Thorpa hatte vor Beginn der Rettungsmission auf Vortex Outpost den Fehler gemacht, aus wissenschaftlicher Neugier mit kerpelianischem Essen zu experimentieren – eine Stunde nach dem Start war er von den Zweigspitzen ab heller geworden und hatte sich über zunehmende Desorientierung beklagt. Anande hatte ihn sofort untersucht und festgestellt, dass mehr als eine Substanz in der Nahrung der Siliziumwesen für den Pentakka giftig war. Die nachfolgende ›Blutwäsche‹, zumindest hatte Anande erklärt, dass dies der nahe liegende Ausdruck für das war, was er mit dem Pentakka gemacht hatte, linderte die Beschwerden Thorpas zwar innerhalb kurzer Zeit, erschöpfte ihn aber sehr. Die letzten Stunden hatte er in seinem Quartier verbracht und nicht einmal seine Neugierde hatte ihn herauslocken können. Erst jetzt schien das Rascheln seiner Äste wieder lebhafter.
»Ja, wenn Leroc noch lebt, dann holen wir ihn da raus«, bestätigte Sentenza. »Das wird keine Rettungsmission wie jede andere. Ich erwarte von Ihnen allen den höchsten Einsatz und große Vorsicht. Dieser Planet ist noch nicht registriert, also gelten die grundsätzlichen Verhaltensregeln: möglichst wenig auffallen und keine Zurschaustellung technologischer Überlegenheit, wenn es nicht unbedingt notwendig ist. Sobald wir wissen, wo Leroc sich aufhält, werden zwei Leute an Bord der Ikarus bleiben, der Rest geht als Außenteam auf die Suche.«
»Wer wird bleiben und wer wird gehen?« Anandes ruhige Stimme schaffte es irgendwie, Thorpa ins Wort zu fallen.
Wieder schwieg Sentenza kurz. Er musterte seine Mannschaft und versuchte herauszufinden, wer bei dieser Mission wo am meisten gebraucht wurde. Das Ergebnis gefiel ihm wenig und noch ehe er antwortete, erschien eine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen.
»Doktor, Sie gehen mit auf den Planeten. Wenn Leroc noch lebt, ist er vielleicht verletzt oder krank, oder er trägt Viren, die auch für uns gefährlich werden könnten. Trooid, Sie sind auch dabei – was einem Menschen da unten schaden könnte, kann Ihnen nichts anhaben.« Irritiert versuchte er das unauffällige Winken zu ignorieren, mit dem der Pentakka mit einem Mindestmaß an Subtilität auf sich aufmerksam zu machen versuchte. Er wusste nicht, ob ihn das ärgern oder amüsieren sollte.
»Weenderveen, Sie sind auch dabei. DiMersi brauche ich hier.« Er erwiderte den kurzen, überraschten Blick seines Chiefs ungerührt. »Wir werden die Zeit nutzen müssen, die wertvollsten Instrumente an Bord des ›Morgensterns‹ auszubauen. Es ist gut möglich, dass die weitergeleitete Notrufmeldung auf ihrem Weg auch von anderen aufgefangen wurde; Plünderungen havarierter Schiffe sind nicht ungewöhnlich. Ich weiß nicht, wann ein Raumer von ›Neue Welten‹ hier auftauchen wird. Wir müssen auf Nummer Sicher gehen, und falls wir Leroc nicht finden, haben wir zumindest die Technik und die Daten – auch wenn das nicht unbedingt unsere Aufgabe ist.«
Er biss die Zähne zusammen. Nein, eigentlich war es gar nicht ihre Aufgabe, aber jeder kleine Triumph würde die Stellung von Sally McLennane festigen – und je mehr sie aus dem Schussfeld in einen sicheren Bereich rutschte, desto besser war das auch für die Ikarus . Endlich wandte er sich an Thorpa und nickte ihm kurz zu.
»Sie, Thorpa, sind natürlich auch mit dabei. Eine fremde Gesellschaft ist wie ein Asteroidenfeld – mehr als genug Möglichkeiten zum anecken. Sorgen Sie dafür, dass wir nicht zu sehr auffallen.«
»Oh, wunderbare Aussichten!« Thorpa bewegte in freudiger Aufregung seine Zweige mit solchem Schwung, dass Trooid in Deckung gehen musste. »Der erste Kontakt mit einer neuen Zivilisation, eine komplexe Gesellschaftsstruktur, ungekannte soziale Phänomene ...« Der Pentakka geriet ins Schwärmen und seine Stimme wurde dabei immer mehr zu einem gleichförmigen Murmeln. Die anderen Mitglieder der Besatzung sahen ihn mit wachsender Verblüffung an.
»Ich werde einen Bericht darüber schreiben, vielleicht meine Semesterarbeit? Es wird ein wegweisendes Werk, eine basistrukturierte Informationsübersicht mit einem soziologisch-psychologischen Interpretationsüberbau! Ich werde Beobachtungen machen, Aufnahmen und Interviews ...«
Das war der Moment, in dem Weenderveen den Captain zur Seite zog.
»Ich denke nicht, dass das gut gehen wird. Können Sie sich das vorstellen? Was würden Sie in einer mittelalterlichen
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